Gesundheitsaspekte
Von der Herstellung bis zur Weiterverwendung
Wessen Gesundheit wird beeinträchtigt im Laufe von Produktion, Einbau, Nutzung und Ausbau von Dämmstoffen? Menschliche wie nicht-menschliche Lebewesen kommen über Luft, Wasser und Böden in Kontakt mit Partikeln der Materialien.
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Gesundheitsaspekte in der Baustoffprüfung
Ob ein Dämmstoff als unbedenklich für die menschliche Gesundheit bezeichnet werden kann, ist von standardisierten Prüfungen abhängig. In Deutschland ist der Ausschuss zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten (AgBB) zuständig, Verfahren zu entwickeln. Das sogenannte AgBB-Schema beschreibt die Vorgehensweise bei der gesundheitlichen Bewertung von Bauproduktemissionen. Das Schema beruht auf einem Europäischen Forschungsbericht (ECA-Report Nr. 18) und wird in Deutschland seit 2002 bei diversen freiwilligen Emissionslabeln und für allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen des Deutschen Institutes für Bautechnik (DIBt) angewendet. Geprüft werden dabei die Emissionswerte der Baustoffe. Die einzuhaltenden Grenzwerte werden in der sogenannten NIK-Liste (Niedrigste interessierende Konzentration) definiert, die der AgBB regelmäßig aktualisiert. Zurzeit sind Grenzwerte für weit über einhundert Einzelsubstanzen beziehungsweise Substanzgruppen festgelegt.
Auswirkungen der Dämmstoffproduktion
Bislang werden für die Gebäudedämmung immer noch vor allem mineralische oder erdölbasierte Dämmstoffe verkauft. Zwar helfen diese Dämmstoffe den Energieverbrauch bei der Gebäudenutzung zu senken, jedoch erfordert ihre Herstellung riesige Mengen von thermischer und elektrischer Energie, die zum Teil nur durch die Verbrennung von Kohle, Gas und Industrieabfällen erzeugt werden kann. Bei der Verarbeitung von Erdöl entstehen darüber hinaus viele giftige Substanzen, in der EPS- und XPS-Herstellung beispielsweise Styrol. Schon vor dem Einbau haben einige der meistverkauften Dämmstoffe also bereits Auswirkungen auf Atmosphäre, Böden und Gewässer und somit auch auf die Gesundheit von Menschen und anderen Lebewesen.
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Gesundheit auf der Baustelle
Tagtäglich, über viele Jahre hinweg kommen Bauarbeitende in Kontakt mit gesundheitsgefährdenden Materialien. Dazu gehören auch Dämmstoffe. Beim Schneiden von Faser- oder Polystyrolplatten oder beim Einbringen loser Fasern gelangen Partikel in die Luft, die Haut, Schleimhäute und Augen reizen oder in die Lunge gelangen können. Insbesondere beim Ein- und Ausbau gesundheitsgefährdender Produkte sollten sich Menschen auf dem Bau so gut wie möglich schützen. EPS- und XPS-Platten zum Beispiel sollten nur kalt geschnitten werden, da bei der Verwendung von Heißdrahtmaschinen Styrol und krebserregendes Dichlormethan austreten.
Mineral- und Glaswolle sind problematisch, weil bei ihrer Verarbeitung lungengängige Faserstäube durch die Luft wirbeln. Gemäß Definition der Weltgesundheitsorganisation gelten Fasern dann als lungengängig, wenn sie mehr als 5 Mikrometer lang und weniger als 3 Mikrometer dick sind und das Länge-Durchmesser-Verhältnis größer als 3:1 ist. Bei dieser Größe besteht die Gefahr, dass die Fasern tief in die Atemwege eindringen. Insbesondere bei älteren Faserdämmstoffen genauso wie bei Asbestzementplatten überdauern diese Fasern im Körper und wirken krebserzeugend. Auch größere lungengängige Fasern können beim Ein- und Ausbau vorübergehend Haut, Schleimhäute und Augen reizen oder schädigen. Bei neueren Faserdämmprodukten wurde die Biolöslichkeit der Partikel heraufgesetzt, das heißt sie können vom menschlichen Körper schneller abgebaut werden, ohne weitreichende gesundheitliche Folgen.
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Auch organische Faserdämmstoffe, zum Beispiel Holz- und Zellulosefasern, sind nicht frei von toxischen Stoffen: Um sie länger haltbar zu machen, werden anorganische Salze oder Leichtmetalle und chemische Brandschutzmittel wie Borate oder Borsäure verwendet. Diese Zusatzmittel werden zwar in den heute verwendeten Mengen von unter 5,5 % als gesundheitlich unbedenklich bewertet, dennoch werden sie in der Chemikalienverordnung der Europäischen Union (REACH) als besonders besorgniserregende Stoffe geführt. Als alternative Flammschutzmittel werden inzwischen Aluminiumhydroxid, Ammoniumphosphat und Fungotannin eingesetzt. Beim üblichen Schütten und Einblasen dieser Dämmstoffe kann es ebenfalls passieren, dass Faserstäube in die Atemluft gelangen. Entsprechend sollte auch hier staubarm und geschützt gearbeitet werden.
Nach dem Einbau
Schätzungsweise 80 bis 90 Prozent unserer Lebenszeit verbringen wir in Innenräumen. Entsprechend essenziell ist die Qualität der Raumluft für Behaglichkeit und Gesundheit. Je nach Einbausituation können auch während der Gebäudenutzung Fasern, Staub und andere Partikel in Kontakt mit dem menschlichen Körper kommen. Insbesondere Innendämmungen können die Luftqualität beeinflussen, indem sie sich auf die Feuchteregulierung auswirken oder einen Teil ihrer Inhaltsstoffe emittieren.
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Weiterverwendung synthetischer Dämmstoffe
Wie beim Einbau sind auch beim Ausbau vor allem Bauarbeitende den möglicherweise gesundheitlich bedenklichen Stoffen ausgesetzt, die in vielen Dämmstoffen enthalten sind. Vor allem ältere Dämmmaterialien sind problematisch, da sie zu einer Zeit hergestellt wurden, in denen gesundheitsrelevante Standards weniger streng waren. Ein Beispiel ist expandiertes und extrudiertes Polystyrol, von dem allein in Deutschland jährlich zehntausende Tonnen bei Abbruch- und Sanierungsarbeiten ausgebaut werden. Früher wurden die leicht entflammbaren EPS- und XPS-Dämmplatten mit Hexabromcyclododecan (HBCD) behandelt – ein als persistent, bioakkumulativ und toxisch geltender Stoff, der seit 2016 in Europa verboten ist. Bauabfälle, deren HBCD-Konzentration über 1.000 mg/kg liegt, werden – wie andere organische Dämmmaterialien auch – in der Regel thermisch verwertet. Eine Verbrennung ist zum Teil nur in Hochtemperaturöfen mit Rauchgasreinigung möglich.
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