Ankerlöcher
Die Möglichkeiten zur Gestaltung von Sichtbetonwänden sind vielfältig – durch die Textur der Schalhaut, die Farbgebung des Betons oder durch die Gliederung der Schalelemente. Ein weiteres kleines, aber durchaus interessantes und vielseitiges Gestaltungsdetail ist die Ausbildung der sichtbar bleibenden Spannstellen der Schalungsanker. Dabei können Variationen in der Breite und Tiefe des Verschlusses sowie in der Werkstoffauswahl und Farbe der Konen und Stopfen zur Ausführung gelangen.
Gallerie
Beim Schalen und Betonieren von Betonwänden sind Schalungsanker im Allgemeinen unvermeidbar, um den auf die Wandschalung wirkenden Frischbetondruck abzutragen. Die verbleibenden Ankerstellen können bei Sichtbeton besonders gestaltet und in das architektonische Konzept des Bauwerks mit einbezogen werden. Für den späteren Umgang mit den Ankerlöchern ist entscheidend, wie die Schalungsanker eingebaut wurden. Am weitesten verbreitet ist es, den Ankerstahl durch ein Hüllrohr zu führen, um ihn später wieder zu verwenden. Das Hüllrohr verbleibt im Beton. An seinen Enden können konisch zulaufende Kunststoffformteile aufgesetzt werden, die nach dem Ausschalen entfernt werden. Die verbleibenden Löcher werden mit Verschlusskonen oder Stöpseln geschlossen. Eine andere Methode ist, den Ankerstahl einzubetonieren. Hier werden auf den Stahl vor dem Betonieren Kronen aufgeschraubt. Nach dem Ausschalen werden sie wieder abgeschraubt und die Löcher wie zuvor beschrieben geschlossen.
Noch so schön gestaltete Ankerstellen verlieren an Wirkung, wenn an diesen Stellen die Feinstanteile des Betons auslaufen und die Ankerstellen verunzieren. Um ein Auslaufen der Ankerstellen zu verhindern, sind verschiedene Punkte zu beachten: Der Frischbetondruck ist durch eine angepasste Betoniergeschwindigkeit zu reduzieren. Dadurch wird ein geringfügiges Auseinanderklaffen der Schalung im unteren Bereich und damit auch ein Auslaufen der Feinstanteile an den Ankerstellen minimiert.
Als Materialien für Hüllrohre und Stöpsel kommen Faserbeton
und Kunststoff zur Anwendung. Für die Gestaltung ist es letztlich
eine Geschmacksfrage. Bei gleichzeitigen Anforderungen an die
Wasserundurchlässigkeit sind Hüllrohre aus Faserbeton von Vorteil,
da der Verbund zwischen den beiden mineralischen Baustoffen
Faserbeton und Beton deutlich besser ist als zwischen Kunststoff
und Beton. Damit verbunden ist eine größere Sicherheit gegen
einsickerndes Wasser. Die im Beton verbleibenden konischen
Vertiefungen können mit Faserbeton-Verschlusskonen
unterschiedlicher Durchmesser, Farben und Oberflächenqualitäten
verschlossen werden. Über die Schattenwirkung und die Farbe der
Konen im Vergleich zum umgebenden Beton können die Ankerstellen
betont oder in ihrer Wahrnehmung reduziert werden. Die
Faserbetonkonen können auch mit kurzen Schriftzügen, erhabenen oder
vertieften Logos oder Wappen gestaltet werden.
Kunststoffhüllrohre werden häufig mit Kunststoffstöpseln
geschlossen. Bei entsprechenden konischen Vertiefungen lassen sich
aber auch Faserbetonkonen einsetzen. Neben eingeschränkten
Variationsmöglichkeiten ist bei Kunststoffstöpseln häufig eine
unsaubere Ausführung zu beobachten. Außerdem werden die weichen
Kunststoffstöpsel mitunter benutzt, um mit wenig Aufwand Nägel in
die Wand einzuschlagen – sowohl in der Bauphase als auch in der
Nutzungsphase. Allerdings gibt es auch weithin bekannte Bauwerke,
in denen mit Kunststoffartikeln befriedigende Ergebnisse erzielt
wurden. Weiterhin gibt es Kunststoffhüllrohre mit aufgesteckten
Endstücken, die einbetoniert werden und daher natürlich nicht mehr
entfernt werden können. Damit ist das Erscheinungsbild vollständig
vorgegeben.
Häufig werden die konischen Vertiefungen von Spannstellen mit einem
Mörtel zugespachtelt. Diese Methode kann problematisch sein. Die
Farbe des Mörtels lässt sich nur sehr schwer an die Farbe des
umgebenden Betons angleichen. Allerdings kann ein Farbunterschied
natürlich auch gewollt sein. Beim flächenbündigen Abspachteln der
Ankerstellen kann ein Verziehen des Mörtels auf die Betonfläche zu
einem unregelmäßigen Erscheinungsbild führen, was als unsauberes
Arbeiten empfunden werden kann. Besser ist es, den Mörtel mit einer
Kugel auszurunden. Das kann ein Tennisball sein; dann wirkt die
Ausrundung durch den Filz etwas rauer. Es kann aber auch eine
glatte Kugel verwendet werden. Durch die Rundung entsteht wiederum
eine Schattenwirkung, die die Ankerstelle geringfügig von der
umgebenden Betonoberfläche unterscheidet. Die Ankerstelle wird
dadurch also nicht betont, sondern zeigt sich zurückhaltend.
Zurückhaltung in Perfektion sieht man an der Fassade des
Liechtensteiner Kunstmuseums (Abb. 4). Hier sind die Ankerstellen
kaum zu erkennen. Sie wurden mit eingefärbtem Mörtel geschlossen
und mit der Fassade geschliffen.
Letztlich sind bei der Gestaltung von Ankerlöchern der Fantasie keine Grenzen gesetzt: Bei der St. Canisius-Kirche in Berlin wurde beispielsweise um das Ankerloch herum eine Kreuzform geschalt, die teilweise mit metallischen Formstücken gefüllt wurde. Auch auf besondere technische Anforderungen kann reagiert werden. Bei der Hochwasserschutzmauer in Köln-Weiß wurden die anthrazit eingefärbten Wände mit eingefärbten Faserbetonkonen oberflächenbündig geschlossen. Da die Oberfläche und die Konen gestockt werden sollten, um eine einheitliche Optik zu erzielen, mussten die Konen eine ausreichende Festigkeit haben.
Bei allen Sonderlösungen gilt aber immer, dass bereits die
Ausschreibung einen Hinweis auf die Art der Gestaltung enthalten
sollte, damit die Baufirma eine besondere Ausführung preislich
berücksichtigen kann.
Video
Fachwissen zum Thema
Bauwerke zum Thema
Deutsche Zement- und Betonindustrie vertreten durch das
InformationsZentrum Beton | Kontakt 0211 / 28048–1 | www.beton.org