Verkaufsstätten
Nach Muster-Verkaufsstättenverordnung (MVkVO)
Die Muster-Verordnung über den Bau und Betrieb von Verkaufsstätten (Muster-Verkaufsstättenverordnung oder kurz MVkVO) regelt besondere Anforderungen und Erleichterungen für den Bau und Betrieb von Verkaufsstätten, deren Verkaufsräume und Ladenstraßen einschließlich ihrer Bauteile eine Fläche von insgesamt > 2.000 m² haben. Obwohl die Musterbauordnung (MBO) den Sonderbautatbestand §2(4) Ziff. 4. „Verkaufsstätten, deren Verkaufsräume und Ladenstraßen eine Grundfläche von insgesamt mehr als 800 m² haben“ vorsieht, erstreckt sich die Verkaufsstättenverordnung (MVkVO) erst auf Verkaufsstätten ab einer Bruttogeschossfläche von 2.000 m². Verkaufsstätten mit einer Größe zwischen 800 m² und 2.000 m² sind daher ungeregelte Sonderbauten, bei denen die MVkVO aber durchaus als Richtschnur herangezogen werden kann.
Gallerie
Brandabschnitte
Verkaufsstätten sind durch Brandwände in Brandabschnitte zu unterteilen. Die Fläche der Brandabschnitte darf je Geschoss betragen
- ≤ 10.000 m² in erdgeschossigen Verkaufsstätten mit Sprinkleranlagen,
- ≤ 5.000 m² in sonstigen Verkaufsstätten mit Sprinkleranlagen,
- ≤ 3.000 m² in erdgeschossigen Verkaufsstätten ohne Sprinkleranlagen,
- ≤ 1.500 m² in sonstigen Verkaufsstätten ohne Sprinkleranlagen, (max. drei Geschosse, Gesamtfläche aller Geschosse innerhalb eines Brandabschnitts ≤ 3.000 m²).
Statt Brandwänden können zur Unterteilung von Verkaufsstätten auch Brandabschnitte durch „Ladenstraßen“ gebildet werden, die
- mindestens 10,00 m breit sind (in voller Höhe und zusammenhängend),
- Öffnungen für den Wärmeabzug (NRWA) oder Wärmeabzugsgeräte (MRWA) an oberster Stelle haben, die Öffnungen oder Geräte mindestens 1 m breit und möglichst durchlaufend und mittig angeordnet sind und
- ein Tragwerk der Dächer und eine Bedachung aus nicht brennbaren Baustoffen haben (lichtdurchlässige Bauteile mindestens schwer entflammbar).
Einbauten oder Einrichtungen sind in Ladenstraßen innerhalb
dieser Breite unzulässig (außer Fahrtreppen, Aufzügen und
Einrichtungen der technischen Gebäudeausrüstung, die der
Ladenstraße dienen).
Bauteile und Baustoffe
Aus Gründen des Schutzes der vielen anwesenden Personen werden für Verkaufsstätten mit mehreren Geschossen immer feuerbeständige tragende Bauteile gefordert. Trennwände zwischen einer Verkaufsstätte und anderen Räumen müssen feuerbeständig sein und dürfen keine Öffnungen haben. Erleichterte Anforderungen an Bauteile, z. B. feuerhemmend, gelten nur für erdgeschossige Versammlungsstätten.
Außenwandbekleidungen müssen bei Verkaufsstätten mit Sprinkleranlagen und bei erdgeschossigen Verkaufsstätten aus schwerentflammbaren Baustoffen bestehen, bei sonstigen Verkaufsstätten ohne Sprinkleranlagen aus nichtbrennbaren Baustoffen. Deckenbekleidungen müssen aus nichtbrennbaren Baustoffen, Wandbekleidungen in Treppenräumen, Treppenraumerweiterungen, notwendigen Fluren und in Ladenstraßen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen.
Rettungswege in Verkaufsstätten
Für Verkaufsräume, Aufenthaltsräume > 100 m² und Ladenstraßen in Verkaufsstätten sind zwei voneinander unabhängige bauliche Rettungswege zu Ausgängen ins Freie oder zu Treppenräumen vorgeschrieben. Ein Rettungsweg darf über Außentreppen ohne Treppenräume, Rettungsbalkone, Terrassen oder begehbare Dächer auf das Grundstück führen, wenn hinsichtlich des Brandschutzes keine Bedenken bestehen und der Rettungsweg über Flächen auf dem Grundstück auf öffentliche Verkehrsflächen führt. In Verkaufsräumen darf der Weg zum Ausgang oder Treppenraum höchstens 25,00 m, in sonstigen Räumen oder in Ladenstraßen höchstens 35,00 m entfernt sein. In Verkaufsräumen müssen die Hauptgänge oder Ladenstraßen in höchstens 10,00 m Entfernung erreichbar sein.
Eine Länge des ersten Rettungswegs von zusätzlichen 35 m ist
zulässig bei Verkaufsstätten mit Sprinkleranlagen, in
erdgeschossigen Verkaufsstätten oder soweit er (als einziger
Rettungsweg) über Ladenstraßen führt.
Breite von Rettungswegen
Für Flucht- und Rettungswege bei Verkaufsstätten sind folgende Breiten erforderlich:
- Ausgänge aus einem Geschoss ins Freie oder in Treppenräume ≥ 30 cm je 100 m² Fläche der Verkaufsräume,
- notwendige Treppen für Kunden ≥ 2,00 m und ≤ 2,50 m; bei Verkaufsräumen ≤ 500,00 m² ≥ 1,25 m
- Ladenstraßen ≥ 5,00 m
- Hauptgänge, Ausgänge, notwendige Flure ≥ 2,00 m, (bei Verkaufsräumen ≤ 500 m² genügt 1,00 m für Ausgänge und 1,40 m für notwendige Flure).
Türen in Rettungswegen oder ins Freie dürfen nur in Fluchtrichtung aufschlagen und keine Schwellen haben.
Technische Anlagen und Einrichtungen in
Verkaufsstätten
Rauchabführung: Verkaufsräume und sonstige Aufenthaltsräume mit
jeweils > 50 m² Grundfläche, Lagerräume mit >200 m²
Grundfläche, Ladenstraßen sowie notwendige Treppenräume müssen zur
Unterstützung der Brandbekämpfung entraucht werden können. Diese
Anforderung können durch natürliche Rauchabzugsanlagen (NRWA) oder
maschinelle Rauchabzugsanlagen (MRWA) erfüllt werden.
NRWA (Beispiele):
- Verkaufsräume, sonstige Aufenthaltsräume und Lagerräume ≤ 1.000
m² Grundfläche, die an der obersten Stelle Öffnungen zur
Rauchableitung mit einem freien Querschnitt von insgesamt 1% der
Grundfläche oder im oberen Drittel der Außenwände angeordnete
Öffnungen (Türen oder Fenster) mit einem freien Querschnitt von 2%
der Grundfläche haben.
- Verkaufsräume, sonstige Aufenthaltsräume und Lagerräume > 1.000 m² Grundfläche mit NRWA mit mindestens einem Rauchabzugsgerät (1,5 m² aerodynamisch wirksame Fläche im oberen Raumdrittel) je 400 m² der Grundfläche,
- Ladenstraßen mit NRWA, bei denen je höchstens 20 m Länge der
Ladenstraße mindestens ein Rauchabzugsgerät (1,5 m² aerodynamisch
wirksamer Fläche im oberen Raumdrittel) installiert ist
sowie
- jeweils Zuluftflächen in gleicher Größe (bis 12 m²) im unteren
Raumdrittel.
Maschinelle Rauchabzugsanlagen (MRWA) sind für eine Betriebszeit von 30 Minuten bei einer Rauchgastemperatur von 600°C oder mit einer Rauchgastemperatur von 300°C, wenn der Luftvolumenstrom des Raums mindestens 40 000 m³/h beträgt, auszulegen. Dabei können maschinelle Lüftungsanlagen MRWA betrieben werden, wenn sie die an diese gestellten Anforderungen erfüllen.
MRWA (Beispiel):
- je ≤ 400 m² der Grundfläche der Räume mindestens ein
Rauchabzugsgerät oder Absaugstelle mit einem Luftvolumenstrom von
10.000 m³/h im oberen Raumdrittel
Feuerstätten: Feuerstätten dürfen in Verkaufsräumen, Ladenstraßen, Lagerräumen und Werkräumen nicht aufgestellt werden.
Sicherheitsbeleuchtung: Verkaufsstätten müssen in Verkaufsräumen, Treppenräumen, Treppenraumerweiterungen, Ladenstraßen und in notwendigen Fluren für Kunden, in Arbeits- und Pausenräumen, Toilettenräumen mit einer Fläche > 50 m², in Räumen für Beschäftigte > 20 m² Grundfläche (außer Büroräume), elektrischen Betriebsräumen und Räumen für haustechnische Anlagen sowie für Hinweisschilder auf Ausgänge und für Stufenbeleuchtung eine Sicherheitsbeleuchtung haben.
Blitzschutzanlagen: Gebäude mit Verkaufsstätten müssen Blitzschutzanlagen haben.
Feuerlöscheinrichtungen, Brandmeldeanlagen und Alarmierungseinrichtungen: Verkaufsstätten sind mit Sprinkleranlagen auszurüsten, außer wenn es sich um erdgeschossige Verkaufsstätten ≤ 3.000 m² und sonstige Verkaufsstätten ≤ 1.500 m² (max. drei Geschosse ≤ 3,00 m unter Geländeoberfläche, Gesamtfläche aller Geschosse innerhalb eines Brandabschnitts ≤ 3.000 m², Verkaufsräume ≤ 500 m²) handelt. Weiterhin müssen in Verkaufsstätten vorhanden sein: Feuerlöscher und Wandhydranten für die Feuerwehr (Typ F), Brandmeldeanlagen mit nicht automatischen Brandmeldern (Handfeuermelder) zur unmittelbaren Alarmierung der dafür zuständigen Stelle und Alarmierungseinrichtungen, durch die Betriebsangehörige alarmiert („stille“ Alarmierung) und Anweisungen auch an die Kunden gegeben werden können (Lautsprecheranlage).
Brandfallsteuerung: In Verkaufsstätten müssen Aufzüge mit einer Brandfallsteuerung ausgestattet sein, die durch die Brandmeldeanlage ausgelöst wird. Sie muss sicherstellen, dass die Aufzüge ein Geschoss mit Ausgängen ins Freie oder das diesem nächstgelegene, nicht von der Brandmeldung betroffene Geschoss unmittelbar anfahren und dort mit geöffneten Türen außer Betrieb gehen.
Sicherheitsstromversorgungsanlagen: Verkaufsstätten müssen eine Sicherheitsstromversorgungsanlage haben, die bei Ausfall der allgemeinen Stromversorgung den Betrieb der sicherheitstechnischen Anlagen und Einrichtungen übernimmt, insbesondere der Sicherheitsbeleuchtung, der Beleuchtung der Stufen und Hinweise auf Ausgänge, der Sprinkleranlagen, der Rauchabzugsanlagen, der Schließeinrichtungen für Feuerschutzabschlüsse (z. B. Rolltore), der Brandmeldeanlagen und Alarmierungseinrichtungen.
Betriebsvorschriften
Die Muster-Verkaufsstättenverordnung beinhaltet weitere Regelungen zu Rettungswegen und Flächen für die Feuerwehr, zur Brandschutzordnung und zur Gefahrenverhütung. Ebenso werden die Pflichten und Aufgaben des Betreibers und anderer verantwortlicher Personen festgelegt.
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