Einfamlienhaus in Mladá Boleslav/CZ
Strohballenbau in der Landschaft
Der Strohballenbau ist in Deutschland seit einiger Zeit erlaubt, und obwohl die Anzahl der entsprechend gedämmten Häuser steigt, wird man darunter kaum ein so ungewöhnliches Projekt wie das Einfamilienhaus in Tschechien finden: In der freien Landschaft von Mladá Boleslav lässt sich das kleine, zweigeschossige Gebäude aus Stroh kaum von seiner Umgebung unterscheiden. Eine schirmartige Konstruktion aus Metall und transparenter Folie spannt sich schützend über das Haus.
Gallerie
Das Tragwerk des Gebäudes wurde in Holzskelettbauweise errichtet und mit einem Betonkern ausgesteift. Auf beiden Seiten des Holztragwerks stehen 15 cm dicke Lehmziegelwände, die nicht nur als Wärmespeicher funktionieren, sondern auch das Raumklima positiv beeinflussen. Auf der Außenseite der Lehmziegelwände wurden, getrennt durch eine Feuchtigkeitssperre, zwei Schichten von Strohballen aufgebaut, die zur Vermeidung von Brandgefahr chemisch behandelt wurden. Diese Dämmschicht ist insgesamt einen Meter dick und dämmt nach Angaben des Architekten genauso gut wie eine 50 cm dicke Polystyrolschicht.
Im Inneren des Hauses gruppieren sich die Räume um den Betonkern, der nicht nur als Teil des Tragwerks funktioniert, sondern auch Raum für die Badezimmer, eine kleine gasbetriebene Heizanlage und den Schornstein bietet. Der Wohnbereich im Erdgeschoss ist offen, die Schlaf- und Gästezimmer im Obergeschoss sind geschlossen gestaltet. Wie beim Tragwerk und bei den Außenwänden wurden auch im Innenraum natürliche Materialien verwendet: Die Lehmziegelwände sind zum Teil mit Lehmputz versehen, geölte Fichtenbretter bilden den Holzboden, im Küchenbereich wurden Keramikfliesen verlegt.
Im Hinblick auf das ökologische, ökonomische und gesunde Bauen ist das Haus positiv zu bewerten. Die Wärmeverluste sind sehr niedrig, die benötigte Heizenergie ist gering. Durch die nach Süden orientierte Glasfassade wird Solarenergie eingefangen und dann im Boden und in den Wänden gespeichert. An besonders kalten Wintertagen heizen die Bewohner mit dem Kachelofen - die gasbetriebene Heizanlage im Kern des Gebäudes wurde laut Architekt zur Beruhigung des skeptischen Bauherrn eingebaut, aber noch nicht benutzt.
Die Dämmung mit Strohballen hat sich also bewährt, ebenso die
Idee, sie nicht zu verkleiden. Der Architekt hatte für diese Art
der Verwendung eine klare Begründung: Stroh ist ein guter und vor
allem preiswerter, manchmal sogar umsonst zu bekommener Dämmstoff,
der eine Abdeckung nicht wirklich braucht. Selbst wenn sie dem
Klima nicht so lange standhalten wie andere Baustoffe, lassen sich
Strohballen jederzeit problemlos ersetzen. Auf die Konstruktion und
Standfestigkeit des Gebäudes hat dies schließlich keinen Einfluss.
Durch die einfache Bauart und die Verwendung solarer Energien
konnten die Bauherren viele Kosten sparen: Das etwa 140 m² große
Gebäude wurde von einem ortsansässigen Handwerksbetrieb für 60.000
Euro errichtet. -cr
Bautafel
Architekten: Petr Suske - SEA, Prag
Projektbeteiligte: Josef Šulc, Mladá Boleslav (Bauunternehmer)
Bauherr: Josef Šulc, Mladá Boleslav
Fertigstellung: 2003
Standort: Mladá Boleslav - Michalovice
Bildnachweis: Esther Havlová, Prag