Eis- und Eventhalle Lonza Arena in Visp
CO2-Anlage deckt den gesamten Kühl- und Wärmebedarf
Visp ist zum einen ein beschauliches Städtchen in den Bergen im Südschweizer Kanton Wallis in der Nähe der italienischen Grenze, zum anderen handelt es sich bei dem Ort um einen prominenten Verkehrsknotenpunkt für Bahnreisende und Autofahrende. So war es für die Gemeinde nur folgerichtig ihre Eissporthalle Lonza Arena auch als anderweitig nutzbare Eventhalle zu errichten. Entworfen wurde der Sportbau, der auf eine innovative Haustechnik setzt, von der Arbeitsgemeinschaft Rollimarchini aus Bern und Scheitlin Syfrig aus Luzern.
Gallerie
Pünktlich zum Beginn der Eissportsaison wurde die Halle im
September 2019 eröffnet. Bei einer Gesamtfläche von 5.700
Quadratmetern und einer maximalen Höhe von 15 Metern war es für die
Architekten wichtig, dass sich das Bauwerk trotz seiner Größe in
die Umgebung einfügt. So ist es zur Straße parallel platziert, von
dieser nur getrennt durch den Gehweg und eine frisch gepflanzte
Baumreihe, die derzeit noch etwas kümmerlich anmutet. Der Grundriss
des Gebäudes weicht leicht vom Rechteck ab und entspricht einem
Trapez, zudem fällt das Dach Richtung Süden leicht ab. Dadurch wird
dem Baukörper etwas von der Strenge und Massivität genommen, die er
als regelmäßiger Quader hätte. Um das Bauwerk mit dem städtischen
Raum zu verknüpfen, ist das Erdgeschoss vollflächig verglast und
gewährt ebenso Ein- wie Ausblicke.
Feiern unter der Tribüne
Die räumliche Struktur der
Arena funktioniert nach einem simplen, aber wirkungsvollen Prinzip:
Ausgehend von der Eisfläche, die sich auf Platzniveau befindet,
sind die Ränge rundum um 2,30 Meter angehoben. Dadurch entsteht
unterhalb der Tribüne, zwischen Glasfassade und Eisfläche, ein
hoher und lichtdurchfluteter Raum, der als umlaufendes Foyer und
Verteilerraum dient und auch für Veranstaltungen genutzt werden
kann. Das Rückgrat der Anlage bildet ein mehrgeschossiger
Infrastrukturköper an der Längsseite im Norden. Hier liegen die
Zugänge für die Spieler, das Personal sowie zu den Restaurants,
ebenso die Kassen und eine Sportbar. Auch die Einrichtung eines
abgetrennten Fanzugangs ist hier möglich. Abgedeckt ist die Halle
durch ein stützenfreies Dach, das durch eine
Stahl-Fachwerkkonstruktion getragen wird, die auf den ersten Blick
recht massiv wirkt, angesichts der potenziellen Schneelasten in
diesem Gebiet jedoch notwendig ist.
Transkritische CO2-Anlage deckt gesamte Kühl- und
Heizlast
Dreh- und Angelpunkt der Energieversorgung ist eine transkritische
Kälteanlage, die sowohl den gesamten Kühl- als auch Wärmebedarf
abdeckt. Dafür wird die Abwärme, die bei der Kälteproduktion
entsteht, für Heizung und Brauchwarmwasser im Stadion und
Annexgebäude sowie zur Eisschmelze verwendet. Dadurch, dass die
Anlage im transkritischen Bereich arbeitet, nimmt die nutzbare
Abwärmemenge gegenüber herkömmlichen Anlagen stark zu und deckt den
gesamten Wärmebedarf des Gebäudes (siehe dazu Abbildung 9 und 10).
Auf Grund der hohen Drucklage von CO2 und der niedrigen Temperatur
des kritischen Punktes von 31°C (74 bar) treten bei höheren
Temperaturen am Wärmeübertrager transkritische Betriebsbedingungen
auf.
Die als Kälte- und Wärmeanlage eingesetzte, reversible Wärmepumpe
mit halbhermetischen Kolbenverdichtern erzeugt maximal 600 kW
Kälteenergie. Die Abwärme der Anlage wird über insgesamt vier
Temperaturstufen an Verbraucher im Gebäude abgegeben. Das
Eisstadion ist mit einer Teilklimaanlage für Entfeuchtung,
thermischen Ausgleich und Frischluftersatz für Sommer- und
Winterbetrieb ausgerüstet. Die Luft wird durch im Dachtragwerk
angeordnete, große Verteilerrohre verteilt. Für die Versorgung mit
Wärme in den beheizten Bereichen wird nicht nur die Abwärme der
Kälteanlage der Eisbahn, sondern auch der Gastronomie genutzt, die
dann über eine thermoaktive Bauteilheizung ins Gebäude gebracht
wird.
Flusswasser gleicht Spitzenlasten aus
Um einen Energieüberschuss oder ein -defizit auszugleichen, wird Wasser der unweit der Arena fließenden Rhone genutzt. Sollte das Flusswasser zu kalt für den Wärmepumpenbetrieb sein, wird die Energieversorgung über Tiefenwasser sichergestellt. Überschüssige Wärmeenergie wird über einen Zwischenkreislauf an das Rhonewasser abgegeben.
Die gesamte Energie- und Gebäudetechnik ist mit einem übergeordneten, webbasierten Leitsystem ausgestattet, in dem alle Anlagenzustände visualisiert und lokal wie auch über Fernzugriff bedient werden können. Die über die Energieauswertung gewonnenen Daten des Betriebs und Energieverbrauchs stehen für die Anlagenüberwachung sowie für die zukünftige Betriebsoptimierung zur Verfügung. -tg
Bautafel
Architektur: Arbeitsgemeinschaft Rollimarchini Architekten, Bern und Scheitlin Syfrig Architekten, Luzern
Projektbeteiligte: Leplan, Winterthur (HLKK-Ingenieur), Wälchli & Partner, Langenthal (Bauingenieur), Wismer + Partner, Rotkreuz (Bauingenieur), FLM Bauingenieure und Planer, Worb (Bauleitung), Gartenmann Engineering, Bern (Bauphysik), Fachwerk F+K Engineering, Buri b. Bern (Fassadenplaner), Imwinkelried Lüftung und Klima, Visp (Lüftungsanlagen), Ewald Gattlen, Visp (Heizungs- und Klimakältenanlagen), ZERO-C / Climat Gestion, St-Pierre-de-Clages (Kälteanlagen), Aeschimann Automationssysteme, Visp (Gebäudeautomation)
Bauherrschaft: Gemeinde Visp
Fertigstellung: 2019
Standort: Seewjinenstrasse, 3930 Visp
Bildnachweis: Ben Huggler, Luzern; Simon von Gunten, Solothurn; Arbeitsgemeinschaft Rollimarchini Architekten, Bern und Scheitlin Syfrig Architekten, Luzern
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