Wohnhaus im Village of Hope in Grabouw
Tragwerk aus Pinienholz, Wände aus Strohstampflehm
Auf einem ehemals landwirtschaftlich genutzten Gelände am Ortsrand von Grabouw, rund 65 km östlich von Kapstadt, befindet sich das Kinderdorf Village of Hope der Organisation Thembalitsha. Die dort lebenden Kinder sind an HIV oder Tuberkulose erkrankt oder haben ihre Eltern durch AIDS verloren. Mitarbeiter der Organisation betreuen die jungen Menschen und versorgen sie mit Medikamenten. Weil der Wohnraum für die Mitarbeiter im Dorf knapp und die vorhandenen Unterkünfte bereits überfüllt sind, sollten zusätzliche Wohnhäuser bereitgestellt werden.
Gallerie
Unter der Leitung von Arno Lederer, Victoria von Gaudecker und Leslie Koch entwickelten 25 Architekturstudenten der Universität Stuttgart ein Entwurfskonzept, das die Realisierung von fünf zweistöckigen Wohnhäusern vorsieht. Eines der Gebäude arbeiteten sie bis ins Detail aus und realisierten es in einer sechswöchigen Gemeinschaftsarbeit mit angestellten, einheimischen Arbeitern vor Ort. Auf zwei Geschossen bietet das neue Haus eine Wohnfläche von 75 m². Im Erdgeschoss sind Gemeinschaftsbereiche wie Küche, Essplatz, Wasch- und Wohnräume angeordnet. Eine außen liegende Treppe führt in die beiden darüber liegenden Privaträume für jeweils zwei Personen.
Die Bodenplatte des Hauses goss ein ortsansässiges Unternehmen aus Beton. 14 Stützen wurden einen Meter tief im Fundament verankert. Sowohl das Tragwerk als auch die Fensterrahmen bestehen aus heimischem Pinienholz. Aufgrund der hohen Temperaturen und der starken Sonneneinstrahlung im Sommer entschied sich das Planerteam, ein doppellagiges Dach zu bauen. Für die untere Schicht kamen eine Dämmung aus recycelten PET-Flaschen und eine atmungsaktive Folie zum Einsatz. Darüber wurde mit Abstand ein Wellblechdach montiert, das vor heftigen Regenfällen schützt. Die Durchlüftung zwischen den Dachschichten sorgt für Abkühlung im Inneren des Hauses.
Die 30 cm starken Außenwände bestehen aus einem Strohlehmgemisch. Für ihre Herstellung wurde eine druckfeste Wanderschalung aus Holz angefertigt, in die der feuchte Strohlehm eingefüllt und im Stampfverfahren verdichtet wurde. Lehm und Stroh haben sowohl wärmespeichernde als auch wärmedämmende Eigenschaften. Die daraus resultierende hohe Dämmwirkung der Außenwände war den Planern wichtig, da die Sommer in Afrika sehr heiß und die Winter mit bis zu 0°C relativ kalt sind. Strohlehmwände wirken außerdem feuchtigkeitsausgleichend und sorgen daher für ein gesundes Innenraumklima.
Um die Strohstampflehmwand auf der Wetterseite während der
Regenzeit besonders zu schützen, errichtete das Planerteam auf der
Westseite eine zweite Fassade. Dafür wurden vier Stützen im Boden
verankert und Äste mit Schrauben auf einer Holz-Unterkonstruktion
befestigt. Bei Sonneneinstrahlung entsteht ein schönes
Schattenspiel auf der dahinterliegenden Fassade. Wie außen kamen
auch im Innenraum ausschließlich natürliche Materialien zum
Einsatz. Die Böden sind mit unbehandelten Holzdielen aus
nachhaltiger Bewirtschaftung und die Decken mit Schalungsplatten
ausgestattet. Der Kamin im Erdgeschoss wurde aus roten
Lehmziegelsteinen gemauert und als raumteilendes Element
eingebaut.
An der Universität Stuttgart wird das fertiggestellte Wohnhaus
als Ukuqala 2 bezeichnet. Es ist der zweite Teil des
Programmes Ukuqala, was übersetzt „Anfang“ bedeutet. Ukuqala 1
konnten die Studenten bereits im vorherigen Jahr realisieren,
Ukuqala 3 soll im kommenden Semester umgesetzt werden,
vorausgesetzt, dass genügend Spendengelder zusammen kommen.
Bautafel
Architekten: Studenten des Instituts für öffentliche Bauten und Entwerfen der Universität Stuttgart (Leitung Arno Lederer, Victoria von Gaudecker, Leslie Koch)
Projektbeteiligte: Institut für Tragkonstruktion und konstruktives Entwerfen, Universität Stuttgart (Tragwerkplanung); Ion Williams, Overberg Consulting Engineers, Hermanus
Bauherr: Tembalitsha Foundation, Somerset West
Fertigstellung: 2012
Standort: Village of Hope, Grabouw
Bildnachweis: Christoph Dörring, Andreas Lerchl, Veronique Pavelec