Seniorenwohnhaus Sankt Cyriak in Pfarrwerfen
Offene Disposition für soziale Teilhabe und helle, holzverkleidete Räume
Die Wohnumgebung beeinflusst das Wohlbefinden der Menschen entscheidend. Insbesondere im Alter, wenn Körper und Geist unter Umständen nicht mehr so leistungsstark sind und die Mobilität eingeschränkt, halten sich viele Menschen vorwiegend drinnen auf. Mit dem Neubau vom Seniorenwohnhaus Sankt Cyriak in Pfarrwerfen im Salzburger Land hat der Architekt Gerhard Mitterberger ein durchweg altersgerechtes und behagliches Umfeld geschaffen, das weit entfernt ist von dem üblichen kühlen Ambiente eines Pflegeheimes oder gar Krankenhauses.
Gallerie
Das Gebäude liegt am nördlichen Dorfrand umgeben von Einfamilienhäusern und bietet insgesamt 48 Bewohnern in vier Wohngruppen Platz. Die Baumasse ist so gegliedert, dass sich nur zum Grünraum im Norden eine längere durchgehende Fassadenfront ergibt und ansonsten die Proportionen der Nachbarbebauung aufgegriffen werden. Mit zwei und drei Geschossen sowie einem flachen Dachabschluss orientiert sich der Neubau an der Höhe der umliegenden Gebäude und ordnet sich der das Dorfbild prägenden Kirche unter. Die tragende Struktur besteht aus Beton und ist mit hoch gedämmten Holzleichtbauelementen ausgefacht. Mit der sägerauen Lärchenholzverschalung der Fassade wird ein regionaltypisches Baumaterial als kennzeichnendes Erscheinungsbild aufgegriffen. Durch eine teilweise Überlappung der Bretter erhält die Fassade eine plastische Struktur.
Das Grundstück mit vielen Grünflächen hat keinen Zaun. So können Schulkinder eine Abkürzung zur nahegelegenen Grundschule nehmen. Der Gedanke, den in ihrer Mobilität eingeschränkten Senioren eine Anbindung an das Dorf- und Alltagsleben zu verschaffen und die Öffentlichkeit einzuladen, zieht sich auch durch das Konzept des Hauses. Zudem bieten Obstbäume und -sträucher sowie Hochbeete den Bewohnern die Möglichkeit, sich bei der Gartenarbeit zu betätigen. Beschattete Plätze laden zum Verweilen im Freien ein.
Der Eingang befindet sich im Süden unter den weit auskragenden Obergeschossen, die einen halböffentlichen Vorplatz schaffen. Nahezu geschosshohe Fenster eröffnen den Blick ins großzügige Foyer. Es ist nicht nur Empfangsraum, sondern auch der zentrale Aufenthalts- und Festbereich. Mit einer integrierten Bar, einer flexiblen Möblierung und der entsprechenden technischen Infrastruktur eignet sich der Saal sowohl für kleinere, hausinterne Feste als auch für Großveranstaltungen. Die an der Nordseite angeordnete Kapelle lässt sich durch Verschieben der Wandelemente mit dem Foyer verbinden und erweitert damit das Raumangebot zusätzlich. Direkt an das Foyer schließen die Verwaltungs- Büro-, und Personalräume an. Der separate Personaleingang und die Zulieferung von Norden entflechten die Wohnfunktion vollständig von der Heiminfrastruktur.
Gesund Bauen
Die Grundrissdisposition ist so angelegt,
dass gleichermaßen privater Rückzug und Gemeinschaftsleben sowie
möglichst zahlreiche Außenbezüge möglich sind. In vier analog
gestalteten Wohngruppen vom Erdgeschoss bis zum zweiten
Obergeschoss leben je zwölf Bewohner zusammen. Ein großes
Fensterelement, das gleichzeitig als Sitzbank dient, kennzeichnet
jedes Einzelzimmer. Die Bewohnerzimmer sind um einen großzügigen
Aufenthaltsbereich gruppiert. Dieser ist so organisiert, dass er
auch Pflegebedürftigen die Teilhabe am Alltagsleben ermöglicht,
aber nicht zu einer Beteiligung verpflichtet. Arbeits- und
Essplätze in der Nähe der Kochgelegenheit sind rollstuhlgerecht
ausgeführt, abgeschirmte Stuben, Sitz- und Fernsehbereiche laden
zum Beisammensein ein. Große Fenster bieten Aussicht nach Norden
und Osten, während die nach Süden orientierten Terrassen einen
direkten Bezug zum Garten schaffen. Im zweiten Obergeschoss
befindet sich ein Aufenthaltsbereich, von dem aus man in den
großzügigen Dachgarten gelangt. Durch seine geschützte Lage eignet
er sich gut als Refugium an der frischen Luft für demente
Bewohner.
Eine klare räumliche Struktur, Helligkeit, freundliche Farben und eine gute Akustik sind der Orientierung und dem Wohlbefinden der älteren Bewohner zuträglich. Neben den üppigen Glasflächen prägen Sichtbeton- und Holzoberflächen das Innere. Die Zimmertrennwände sind tragend und müssen hohe Anforderungen an den Schallschutz erfüllen, weshalb sie aus in Beton ausgeführt sind. Nichttragende Zwischenwände und Installationswände sind Leichtbauwände und zum Wohnbereich mit Holztafeln verkleidet.
Als Deckenverschalung, aber auch bei den Möbeln kommt regionales Lärchenholz zum Einsatz. Dielen aus regionaler Eiche bilden den Bodenbelag. Denn Holz ist ein gesundheitsverträglicher Baustoff, der ein gutes Feuchte- und Wärmeverhalten hat und die Regulierung des Raumklimas unterstützt. Die Perforation der Deckenbretter sorgt für reduzierte Nachhallzeiten und verbessert die Sprachverständlichkeit im Raum, was besonders bei nachlassendem Hörvermögen wichtig ist. Zusätzlich zum Tageslicht erhellen viele runde Deckenleuchten mit warmweißer Farbtemperatur das Seniorenwohnhaus. -dg
Bautafel
Architekt: Gerhard Mitterberger, Graz
Projektbeteiligte: Ingenieurbüro Wimmer+Partner, Bad Hofgastein (Statik); Ingenieurbüro Rothbacher, Zell am See (Bauphysik); Harlander Baumanagment / Rupert Fritzenwallner, Schwarzach (Bauleitung/ -managment); Holzbau Thurner, Wagrain (Zimmerer); KAPO, Pöllau (Fenster); Illmer, Pfarrwerfen (Bautischler); Weiglhofer, Pfarrwerfen (Innentüren); Haigl, Großarl (Möbeltischler); Kronreifbau, Abtenau (Baumeisterarbeiten)
Bauherr: Gemeindeverband Seniorenwohnhaus Pfarrwerfen/Werfenweng
Fertigstellung: 2016
Standort: Dorfwerfen 184, 5452 Pfarrwerfen/Österreich
Bildnachweis: Zita Oberwalder, Graz