Der Eingang der Moderne

Viviane Taubert

Extravaganz und Understatement im europäischen Villenbau der 1920er und 30er Jahre
Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2022
256 Seiten, 28 Farb- und 84 Schwarzweiß-Abbildungen, Hardcover
Format 17 × 24 cm

Preis: 49 EUR

ISBN 978-3-496-01637-3

Die Zeit zwischen Ende des 1. Weltkriegs und beginnender Nazi-Diktatur war von extremen Gegensätzen geprägt. Die Kunsthistorikerin Viviane Taubert hat sich in ihrer Dissertation an der Universität Köln mit den Eingängen von zehn Villen beschäftigt, die in der Zwischenkriegszeit und damit in einer Phase des politischen und wirtschaftlichen, kulturellen und architektonischen Umbruchs entstanden. Die Auftraggeber dieser privaten Häuser waren wohlhabende Bankiers, Ärzte, Anwälte und Direktoren. Die Villen symbolisieren deshalb den finanziellen und gesellschaftlichen Status ihrer Auftraggeber ebenso wie deren entschieden fortschrittliche Haltung und kultivierte Extravaganz –für die die Villen auch heute noch, rund 100 Jahre später, sinnbildlich stehen:

  • Villa La Roche in Paris, 1922-1924, Architekt Le Corbusier
  • Haus Lange und Haus Esters in Krefeld, verstanden als bauliche Einheit, 1927-1930, Architekt Ludwig Mies van der Rohe
  • Haus Tugendhat in Brünn/Brno, 1928-1930, Architekt Ludwig Mies van der Rohe
  • Villa Müller in Prag, 1928-1930, Architekt Adolf Loos
  • Villa Savoye in Poissy bei Paris, 1928-1931, Architekt Le Corbusier
  • High & Over in Amersham in der Nähe von London, 1929-1931, Architekt Amyas Connell
  • Villa Cavrois in Croix in der Nähe von Lille, 1929-1932, Architekt Robert Mallet-Stevens
  • Villa Dirickz, Rhode-Saint-Genèse unweit von Brüssel, 1929-1933, Architekt Marcel Leborgne
  • 66 Frognal in London, 1936-1938, Architekt Colin Lucas
Mittels Zeichnungen, historischer Schwarzweißfotografien und leider nur sehr weniger Farbfotografien zeigt Viviane Taubert wissenschaftlich äußerst gründlich die gesellschaftlichen, ideengeschichtlichen und psychologischen Merkmale der Eingänge. Dabei bezieht sie über die Hauseingangstür hinaus Vorfahrten, Wendekreise, Stufen, Terrassen, Treppen, Windfänge, Vestibüle und mehrgeschossige Atrien mit ein. Die Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Raum wird betrachtet, um den Übergang von außen nach innen als prozesshaftes Ritual der Bewohnerschaft zu erläutern. Die Bewohnerschaft, das sind Singles, Paare ebenso wie Familien mit sieben Kindern, außerdem ihre Gäste und ihr Personal, darunter Kindermädchen, Haushälterinnen, Köchinnen und die Chauffeure der edlen Automobile – einem weiteren Statussymbol. Wasserbecken als Indoor-Springbrunnen, weich schimmernde elektrische Beleuchtung, Spiegel und glänzende Lacke, kostbare Materialien wie Marmor, Travertin, gebogenes Mattglas, Vergoldungen, Palisander und Makassar-Ebenholz in Kombinationen mit satten und leuchtenden Farben bilden eine Bühne für das Eintreten in das Hausinnere.

Die Eingangsräume sind sorgfältig durchdacht und proportioniert und – Ausnahmen bestätigen die Regel – überwiegend perfekt handwerklich ausgeführt. Sie wirken elegant, puristisch, luxuriös und ähneln, auch wenn dies in der Dissertation nicht angesprochen wird, heutigen Eingängen zu Design-Hotels, noblen Restaurants und Bars, die die Aura der goldenen Zwanziger mit zeitgenössischen Interieurs interpretieren. Diese Architektur der Zwischenkriegszeit ist ebenfalls ein attraktives Sujet für filmische Inszenierungen, beispielsweise bei der deutschen Serie Babylon Berlin oder der Verfilmung von Der große Gatsby aus dem Jahr 2013 von Baz Luhrmann.

Trotz eines umfangreichen methodologisch-theoretischen Vorspanns mit Überlegungen zur Authentizität oder gar dem Nachempfinden der ursprünglichen Wahrnehmung und Raumerfahrung der Bewohnerinnen und Bewohner geht die Dissertation bedauerlicherweise nicht weiter auf die Schicksale der Auftraggeber und ihrer Familien ein. Vertreibung, Flucht, Enteignungen, Beschlagnahmungen durch die Nazis oder sinnloser Vandalismus, aber auch engagierte Initiativen zur Verhinderung von weiterem Verfall und Abriss werden nicht thematisiert.

Die meisten dieser Villen sind heute als historische Landmarks der klassischen Moderne aufwendig instandgesetzt. Die Villen La Roche und Savoye einschließlich des Gärtnerhauses sowie das Haus Tugendhat sind als Weltkulturerbe klassifiziert. Als museale, begehbare Exponate für die Architektur der Klassischen Moderne bleibt allerdings die Vorstellung, dass es sich um private Wohnhäuser handelte, in der Tat eine gedankliche Herausforderung. Nichtsdestotrotz sollten die Häuser besichtigt werden, um sie mit eigenen Sinnen zu erleben. -sj

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