Baugruppenhaus B26 in Berlin-Mitte
Brandschutzkonzept für siebengeschossigen Holzbau
Berlins Mitte bietet immer noch Potenzial zur Nachverdichtung, besonders im nördlichen Teil des Bezirks. In der Nähe des Nordhafens und des Bundeswehrkrankenhauses wurden nach Plänen des Architekturbüros Kaden Klingbeil zwei siebengeschossige Baugruppenhäuser als Teil einer neuen Blockkante entlang der Boyenstraße realisiert. Beide Häuser gleichen sich in ihrer Kubatur, eines ist weiß verputzt, während das andere mit seiner Fassade aus dunkelgrauen Faserzementtafeln einen starken Kontrast zu seinem Nachbarn bildet. Das Besondere an den Wohnbauten ist, dass ihre Tragkonstruktion aus vorgefertigten Holzbauteilen besteht. Der nachwachsende Rohstoff Holz trägt zur positiven Ökobilanz der Neubauten bei, und der hohe Vorfertigungsgrad sorgte für eine kurze Bauzeit. In unserem Beitrag stellen wir das B26 genannte Wohnhaus vor.
Gallerie
Die glatten Fassaden des Wohnhauses werden durch vorgehängte Balkone aufgelockert, die leicht gegeneinander verschoben sind. Fensterbänder und große, raumhohe Fenster mit weißen Rahmen wechseln sich ab und sind direkt aneinander gesetzt. Die kontrastierenden dunklen Faserzementtafeln haben ebenfalls unterschiedliche Höhen und Breiten und stehen im Wechselspiel mit den verschiedenformatigen Fenstern.
Im Inneren des Gebäudes finden neun Wohnungen Platz. Eine großzügige Maisonette wird über das Erdgeschoss erschlossen, ihr Luftraum mit Galerie von einem über die gesamte Raumhöhe verlaufenden Fenster zum Garten hin belichtet. In den beiden darüberliegenden Geschossen gibt es jeweils eine kleine Wohnung zur Straße hin und eine größere mit Fenstern sowohl zur Straße nach Nordwesten als auch zum Garten im Südosten. Die oberen vier Stockwerke werden vollständig von einer großen Wohneinheit eingenommen. Ihr mittig angeordneter offener Wohnraum lässt sich durch flexible Trennwände in kleinere Bereiche unterteilen.
Weiß, grau und anthrazit sind auch im Inneren die bestimmenden Farbtöne, dazu kommt das Fichtenholz der Unterseite der Holzdecken. Es bleibt wie die Betonwände im Treppenhaus und die Installationsschächte in den Wohnungen sichtbar. Die Wände der Wohnräume sind mit Gipskartonplatten beplankt, verputzt und weiß gestrichen. Sie bilden einen schönen Kontrast zu den dunklen Holzböden.
Brandschutz
Ähnlich wie das Vorgängerprojekt E3 im Berliner Bezirk Prenzlauer
Berg wurde dieser siebengeschossige Holzbau erst durch ein
objektbezogenes Brandschutzkonzept möglich. Mit einer Höhe
des obersten Geschosses von 19,65 Metern zählt das Wohnhaus zur
Gebäudeklasse 5. Die Berliner Bauordnung erlaubt
Holzbauten jedoch nur bis Gebäudeklasse 4, das heißt bis zu einer
Fußbodenoberkante im höchsten Stockwerk von maximal 13 Metern. Die
Abweichung von dieser Vorgabe kompensiert das Brandschutzkonzept
insbesondere durch Einkapselung der brennbaren
Konstruktionsbestandteile, sehr kurze Rettungswege, ein zusätzlich
gesichertes Treppenhaus sowie eine Brandmeldeanlage.
Die Konstruktion des Gebäudes setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen: Keller, Brandwände, Treppenhaus, Aufzugsschacht sowie zwei in der Mitte der Wohnungen liegende Versorgungsschächte bestehen aus Stahlbeton. Die Außenwände wurden in Skelettbauweise aus Stahlstützen und -unterzügen errichtet. Die Zwischenräume sind mit vorgefertigten, 24 cm dicken Holzrahmenelementen ausgefüllt. Um die nach Musterholzbaurichtlinie (M-HFHHolzR) geforderte Kapselklasse K260 zu erreichen, erhielten die Stahlbauteile sowie die Holzrahmenwände eine Beplankung mit 2 x 18 mm Gipsfaserplatten. Damit haben sie eine Feuerwiderstandsdauer von 60 Minuten. Die Hohlräume der Holzelementwände sind vollständig mit Mineralwolledämmung mit einem Schmelzpunkt über 1.000°C ausgefüllt. Die Außenwände erreichen die Brandschutzanforderungen durch eine 15 cm starke Beplankung mit Gipsfaserplatten an der Innenseite, 8 cm dicke Steinwollelamellen und der Fassadenbekleidung aus nicht brennbaren Faserzementplatten. Die Decken bestehen aus einer verlorenen Schalung aus 4,2 cm dickem Brettsperrholz mit 17,8 cm Aufbeton. Durch den geringen Holzanteil benötigt die Holzuntersicht weder eine Beplankung noch einen Brandschutzanstrich (B1).
Das Treppenhaus aus Stahlbeton dient als erster Rettungsweg und liegt von jedem Raum aus maximal 14 Meter entfernt. Damit wird die zulässige Rettungsweglänge von 35 Metern deutlich unterschritten. Die Wohnungseingangstüren der Bauteilklasse T30-RS gewährleisten zudem eine höhere Absicherung Treppenhauses als die geforderten dicht- und selbstschließenden Türen. Als zweiter Rettungsweg dient mindestens ein anleiterbares Fenster je Wohneinheit. Wegen der Höhe des obersten Geschosses wurden spezielle Aufstellflächen für Drehleitern vorgesehen. Da fast alle Wohnungen über die gesamte Gebäudetiefe reichen und auch die beiden kleinen Wohnungen an der Straßenfassade liegen, war nur von der Vorderseite ein ungehinderter Zugang für die Feuerwehr sicherzustellen.
Eine automatische Brandmeldeanlage überwacht alle Wohnungen. Im
Brandfall löst sie einen akustischen Alarm aus und sendet ein
Signal an die Feuerwehr sowie an einen Wachdienst. Beide gelangen
über ein Schlüsseldepot von außen ins Treppenhaus.
Bautafel
Architekten: Kaden Klingbeil Architekten, Berlin
Projektbeteiligte: Integral, Cottbus (Projektentwicklung); Ingenieurbüro Buhr, Lohne (Tragwerksplanung); Ingenieurbüro Thomas Wallstein, Cottbus (Elektroplanung); Dehne Kruse Brandschutzingenieure, Gifhorn (Brandschutzplanung); Zimmerei Sieveke, Lohne (Holzbau)
Bauherr: private Bauherrengemeinschaft
Fertigstellung: 2012
Standort: Boyenstraße 26, 10115 Berlin
Bildnachweis: Kaden Klingbeil Architekten, Berlin; Fotos: Bernd Borchardt, Berlin
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