Max-Planck-Institut in Hamburg

Anspruchsvolle Gebäudetechnik für die molekulare Grundlagenforschung

Es gibt Bauaufgaben, die auch für renommierte Architekturbüros nicht alltäglich sind. So wie der Neubau eines Forschungs- und Institutsgebäudes des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld. Die technischen Anforderungen bei diesem Bauwerk, für das Hammeskrause Architekten verantwortlich zeichnet, waren enorm hoch. Wichtiger Bestandteil des Entwurfs war das Wechselspiel aus Konzentration und Kommunikation für den gebäudetechnisch komplexen Neubau.

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Der Hamburger Stadtteil Bahrenfeld ist für Forschende ein wahres Eldorado. Hier sind neben dem MPSD das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY), das den inzwischen stillgelegten Teilchenbeschleuniger HERA betreibt, das Helmholtz-Zentrum Geesthacht und das European Molecular Biology Laboratory angesiedelt. Entsprechend zweckmäßig und heterogen ist das bauliche Umfeld, geprägt von der Max von Laue Halle, die sich in einem großen Bogen durch den nördlichen Teil des Campus schwingt. In deren direkter Nachbarschaft hatte Hammeskrause Architekten 2012 bereits das markant runde Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) geplant. Nun kam das Forschungs- und Institutsgebäude des MPSD hinzu, als Erweiterung der schon vorhandenen Räume im CFEL.

Offene Raumstrukturen

Die Bauherrin wünschte sich eine Architektur, die Offenheit, Kommunikation und Transparenz transportiert. Darauf reagiert der Entwurf unter anderem mit einer Terrassierung, die große Dachgärten entstehen lässt. Die begrünten Terrassen dienen als Kommunikationsort für die Nutzer*innen und Besucher*innen. Drinnen herrscht räumliche Großzügigkeit vor, mit einem gebäudehohen Atrium und einer fließenden Bürostruktur sowie viel Tageslicht durch große Deckendurchbrüche. Das Gebäude solle Raum für die zurückgezogene und intensive Forschungsarbeit bieten, aber ebenso für den informellen Austausch, für spontane Treffen und einen offenen Dialog, erläutert Markus Hammes die Entwurfsidee.

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Entkoppelte Forschungsbereiche

In dem Neubau werden künftig Experimente und Versuchsaufbauten mit empfindlichen Messinstrumenten und hochpräzisen Lichtquellen durchgeführt. Untersucht werden die Struktur und Eigenschaften von Materie, indem sie von Licht mit ultrakurzen Frequenzen bestrahlt wird, und zwar im Femtosekundenbereich (Millionstel einer Milliardstelsekunde) oder sogar im Attosekundenbereich (Milliardstel einer Milliardstelsekunde). Damit wird Grundlagenforschung auf molekularer und atomarer Ebene ermöglicht.

Die Gründung unterhalb des Erdgeschosses besteht aus einer bis zu 1,50 Meter starken Bodenplatte mit aufwendigem Schichtaufbau, damit in den Laboren für die notwendige Schwingungsfreiheit gesorgt ist. Überhaupt sind die Labore baulich hermetisch abgeschottet, um einen Betrieb frei von äußeren Einflüssen sicherzustellen.

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Verschiedene Wasserqualitäten

Gebäude dieser Kategorie sind stets mit einer Menge an gebäudetechnischen Anlagen ausgestattet. Es gilt, ganz unterschiedliche Bereiche und Räume mit Wärme, Kälte sowie Luft zu versorgen und verbrauchte Luft und genutztes Wasser zu entsorgen. So wird etwa für die Laborbereiche das Frischwasser in verschiedenen Qualitäten aufbereitet, also neben dem „normalen“ auch ein enthärtetes Wasser und ein VE-Wasser, ein demineralisiertes Wasser. Um den allgemeinen Trinkwasserverbrauch zu reduzieren, wird das Regenwasser der Dachflächen in einem 80 m³ großen Auffangbehälter gesammelt und für die WC-Spülung, die Wasseranschlüsse in den Technikzentralen und Putzmittelräumen sowie für die Außenanlagenbewässerung und zur Nachfüllung des Löschwassertanks genutzt.

Wärme und Kälte gleichzeitig

Die Wärmeversorgung erfolgt mittels einer Kombination aus Fernwärme sowie Rückgewinnung der Abwärme aus den Kompressionskältemaschinen. Bei der Dimensionierung des FW-Anschlusswertes von 800 kW wurde der Anteil der Wärmerückgewinnung allerdings nicht angerechnet, damit die Wärmeversorgung auch dann gesichert ist, wenn das Gebäude keine Kälteanforderung hat oder die Kälteanlage außer Betrieb ist. Der gleichzeitige Bedarf von Kälte und Wärme wird innerhalb des Gebäudes zur Wärmeverschiebung genutzt. So wird die Abwärme der Kompressionskältemaschinen, die etwa den Serverräumen Wärme entziehen und sie dadurch kühlen, für Heizzwecke nutzbar gemacht. Die Kälteerzeugung durch die Kältemaschinen erfolgt außerdem in Kombination mit der thermischen Nutzung des Löschwassertanks als Wasserspeicher.

Die im Gebäude bereitgestellte Wärme wird auf bedarfsspezifische Nutzungen verteilt, ausgehend vom Hauptverteiler in der Wärme- und Kältezentrale. So gibt es raumlufttechnische Anlagen, statische Heizungen, Deckensegel und Flächenheizungen in den verschiedenen Räumen und Bereichen. Die Büros werden über Bauteilaktivierung (Geschossdecken) beheizt und gekühlt. Dazu wurden Module mit werkseitig vormontierten Rohrmäandern in die statisch neutrale Zone der Bauteile eingelegt. Die wasserführenden Leitungen befinden sich damit in einem Abstand von ca. 5 cm von der Unterseite der Decke entfernt, womit eine Beschädigung durch äußere Einflüsse nahezu ausgeschlossen ist. Die Bauteilaktivierung übernimmt die Grundtemperierung, zusätzlich erhält jeder Büroraum ein eigenes Heizdeckenfeld, das von den Mitarbeitenden gesteuert werden kann. Die offenen Bereiche sind mit einer Fußbodenheizung zur Heizung und Kühlung ausgestattet.

Höchste Luftqualität

Die unterschiedlichen Bereiche erfordern unterschiedliche Raumluftqualitäten. Die Luft wird hinsichtlich Filterung, Temperatur und Feuchtigkeit individuell behandelt und verteilt. Besonders für die Laborbereiche gelten höchste Anforderungen. Hier muss die Raumluft immer exakt die gleiche Qualität haben. Abhängig von der Qualität der Außenluft, die über zwei Türme im zweiten Obergeschoss sowie im Untergeschoss erfasst wird, werden die Lüftungsanlagen automatisch gesteuert, um die jeweilige Qualität bereitstellen zu können. Überhaupt erfolgen die Regelung und Steuerung der betriebstechnischen Anlagen über autark arbeitende Automationsstationen in sogenannten Informationsschwerpunkten. Die Kommunikationsteilnehmer sind so geschaltet, dass es beim Ausfall eines einzelnen nicht zu einem Ausfall der gesamten Kommunikation kommt. -tg

Bautafel

Architektur: hammeskrause architekten, Stuttgart
Projektbeteiligte: Inros Lackner, Rostock (HLSK); Landschaftsarchitektur+ Holzapfel-Herziger & Benesch, Hamburg (Landschaftsarchitektur); baubüro.ein, Hamburg (Bauleitung); Wetzel & von Seht, Hamburg (Tragwerksplanung); pbr – Planungsbüro Rohling, Osnabrück (Elektrotechnik)
Bauherr*in: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, München
Fertigstellung: 2023
Standort: Luruper Chaussee 149, 22761 Hamburg
Bildnachweis: Werner Huthmacher, Stuttgart; Landschaftsarchitektur+, Hamburg

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