Wohnhaus Flury in Deitingen
Lehmwellerbau mit Strohballendach
Schöne gesunde Welt: Dass ökologisches Wohnen auch von architektonischer Qualität sein kann, zeigt das Haus Flury im Schweizer Kanton Solothurn. Mitten in der kleinen Gemeinde Deitingen, einem ehemaligen Bauerndorf, hat der Bauherr Ueli Flury seine Vision von einem autarken, ökologischen und gesundem Wohnhaus von dem Bieler Büro Spaceshop Architekten realisieren lassen. Alle Baumaterialien sind umweltschonend und frei von Schadstoffen – auf Beton konnte sogar ganz verzichtet werden. Die Betriebsenergie läuft im Haus Flury auf Sparflame – das Wohnhaus kommt ohne fossile und nukleare Energie aus. Dies wurde durch eine kluge Planung der haustechnischen Versorgung und der Abwasserentsorgung ermöglicht.
Gallerie
Als Bindeglied zwischen einem ehemaligen Bauernhaus mit angebauter Gärtnerei und Gewächshaus und einem großen Garten fügt sich der pavillonartige Neubau auf dem Grundstück gut in die bestehende Situation ein. Eine Steinmauer unterteilt die Außenräume und verbindet sich mit dem Sockel des Wohnhauses, das wegen des Grundwasserspiegels teilweise angehoben ist. Im Grundriss bildet sich eine Figur aus zwei L-förmigen Lehmwänden, die drei Innenräume aufspannen. Jeweils mit schmalen Durchgängen verbunden, öffnen sich alle drei Räume mit großzügigen Fenstern zum Garten hin. Zwei Terrassen ergänzen den Wohnraum im Außenbereich und verweben Innenraum und Garten.
Das Wohnhaus wurde in Mischbauweise geplant. Sein Traggerüst besteht aus Fichtenholz, das ausschließlich massiv und unverleimt verarbeitet wurde. Die raumdefinierenden Wände im Erdgeschoss sind in Lehmwellerbauart erstellt. Die gut 80 cm starken Wände bestehen aus einem Lehm-Stroh-Gemisch, das ohne Schalung mit einer Mistgabel aufgeschichtet wurde. Nachträglich wurde das getrocknete Gemisch mit einem Spaten zur fertigen Wand gestochen – eine in Vergessenheit geratene Bautechnik, die jedoch viele Vorteile hat. Neben einer enormen Stabilität und einem hohen Dämmwert spielen auch die einfache Konstruktion sowie die nachhaltige Entsorgung eine große Rolle.
Das Dach ist mit Strohballen gedeckt. Die Balkenlage wurde exakt auf ein Rastermaß, welches sich aus den Abmessungen der Strohballen ergibt, angelegt. Das Stroh dient als Dämmmaterial und wurde satt zwischen die Balkenlage gelegt. Die Dachhaut besteht aus einem synthetischem Kautschuk und ist mit einem Recycling-Ziegelschrotsubstrat überdeckt. Das Gebäude wurde komplett unterkellert und auf einem Fundament aus wiederverwertetem Naturstein errichtet. Der gut hinterlüftete Sockel orientiert sich an der Bauweise der benachbarten Bauernhäuser und kommt ohne Dichtungsfolie aus. Die Dachbegrünung soll einen ökologischen Ausgleich der bebauten Fläche schaffen.
Das Wohnhaus ist an ein 200 Jahre altes Brunnennetz angeschlossen, kommt jedoch ohne einen Anschluss an die Gemeindekanalisation aus. Kompostbehälter im Keller des Wohnhauses zersetzen die Fäkalien. Die Stromversorgung stammt von einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des benachbarten Bauernhauses. Auch der Bau des Wohngebäudes war besonders nachhaltig: Alle verwendeten Baumaterialien stammen aus einem Umkreis von nicht mehr als zehn Kilometern. Mit Ausnahme der Lehmbauer stammen auch die am Bau beteiligten Unternehmer aus dem direkten Umfeld.
Bautafel
Architekten: Spaceshop Architekten, Biel
Projektbeteiligte: Ralph Künzler, Winterthur (Beratung und Ausführung Baubiologie Lehmbau); Heinz Leuthe, Biel (Beratung Bauphysik); AAB, Bern (Beratung Ökologie); OEKAG, Luzern (Planung Abwasser); SPI, Derendingen (Statik Keller); TS Holzbauplanung, Ersigen (Statik Holzbau); Galli Holzbau, Deitingen (Ausführung Holzbau); Balmer, Subingen (Fenster); Roht Dach, Gunzgen (Bedachungsarbeiten); Rohn, Subingen (Elektro); Gebrüder Brügger, Aeschi (Heizung); Fisa, Koppingen (Kamin); Cadola, Solothurn (Sanitär)
Bauherr: Ueli Flury, Deitingen
Fertigstellung: 2010
Standort: Schulhausstraße 2, 4543 Deitingen
Bildnachweis: Stefan Weber, Nidau und Spaceshop Architekten, Biel