Doppelte Flächennutzung für die Stromerzeugung
Forschungsprojekt Modellregion Agri-Photovoltaik Baden-Württemberg
Welche Synergieeffekte ergeben sich bei der Doppelnutzung von
Obstanbauflächen für die Solarstromerzeugung? Dieser Frage geht ein
Konsortium aus 13 Projektpartnern unter Leitung des
Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme im Rahmen des
Forschungsprojekts Modellregion Agri-Photovoltaik für
Baden-Württemberg nach.
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Für die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energiequellen
wie Photovoltaik werden viele Freiflächen benötigt – ein äußerst
knappes Gut. Darauf basiert der Grundgedanke von Agri-PV:
Agrarflächen zugleich für die PV-Stromerzeugung zu nutzen. Welche
Nutzungskonflikte zwischen den landwirtschaftlichen und den
solarstromtechnischen Anforderungen entstehen können, wird aktuell
anhand unterschiedlicher Pilotanlagen in Baden-Württemberg
untersucht; geplant ist die Einrichtung von insgesamt neun Anlagen.
Die fünfte und bislang größte überdacht seit April 2024 den Obsthof
Vollmer in Oberkirch-Nussbach.
Vielversprechende Potenziale
Die erste Agri-PV-Anlage des Forschungsprojekts wurde über Apfelbäumen in Kressbronn am Bodensee installiert; hier konnten bereits zwei Jahre lang Messungen durchgeführt werden, die vielversprechende Ergebnisse zeigen: Der Obsthof konnte auf der Fläche unter der PV-Anlage 70 Prozent der Pflanzenschutzmittel einsparen. Darüber hinaus reduzierte sich der Bewässerungsbedarf um 50 Prozent: Der durch den Klimawandel steigenden Tendenz von zu viel Sonne und zu wenig Wasser für die Apfelbäume wird durch die Verschattung entgegengewirkt. Zudem erzeugen die Module über 20 Prozent mehr Strom, als das Konsortium auf Basis ihrer Simulationen erwartet hatte. Die Gründe werden aktuell noch untersucht. Die Forschenden vermuten, dass die Kombination aus Verdunstungskühlung und Hinterlüftung der PV-Module Grund zu den erhöhten Stromerträgen führen.
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Deutschlandweit größte Agri-PV-Anlage mit nachgeführten Modulen
Die Anlage in Oberkirch-Nussbach besteht aus vier Teilen: Neben
den festmontierten PV-Modulen über Kiwi-, Apfel-, Birnen- und
Zwetschgenbäumen gibt es ein zweites System im Beerenanbau.
Letzteres ist an einen Folientunnel mit semitransparenten Modulen
angelehnt. Kernstück des Projekts ist ein nachgeführtes System mit
vollverschattenden Modulen: Nachgeführte Photovoltaikanlagen richten ihre
Solarmodule nach dem Sonnenstand aus und können so potenziell mehr
Strom erzeugen.
Dabei wurden die 140 Meter langen Reihen halbiert: Die eine
Hälfte wird unter Einbezug von pflanzenphysiologischen
Gesichtspunkten nachgeführt, während die andere Hälfte rein nach
sonnenoptimierten Parametern gesteuert wird. Die
Nachführalgorithmen wurden am Fraunhofer ISE entwickelt und werden
seit Mitte 2024 erprobt.
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