Philologische Bibliothek der Freien Universität Berlin
Eingelassene Aluminium-Steckdosen
Anfang der 1970er Jahre wurde der weitläufige Campus der Freien Universität Berlin im Stadtteil Dahlem fertiggestellt. In einem seiner Höfe befindet sich seit 2005 die Philologische Bibliothek. Sie entstand nach Plänen der britischen Architekten Foster and Partners im Zuge der Modernisierung des Bestandsgebäudes, der so genannten Rostlaube (den Namen bekam die Anlage aufgrund ihrer rostenden Cortenstahl-Fassade nach einem Entwurf von Jean Prouvé).
Gallerie
Unter ihrer silbrig-transparenten, eiförmigen Außenschale vereint die Bibliothek die zuvor auf elf Abteilungen verteilten rund 700.000 Bücher. Charakteristisches Merkmal des Gebäudes ist die Kombination aus massiver Betonstruktur und durchlässiger, kuppelartiger Hülle. Beide Elemente sind nicht nur formal bestimmend, sondern auch entscheidend für die ökologische Konzeption des Hauses. Die Studierenden sollen hier auf einer Hauptnutzfläche von 6.290 m² ideale Arbeitsbedingungen finden – dabei legten die Planer großen Wert auf natürliche Belichtung und Belüftung. Vier serpentinenförmig ausgebildete Ebenen im Innenraum lassen eine dynamische, fließende Struktur mit geräumigen Zwischengeschossen entstehen. Auf allen Ebenen sind die Bücherregale zentral angeordnet und von umlaufenden Arbeitstischen eingefasst.
Die äußere Gebäudeform, deren Maßstäblichkeit sich am umgebenden Bestand orientiert, ergab sich aus der Ermittlung der maximalen Nutzfläche mit minimaler Hülle. Diese setzt sich aus drei Teilen zusammen: der äußeren Schale aus opakem Aluminium im Wechsel mit transparentem Glas, der tragenden Tragstruktur aus gelben Stahlrahmen sowie einer innenliegenden Glasfasermembran. Sie streut das eindringende Tageslicht, wird selbst dadurch erhellt und bildet je nach Witterung sanfte Reflexionen und Muster. Punktuelle Aussichten zum Himmel werden über transparente Paneele und Öffnungen der äußeren Gebäudehülle ermöglicht.
Die Fassade ist Wärmeleiter und -puffer zugleich: Die massive innere Betonstruktur wirkt als Wärmespeicher und wird zusätzlich über Wasserrohre gekühlt oder erwärmt. Bei niedrigen Temperaturen unter 6° C schließt sich die Außenhaut, die Frischluft wird über die Betonstruktur vorgewärmt. Bei Temperaturen über 16° C wird die Frischluft zuvor gekühlt. Im Verlauf eines Jahrs wird die Bibliothek an mehr als der Hälfte der Tage vollständig über die Außenhaut belüftet, die Belichtung erfolgt tagsüber ebenfalls natürlich. Die textile innere Gebäudehülle ist aus rund 1.000 Einzelfeldern mit einer Gesamtfläche von 4.000 m² zusammengesetzt. Die Glasfasermembran wurde individuell trapezförmig zugeschnitten und an Sonderprofilen befestigt. Auch die Unterkonstruktion aus Aluminium mit variablen Knotenpunkten wurde speziell für die Bibliothek entwickelt. Das Gewebe ist akustisch wirksam und nicht brennbar. Für eine hohe Lichtdurchlässigkeit wurde in einzelne Felder ETFE-Folie einlaminiert, in andere wurden Edelstahlgitter für die Durchlüftung eingearbeitet.
Elektro/Gebäudetechnik
Den Nutzern der Bibliothek stehen 650 Leseplätze mit 100
Internet-Rechenterminals und 14 Arbeitsplatzrechnern an weißen,
geschwungenen Tischen zur Verfügung, welche die dynamische,
kurvenartige Struktur der Innenraumgestaltung aufnimmt. In die
Arbeitsplatten der Tische sind Steckdosen sowie ISDN- (IAE) und
Universal-Anschlusseinheiten (UAE) eingelassen: Jeder Arbeitsplatz
verfügt über zwei Steck- und eine Anschlussdose aus matt gebeiztem
Aluminium in Kombination mit einer Leselampe, sodass ungestörtem
Arbeiten und Studieren aus technischer Hinsicht nichts im Wege
steht.
Bautafel
Architekt: Foster and Partners, London/GB
Projektbeteiligte: Pichler Ingenieure, Berlin (Tragwerksplanung); Schmidt Reuter Partners, Berlin / PIN Ingenieure, Berlin (Fachplaner Haustechnik); Büro Moll, Gruibingen (Akustikplanung); Büro Peters, Gäufelden-Nebringen (Asbestentsorgung); Hosser Hass und Partner, Braunschweig (Brandschutz); IFFT Karlotto Schott, Frankfurt (Fassadenplanung); Jung, Schalksmühle (Elektro)
Bauherr: Senatsverwaltung fur Stadtentwicklung, Berlin
Fertigstellung: 2005
Standort: Berlin-Dahlem
Bildnachweis: Nigel Young, Yorkshire/GB; Reinhard Görner, Berlin; Rudi Meisel, Berlin
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