Hochhaus S10 am Schwabinger Tor
Betonwerksteinfassade mit eingeschnittenen Loggien
Wo vormals ein Großhandelsmarkt und ein Kettenhotel die Leopoldstraße säumten, ist nördlich der Münchner Innenstadt ein Ensemble aus neun Wohn- und Geschäftshäusern unter dem Namen Schwabinger Tor entstanden. Mit dem Turm S10 hat es seinen architektonischen Abschluss gefunden. Geplant wurde das Hochhaus mit Betonwerksteinfassade zusammen mit drei Nachbarbauten durch das Büro Max Dudler.
Gallerie
Angesichts der architektonischen Anmutung der Anlage wie auch des begleitenden Marketingprogramms erscheint es überraschend, dass hier keine Eigentumswohnungen, sondern 210 Mieteinheiten geschaffen wurden. Beachtlich ist auch, dass sich darunter geförderte Wohnungen befinden, deren Anteil sich auf immerhin 15 Prozent beläuft. Gespannt darf man sein, wie sich das Zusammenleben in dem wagemutigen Projekt entwickeln wird – zumal die Projektverantwortlichen nicht nur die Bauten entwickelt haben. Auch ein app-gestütztes „Konzept des ‚Sharings‘“ soll zur Belebung des Quartiers beitragen.
Ein Stück „europäischer Stadt“ in München
Entsprechend dem Konzept, das laut Aussage des Schweizer
Architekten einer „Idee der verdichteten europäischen Stadt“ folgt,
finden sich die Gebäude horizontal dreigeteilt. Die
Erdgeschossbereiche sind Geschäftsräumen vorbehalten, so auch in
den benachbarten Bauten von 03 Architekten oder Hild und K. Darüber
erheben sich zunächst drei Büroetagen und schließlich Wohngeschosse
in unterschiedlicher Zahl: Während die fünfgeschossigen Bauten
längs der Leopoldstraße Wohnungen auf zwei Etagen bieten, lassen
sich in den beiden Türmen an den entgegengesetzten Enden des Areals
nicht weniger als zehn Wohngeschosse finden.
Seriöser Zwilling
Das südliche Hochhaus mit dem
prosaischen Namen S10 entspricht dem bereits fünf Jahre
zuvor errichteten Nordturm somit nicht nur in der Höhe, sondern
auch in der programmatischen Gliederung; auch ähnelt die
Naturwerksteinfassade in ihrem hellen Ton dem zuvor gewählten
Trosselfels. Allerdings sind die Fensteröffnungen und Loggien des
nördlichen Turmes so gegeneinander verschoben, dass ein flirrendes
Bild entsteht. Das Gefühl, dass der steinerne Bau gleichsam tanze,
wird durch angeschrägte Fassadenelemente noch verstärkt.
Demgegenüber gibt sich der jüngere Zwilling seriös und scheint
allein nach oben zu streben. Es ist dabei nicht nur der Rücksprung
der Nordseite, der zu diesem Eindruck führt; maßgeblich dazu tragen
auch die Pilaster der Erdgeschosszone bei. Die aus Betonwerkstein
vorgefertigten Elemente, die nach Angaben des Büros durch die
frühen Hochhausbauten des 19. Jahrhunderts inspiriert wurden,
zeigen sich am Fußpunkt schlank und weiten sich zum Sturz, um dann
wieder zusammenzulaufen. Schließlich wird die Vertikale auch durch
eine breite Rücklage betont, die vom vierten Obergeschoss bis zur
Traufe reicht und so die Südfassade gliedert.
Wohnen mit Perspektive
Wie auch in den anderen Bauteilen finden sich im Südturm
vielfältige Wohnungstypen, zu deren Ausstattung drei verschiedene
„Designlinien“ mit den Bezeichnungen Pure, Nature und
Style angeboten werden. Die Wohnungen im Südturm finden sich
indessen durch polygonale Loggien ausgezeichnet, die gleich
umgekehrten Bay windows in die Wohnräume gestülpt sind. Sie bieten
nicht allein einen überdachten Freiraum, sondern eröffnen auch
vielfältige Ausblicke über die Stadt München.
Einbruchsicherer durch Schutzbeschläge
Um das Risiko eines Einbruchs zu vermindern, wurde das Hochhaus mit
Schutzbeschlägen ausgestattet, die mit der Tür verschraubt sind.
Dabei sieht die DIN 18257 Schutzbeschläge und Schutzrosetten vier Kategorien vor, die von
geringer (ES0) bis zu höchster (ES3) Einbruchshemmung reichen.
Ihnen entsprechen in der Europäischen Norm 1906 die
Widerstandsklassen 1 bis 4 entsprechen. Außerdem wurden für die
Zugangstüren Langschildbeschläge gewählt, deren Schild, der sowohl
Drücker
als auch Schlüsselloch bedeckt, über die Öffnungen noch deutlich
hinausreicht. -ar
Bautafel
Architekten: Max Dudler Architekten, Berlin
Projektbeteiligte: catterfeld + welker Ingenieurgesellschaft für Bauabwicklung, München (Bauleitung); Sailer Stepan und Partner, München/Bamberg und bwp Burggraf + Reiminger Beratende Ingenieure, München (Tragwerksplanung); ZWP Ingenieur-AG, Berlin u. a. und Energietechnik Müller, Gräfelfing (Gebäudetechnik und Elektroplanung); Möhler + Partner Ingenieure, München u.a. (Bauphysik und Akustik); hhpberlin Ingenieure für Brandschutz, Berlin u.a. und KAUPA Ingenieure, Windorf (Brandschutzkonzept); Eco Schulte, Menden (Türbeschläge: OGL-, SGL- und ES1-L-Beschläge)
Bauherr: Jost Hurler Unternehmensgruppe, München
Fertigstellung: 2017
Standort: Johann-Fichte-Str. 5, 80805 München
Bildnachweis: Stefan Müller, Berlin
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