Urban Gardening – Teil 2
Nahrungsproduktion in der Stadt: Vom Aktivismus zum Gartendach
Im 19. und 20. Jahrhundert entstand urbaner Gartenbau vielerorts
aus der Not heraus. Heute ist er meist ein soziokulturelles
Phänomen. Neben der lokalen und umweltschonenden
Lebensmittelproduktion stehen häufig gemeinschaftliches Gärtnern
und alternative Landwirtschaft im Fokus. Einige Projekte
thematisieren auch die Bodenfrage. Durch die Bepflanzung von
brachliegenden Flächen eignen sich Anwohner*innen den öffentlichen
Raum an und machen so auf den ökologischen und ökonomischen Druck
in den Städten aufmerksam.
Gallerie
Guerilla Gardening
Guerilla Gardening beschreibt die Aneignung von Böden durch die Aussaat von Pflanzen. In den USA, Kanada und Großbritannien legten sogenannte Community Gardens den Grundstein für diese Form des zivilen Ungehorsams und umweltpolitischen Aktivismus. Im Jahr 2000 manifestierte sich die Bewegung in London, als Globalisierungskritiker*innen und Umweltaktivist*innen den Parliament Square umgruben und Samen pflanzten. Guerilla Gardeners wollen die Biodiversität in Städten fördern, urbane Selbstversorgung betreiben und auf ökologische Missstände hinweisen. Aus dieser Bewegung entstanden verschiedene Praktiken für Kleinstgärten – Beispiel hierfür ist die Bepflanzung von Baumscheiben. Diese nachbarschaftlichen Projekte fördern neben ökologischen Aspekten auch das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Ortsverbundenheit.
Gallerie
Gemeinschaftsgärten in Berlin
Meist initiiert von Aktivist*innen entstanden zu Beginn des 21. Jahrhunderts in vielen Städten zahlreiche interkulturelle, nachbarschaftliche Selbsterntegärten, so auch in Berlin. 2019 zählte die Berliner Verwaltung über 200 Projekte in der Stadt. Die Gärten unterscheiden sich stark in Größe, Aussehen und Organisationsform. Die meisten sind öffentlich zugänglich und als Vereine organisiert. Sie bieten vielfältige Mitmachmöglichkeiten, von selbstorganisierten Projekten bis zu öffentlich geförderten Initiativen. Angesichts der Bedeutung des gemeinschaftlichen Gärtnerns für die Lebensqualität entwickelte die Stadt die Platform Produktives Stadtgrün. Sie soll über die Vielzahl der Berliner Gemeinschaftsgärten informieren und diese untereinander vernetzen. Für eine bundesweite Vernetzung organisiert die gemeinnützige Stiftung Anstiftung zudem jährliche Treffen. 2014 wurde in diesem Rahmen das Urban-Gardening-Manifest verfasst (siehe Surftipps).
Gallerie
Dachgärten
Mit steigendem Platzbedarf in den Städten verlagern sich Gärten
zunehmend auf Dachflächen. Dort können sie in Hochbeeten oder
direkt auf der Rohdecke angelegt werden. Dachgärten erfüllen
soziale und ökologische Aspekte. Darüber hinaus tragen sie zur
Isolierung des Gebäudes bei und fördern eine zirkuläre
Wasserbewirtschaftung. Urban Gardening ist eine Sonderform der
intensiven Dachbegrünung mit Nutzpflanzen. Voraussetzung ist
eine massive Decke mit ausreichender Tragfähigkeit und notwendiger
Dichtheit für die Entwässerung. Hersteller bieten hierfür diverse
Lösungen an, die je nach Höhe des Systemaufbaus für verschiedene
Pflanzenarten geeignet sind.
Gallerie
Ökologische Faktoren
Heute ist Urban Gardening eine wichtige grüne Infrastruktur in den Großstädten und trägt zur Klimaanpassung bei. Die Pflanzen verbessern die Luftqualität, reduzieren städtische Hitzeinseln und fördern die Biodiversität. Durch Kompostierung organischer Abfälle reduzieren die Gärten den Müll und verbessern die Bodenqualität. Die bepflanzten Flächen fördern die Versickerung von Regenwasser und entlasten so die Abwassersysteme. Gleichzeitig kann die Produktion von lokalen Lebensmitteln den Bedarf an Transport und Verpackung reduzieren, was sich positiv auf die Emissionen auswirkt. Durch die Präsenz im Stadtraum sensibilisieren die Gärten die städtische Bevölkerung für ökologische Zusammenhänge und nachhaltige Lebensweisen.
Literatur
Stadt Berlin, Urban Gardening: www.berlin.de/special/sharing/urban-gardening
(zuletzt aufgerufen am 08.10.2024)
Fachwissen zum Thema
Optigrün international AG | Kontakt +49 7576 772-0 | www.optigruen.de