Loft in der Scheune in Hittisau
Holzständerkonstruktion mit Verschalung aus rohen Massivholzbrettern und Zellulosedämmung
Der Bregenzerwald ist nicht nur für seine baumreiche Berglandschaft, sondern auch für seine Holzbauten und die feinsinnige Synthese von traditioneller und zeitgemäßer Architektur bekannt. In Hittisau verbindet nach einem Umbau ein ehemaliges Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert Alt und Neu unter einem Satteldach. Die Pläne dafür lieferte der Architekt Georg Bechter. Der Bau auf längsrechteckigem Grundriss ist eingebettet in einen Südhang. Während der alte Wohnteil im Westen belassen wurde, erfuhr der vormalige landwirtschaftliche Trakt im Osten eine Umwandlung und bietet nun als Loft in der Scheune 146 m² Wohnfläche anstelle ungenutzter Stallungen. Dafür entfernte man die alte Scheune und goss eine neue Bodenplatte, auf der sich nun eine Holzständerkonstruktion erhebt. Außen bekleiden Schindeln aus heller Weißtanne den neuen Baukörper, der die Proportionen des Bestands mit dunkler Holzfassade aufnimmt.
Gallerie
Ein leicht ansteigender, parallel zum Hang verlaufender Weg aus hellgrauem Beton geht in Stufen über und führt geradewegs zu dem Eingang an der westlichen Schmalseite. Etwas zurückgesetzt und dadurch wettergeschützt ist die verglaste Tür. Asymmetrisch darüber und daneben in der Giebelfront angeordnet ist je ein querrechteckiges Fenster als weitere Öffnung. Eine Doppelgarage im Untergeschoss versteckt sich hinter einem breiten Tor, das mit Holzschindeln bekleidet ist und sich so dezent in die Fassade integriert. Sehr auffällig hingegen ist die großflächige Fensterfront an der Südseite. 8,00 Meter breit und 4,00 Meter hoch ist das Fenster, gestützt von drei aus Weißtanne gedrechselten Säulen. Die schlanken Stützen verjüngen sich oben und unten auf einen Durchmesser von nur 12 cm, trotzdem trägt jede von ihnen eine Last von rund 10 Tonnen. Acht Isolierglasscheiben von jeweils 2,00 x 2,00 Meter bringen ein hohes Gewicht mit. Über ein ausgeklügeltes Seilzugsystem mit Gegengewichten kann die untere Hälfte der Fensterelemente hochgefahren und so ein fließender Übergang von außen und innen geschaffen werden. 4,00 Meter breite Betonstufen vor dem Südfenster laden die Bewohner zum Sitzen und Hinausgehen ein.
Im Inneren öffnet sich ein offener, ca. 5,00 Meter hoher Raum, in den zur Hälfte ein Galeriegeschoss eingezogen ist. Innenwände gibt es nur an der zentral positionierten Treppe. Dahinter sind Stauraum und das einzige Zimmer mit Tür untergebracht: die Toilette. Während im Erdgeschoss viel variabler Platz für eine Küchenzeile, essen und wohnen ist, befinden sich im Galeriegeschoss der Schlafbereich, ein frei stehender Waschzuber aus Holz und ein Schreibtisch. Ein weißer Vorhang bietet Sichtschutz für Bett und Badewanne, ein feines schwarzes Netz bildet die Absturzsicherung nach unten.
Gesund Bauen
Ökologische Aspekte spielten eine
zentrale Rolle bei der Planung des Umbaus. Das hauptsächlich
verwendete Material ist der natürliche Rohstoff Holz. Als Dämmstoff
dient schadstofffreie Zellulose. Die Holzständerkonstruktion ist
innenseitig mit bis zu 46 cm breiten, horizontal montierten rohen
Massivholzbrettern verschalt, ebenso die Decke. Die Bretter wurden
sägerau belassen und nur mit einer mineralischen Farbe weiß
gestrichen. Im Erdgeschoss wurde die Oberseite des mit Ruß
eingefärbten Betonsockels fein geschliffen. Der Boden des
Galeriedecks besteht aus massiven Bohlen aus 11 cm dicker
Weißtanne, die seitlich über Zapfen befestigt sind.
Für alle konstruktiven Bauteile, die Treppe, Schindeln an der Fassade und die Verschalung kommt Weißtanne zum Einsatz. Fensterbank, Küchenmöbeln und Waschzuber sind aus rötlichem Ulmenholz. Sämtliches Holz stammt von Bäumen aus einem nur fünf Kilometer entfernten Wald und wurde ausschließlich lokal bearbeitet, sodass die Transportwege minimal gehalten werden konnten. Auch das Energiekonzept des Wohnhauses ist auf ein Minimum reduziert. Angenehme Temperaturen werden ohne zusätzliche Klima- und Belüftungsanlage erreicht. Durch die nach Süden ausgerichtete Glasfläche fällt viel Sonnenlicht und versorgt den gesamten Raum mit Wärme. Die Betonplatte fungiert dabei als Speichermasse; im Winter wird zusätzlich mit Pellets geheizt. In den Sommermonaten schützt eine Markise über dem Südfenster vor Überhitzung. Ziel des Planers war es, den neuen Anbau auf das Wesentliche zu reduzieren und dennoch eine wohltuende und gemütliche Atmosphäre zu schaffen. Das Ergebnis ist zugleich eine gelungene Verbindung mit dem Bestand. -jb
Bautafel
Architekten: Georg Bechter Architektur + Design, Langenegg
Projektbeteiligte: Zimmerei Nenning, Hittisau (Holzbau); Tischlerei Bereuter, Lingenau (Tischlerarbeiten); Manfred Bischof, Thüringerberg (Fensterbau), zte Leitner, Schröcken (Tragwerksplanung)
Bauherr: privat
Standort: Gfäll 48, Hittisau, Österreich
Fertigstellung: 2015
Bildnachweis: Adolf Bereuter, Dornbirn