_Schiefer
Hof Wendenius in Hainau
Umbau eines Dreiseithofes zum Wohnen und Feiern
Ein giebelständiges Wohnhaus, dahinter die Scheune und rechtwinkelig anschließend eine Remise, auf der anderen Seite ein Werkstattgebäude mit Schweinestall: Der Hof Wendenius in Hainau im Taunus (Rheinland-Pfalz) ist typisch für die Gegend und seine Entstehungszeit. Der Dreiseithof aus dem späten 18. Jahrhundert trägt den Namen seines Erbauers. Im Jahr 2017 erwarb die Bauherrschaft das Ensemble, das sich in einem desolaten Zustand befand. Nach Plänen des Mainzer Architekten Marc Flick wurde es nach und nach instandgesetzt und umgebaut. Entstanden sind ein Schlafhaus mit 12 Betten und drei Bädern, ein Gebäude zum Kochen, Essen und Zusammensitzen, ein großer Veranstaltungsraum sowie ein Gebäude mit Sanitäranlagen, Heizungsraum und großem Spielbereich.
Gallerie
Marodes Fachwerk, verborgene Wandmalereien
Das ehemalige Wohnhaus – ein zweigeschossiges Fachwerkgebäude mit
einer Schieferfassade im Obergeschoss – weist mit dem Giebel zur
Straße. Zahlreiche Umbauten und Sanierungen, die von den Sechziger
bis in die Neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts vorgenommen
worden waren, hatten ihre Spuren hinterlassen. Nach Freilegen der
Bausubstanz zeigte die uralte, in Zementputz eingehüllte
Fachwerkkonstruktion erhebliche Schäden durch Fäule, sodass große
Teile ausgetauscht werden mussten.
Es fanden sich jedoch auch wahre Schätze unter den Tapeten und Anstrichen: Historische Wandbemalungen traten zutage, die zum Teil restauriert werden konnten. Ein eingemauertes Fenster aus der Entstehungszeit erwies sich als Vorlage für die neuen, die ein Schreiner anfertigte. Das Haus wurde nach KfW-Richtlinien gedämmt. Um den historischen Dachstuhl erhalten zu können, kam eine Aufsparrendämmung zum Einsatz; hierbei wurde darauf geachtet, die filigranen Proportionen des Daches nach Möglichkeit zu wahren.
Sichtbeton im einstigen Schweinestall
In der einstigen Werkstatt mit Schweinestall wurden Innenwände und
Teile der Decken entfernt, sodass ein großer, zusammenhängender
Raum entstehen konnte. Die Küche befindet sich heute dort, wo
früher die Tiere gehalten wurden. Sie ist eingefasst von einer
u-förmigen Sichtbetonwand, die statische Funktionen übernimmt (als
Ringanker und Unterzug), der Abdichtung dient und durch eine
Betonkernaktivierung den gesamten hohen Raum mit Strahlungswärme
versorgt.
Vis-à-vis der Küchenzeile steht eine Treppe aus Sichtbeton, in der die Gebäudetechnik untergebracht ist. Der Zugang dazu liegt verborgen hinter der Garderobe. Ein Teil der Fenster stand unter Denkmalschutz und wurde aufwendig saniert, andere Öffnungen lediglich mit einer Festverglasung und einem außenliegenden Holzrahmen versehen. Von der Fassade wurde der alte Putz vollständig entfernt, und die freigelegte Baustruktur mit einer Natursteinschlämme nach historischem Vorbild in hellem Weiß-Grau überzogen.
Schallschutz für die Scheune
Eine besondere Herausforderung bestand in der Umwandlung der
Scheune in einen Veranstaltungssaal. Das gesamte Fundament musste
in Abschnitten von jeweils 1,25 Metern komplett erneuert werden.
Das Dach wurde durch ein Schallschutzdach ersetzt, die Außenwände
wurden von innen in Holzbauweise mit einer zusätzlichen, akustisch
wirksamen Schicht versehen. Die Öffnungen, einschließlich des neuen
Tores, sind mit Schallschutzverglasungen gefüllt. Äußerlich sind
diese gravierenden Änderungen dem Gebäude kaum anzusehen.
Schieferdeckung: Original und Ergänzung
Blickfang des Ensembles ist das ehemalige Wohngebäude und heutige
Schlafhaus mit seiner Kombination aus farbig hervortretendem
Fachwerk und schiefergedeckten Wandflächen. Bei der Schieferdeckung
im Obergeschoss der dem Hof zugewandeten Traufseite handelt es sich
um ein instandgesetztes Original: Die Schiefer in
Altdeutscher Deckung weisen verschiedene Formate auf. Sie
entstammen der Grube Weisel, die bereits vor Jahrzehnten
geschlossen wurde.
An der Giebelseite wurde eine Deckung aus asbesthaltigen Platten
entfernt und durch Naturschiefer ersetzt. Die Platten stammen aus
Spanien, haben ein Format von 22 x 15 cm und sind als
Schuppendeckung verbaut. Montiert sind sie mit Stiften auf einer
Schalung. -us
Bautafel
Architektur: Marc Flick, Mainz
Projektbeteiligte: Steffen Brosda, Francois Flammang, Duc Trinh (Planungsteam); Mac Metzler, Katzenelnbogen (Putz- und Malerarbeiten); Vivendi Bau- und Möbelschreinerei, Tiefenbach (Fenster-, Schreinerarbeiten); Holzbau Fuhrmann, Miehlen (Zimmerarbeiten); Metallbau Pinter, Hünfeld (Schlosserarbeiten)
Bauherrschaft: privat
Fertigstellung: 2019
Standort: Brühlstraße 3, 56357 Hainau
Bildnachweis: David Schreyer
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