Weingut Abril in Vogtsburg-Bischoffingen
Pelletsheizung, kontrollierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung und Photovoltaik
Inmitten von Weinbergen liegt das Dorf Bischoffingen. Es gehört zu Vogtsburg am Kaiserstuhl und gilt als eine der ältesten Besiedlungen des Gebirges im Südwesten Deutschlands. Die Geschichte des Weingutes Abril reicht bis 1740 zurück, es wechselte jedoch 2007 den Besitzer und erfuhr eine grundsätzliche Umgestaltung. Da sich das alte Gut in der Ortsmitte nicht wirtschaftlich modernisieren ließ, errichteten die Planer des Büros Wolfgang Münzing aus Flein im Auftrag der Bauherrn ein neues Gebäude am nördlichen Dorfrand, unterhalb des Enselbergs. Seit 2009 folgt die Bewirtschaftung ökologischen Prinzipien – passend dazu sollte der Neubau ein Niedrigenergiegebäude sein.
Gallerie
Der flache, rechteckige Baukörper schmiegt seine Nordostseite in einen rebenbewachsenen Hang. Zur Straße erscheint er zweigeschossig, tatsächlich besteht er jedoch aus einem oberirdischen und zwei weitgehend in den Hang gebetteten, unterirdischen Ebenen. Betriebshof und Anlieferung liegen an der Nordseite des Erdgeschosses, ebenso wie der Zugang für die Mitarbeiter. Die von Hand geernteten Trauben werden dort angeliefert, sortiert, abgebeert (entrappt) und gemaischt. Der Besuchereingang liegt im Südwesten und führt ins erste Untergeschoss mit großzügigem Bereich für Verkostungen und Verkauf sowie Büroräumen.
Herzstück des Gebäudes sind das Kelterhaus (EG) und der darunter gelegene Pressenraum (1. UG), wo die Trauben auf 400 m² verarbeitet werden. Für einen klimaneutralen Gebäudebetrieb verzichteten die Planer weitgehend auf Pumpentechnik. Weil Kelterhaus, Pressenraum und Maischegärung auf drei Ebenen übereinander liegen, transportiert allein Schwerkraft das Lesegut. Erst für den Transport des geklärten Mostes in die Gärtanks kommen Pumpen zum Einsatz. Im zweiten, vollständig unterirdischen Kellergeschoss gärt und reift der Wein. Hier befinden sich das Tanklager, der Holzfasskeller, die Eichenfässer des Barriquelagers, das Weinarchiv sowie weitere Lagerräume. Die beiden Untergeschosse sind als Weiße Wanne erstellt und im Injektionsverfahren abgedichtet.
In den repräsentativen Räumen der Kellerei herrschen helle Grautöne vor: Sichtbeton an Wänden und Decken, großformatiges Feinsteinzeug am Boden. Der Verkaufs- und Verkostungsraum ist mit schlichten Wandregalen und Möbeln aus Eichenholz ausgestattet, einen Farbakzent setzt bordeauxroter Filz als Bespannung weniger Wände. Die raumhohe Verglasung eröffnet den Panoramablick auf die Weinberge; bei schönem Wetter lädt die Terrasse zum Verweilen ein.
Der gesamte Rohbau ist aus Stahlbeton in Sichtqualität errichtet, die Fassade besteht aus wetterfestem Cortenstahl. Dessen rotbrauner Farbton fügt sich gut in den vulkanischen Tuffstein am Kaiserstuhl. So entsteht zum einen die Verbindung des Bauwerks mit der Landschaft, zum anderen soll der kräftige, herbstliche Rostton die Weinreife symbolisieren. Die Fassadenplatten bilden unterschiedliche Rechteckformen; ein Metallband umläuft das Gebäude wie der Fassreifen das Weinfass und dient der Verschattung. In das Blech ist der knochige Wuchs der Weinreben eingelasert und eingestanzt. 2013 erhielt die Kellerei Abril den Architekturpreis Wein.
Energiekonzept
Die im Weingut benötigte Energie für
Heizung und Warmwasser erzeugt ein Pelletskessel mit einer Heizleistung von 80 kW.
Die Wärmeabgabe erfolgt über die Fußbodenheizung und Heizwände. Das
Pelletslager befindet sich im Heizraum. Das Abgassystem wird
versteckt durch eine sogenannte „Servicebox“ geführt: Der kompakte
Technikraum befindet sich unter einem Vordach auf dem Betriebshof;
er nimmt den Müllraum, die Kältetechnik und die Betriebstankstelle
auf.
Zwei zentrale Anlagen mit kontrollierter Be- und Entlüftung und Wärmerückgewinnung sorgen für frische Luft in den Innenräumen. Die Luftmengenregelung erfolgt über Luftqualitätsmessung. Im Holzfasskeller und Barriquekeller regeln Vollklimaanlagen Temperatur und Feuchte.
Eine 30-KW-Photovoltaikanlage auf dem Dach erzeugt Solarstrom
und speist ihn ins Netz. Auf dem begrünten Hauptdach befindet sich
eine mit Kies bedeckte Teilfläche, in der anfallendes Regenwasser
über Zisternen aufgefangen und zur Bewässerung der umliegenden
Rebflächen verwendet wird.
Bautafel
Architekten: Planungsbüro Münzing, Flein bei Heilbronn
Projektbeteiligte: Schumann Projektsteuerung, Darmstadt (Projektsteuerung); Peter Bau Statik, Heilbronn (Tragwerk); Büro für Bauphysik C. Brand, Karlsruhe (Bauphysik); Adrian & Partner, Freiburg (Bauleitung); Büro Hink Landschaftsarchitektur, Schwaigern (Freianlagen); Ingenieurbüro für Gebäudetechnik Uwe Häberle, Breisach/Oberrimsingen (Haustechnik, Heizung Lüftung, Sanitär)
Bauherr: Helga und Erivan Haub, Vogtsburg-Bischoffingen
Fertigstellung: 2012
Standort: Am Enselberg 1, 79235 Bischoffingen
Bildnachweis: Susanne Sommerfeld, Konstanz für Wolfgang Münzing, Flein
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