Feuerwehrtechnisches Zentrum in Nordhausen
Robuste Gebäudetechnik erhöht Nachhaltigkeit
Die thüringische Stadt Nordhausen gibt es bereits seit dem 9. Jahrhundert, doch von der einstigen Bebauung ist seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr viel sichtbar. Dennoch, die Grenzen des historischen Stadtkerns sind anhand der Straßenführungen noch wahrnehmbar und prägen die städtische Struktur. An der wichtigen Stadteingangssituation südöstlich des historischen Stadtkerns wurde nun ein neues feuerwehrtechnisches Zentrum nach Plänen des Architekturbüros Dasch Zürn + Partner errichtet.
Gallerie
Den einphasigen und nicht offenen Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren für das rund 12.000 m² große Grundstück konnte das Büro schon im Jahr 2017 für sich entscheiden. Das Wettbewerbsgebiet war bis dahin ein brachliegendes Areal; bot durch seine Lage aber einen idealen Standort, von dem aus die Feuerwehr im Notfall schnell zum Einsatzort gelangen kann. Der Entwurf der Architekt*innen umfasst einen annähernd U-förmigen, zwei- bis dreigeschossigen Hauptkörper: Die Leitstelle befindet sich am Kopfende und bietet einen ungehinderten Blick auf den Knotenpunkt aus Zu- und Abfahrten sowie der Straßenkreuzung. Die Schulungs- und Aufenthaltsräume sowie die Räume der Berufs- und Freiwilligen-Feuerwehr mit den Ruheräumen befinden sich im ersten Obergeschoss, die der Verwaltung im zweiten Obergeschoss. Über einen Sprungschacht im Flur des ersten Stocks gelangen die Feuerwehrleute im Alarmfall direkt in die Fahrzeughalle. Sie öffnet sich mit zwanzig Toren zum Innenhof. Die Alarmausfahrt und die Zufahrt zu den Pkw-Stellplätzen erfolgen getrennt und kreuzungsfrei voneinander. Der Haupteingang zum Gebäude im Nordwesten wird durch an dieser Stelle auskragende Fenster im ersten Geschoss akzentuiert.
Langlebige Gebäudehülle
Die sandfarbene Klinkerfassade des kompakten Baukörpers vermittelt Klarheit und Robustheit. Vorgehängte Fertigteil-Stahlbetonblenden gliedern die Fassade horizontal. Konstruktiv besteht die Gebäudehülle aus Stahlbetonwänden mit einem hinterlüfteten Verblendmauerwerk. Die langlebige Fassadenkonstruktion leistet einen wichtigen passiven Beitrag zur Nachhaltigkeit. Das Flachdach hat zudem eine extensive Begrünung erhalten, die als Regenwasserspeicher und Wärmepuffer fungiert. Die Fensterbänder bestehen aus einer 3-fach-Isolierverglasung mit außenliegendem, beweglichem Sonnenschutz. Durch die teils großflächigen und bodentiefen Öffnungen gelangt viel natürliches Licht in den funktional, aber dennoch hochwertig gestalteten Innenraum.
Wärme-, Luft- und Wasserversorgung
Die Wärmeversorgung des Neubaus erfolgt über einen
Fernwärmeanschluss der Energieversorgung Nordhausen. Nach der
Übergabestation wird die Wärme über sechs absperr- und regelbare
Heizgruppen im Gebäude verteilt. In den meisten Räumen erfolgt die
Übergabe der Wärme an den Raum über statische Heizflächen. Die
Sanitär- und Umkleidebereiche werden über eine Fußbodenheizung
beheizt. Die Fahrzeughallen, in denen es geringere Anforderungen an
die Raumtemperatur gibt, werden über Lufterhitzer klimatisiert. Für
die Warmwasserbereitung gibt es eine zentrale
Frischwasserstation.
Luft in verschiedenen Qualitäten ist bei funktionalen Bauten wie
Feuerwehrhäusern ein wichtiges Thema. Für eine ausreichende
Belüftung der Innenräume (immerhin ca. 4.500 m² Nutzfläche) sorgt
beim Feuerwehrhaus in Nordhausen eine Lüftungsanlage auf dem Dach des ersten
Obergeschosses mit einer Luftleistung von knapp 25.000 m³/h. Im
Winter kann die Zuluft zusätzlich beheizt werden, im Sommer
wiederum kann über ein Klima-Split-Gerät für Abkühlung gesorgt
werden. Damit die Luft in den Fahrzeughallen von den Fahrzeugen mit
Verbrennungsmotor nicht verunreinigt wird, gibt es drei zentrale
Abgasabsauganlagen mit einem Anschluss an jedem Stellplatz. Zur
Ausrüstung in dem Feuerwehrgebäude gehört auch eine
Druckluftanlage, die sich ebenfalls an zentraler Stelle im Gebäude
befindet.
Bei der Wasserversorgung haben die Planer*innen eine Besonderheit installiert, um Trinkwasser aus dem öffentlichen Wassernetz einzusparen: Über einen dreißig Meter tiefen Brunnen auf dem Gelände können mit einer Pumpe bis zu rund 1.000 Liter Wasser pro Minute gefördert werden. Dieses wird zur Versorgung der Übungshydranten und der Gartenwasserleitungen eingesetzt. -tg
Bautafel
Architektur: dasch zürn + partner, Stuttgart
Projektbeteiligte: Reinboth Landschaftsarchitekten, Esslingen (Landschaftsarchitektur); tragwerkeplus, Reutlingen (Tragwerksplanung); IB Wagner, Reutlingen (HLS-Planung); Kienle Beratende Ing., Stuttgart (Elektroplanung); Ortsbild Architektur- & Ing.Büro, Nordhausen (Brandschutzgutachten); IHU, Nordhausen (Geologisches Gutachten); Dr. Blechschmidt & Reinhold, Großlohra (Bauphysik/Raumakustik)
Bauherr*in: Stadt Nordhausen
Fertigstellung: 2023
Standort: Zorgestraße 1, 99734 Nordhausen
Bildnachweis: Henrik Schipper, Dortmund