Seit Jahrhunderten wird Stroh als Baustoff verwendet, etwa zur
Dämmung von Wänden und Decken. Die wohl bekanntesten Beispiele für
das Bauen mit Stroh sind historische Fachwerkhäuser, deren Gefache
mit einer Mischung aus Lehm und Stroh gefüllt wurden. Zusätzliche
Einsatzmöglichkeiten für Stroh ergaben sich, als Ende des 19.
Jahrhunderts die maschinelle Strohballenpressung entwickelt wurde.
Auf diese Weise entstanden um 1900 die ersten Häuser aus
Strohballen in den Sandhills von Nebraska (USA). Das älteste
europäische Gebäude in Strohbauweise ist das Maison
Feuillette im französischen Montargis aus dem Jahr 1920. Es
dient heute als Sitz des französischen Nationalen
Strohballenbauzentrums (CNCP).
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Historische Strohballenbauten
Angesichts der damaligen regionalen Holzknappheit wurde das
Abfallprodukt Stroh genutzt, um zunächst einfache
Wirtschaftsgebäude, später auch Kirchen und Wohnbauten daraus zu
errichten. Dazu wurden die Strohballen zu Mauern gestapelt und
innen wie außen mit Putz versehen. Die Bausubstanz der Gebäude
erwies sich als sehr gut. Bei aktuellen Umbauten an noch
bestehenden Gebäuden konnte festgestellt werden, dass das Stroh in
den Wänden noch immer in sehr gutem Zustand ist.
Wiederentdeckung in Mitteleuropa
Nachdem Stroh lange Zeit durch Baustoffe wie Beton und Stahl
verdrängt wurde, erlebt das Material seit einigen Jahren eine
Renaissance. Vorreiter in Europa sind Österreich und die Schweiz
mit zahlreichen Bauten aus Stroh, wozu auch große Quartiersobjekte
und mehrstöckige Bürogebäude zählen. Aber auch in Deutschland
steigt die Zahl der Strohballenhäuser stetig. Sie beläuft sich nach
Schätzungen des Fachverbands Strohballenbau Deutschland e.V.
(FASBA) auf rund 1.500 Gebäude (2022).
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Eigenschaften der Strohballen
Die rechteckigen Strohballen werden mit Hochdruckpressen zu
sogenannten HD-Ballen gepresst. Beim Strohballenbau hat sich eine
Ballengröße mit einem Stirnmaß von ca. 35 x 48 cm (b x h)
etabliert, die genauen Maße variieren je nach Presse und
Hersteller. Wichtig ist die Einhaltung der Rohdichte im
Rahmen der Zulassung. Schon bei einer Stärke von 28 cm wird ein
U-Wert
von 0,18 W/(m²K) erreicht. Bei Ballen mit einer Stärke von 35 cm
liegt der U-Wert bereits bei 0,15 W/(m²K). Dementsprechend können
mit der Strohballenbauweise auch Passivhäuser realisiert
werden.
Kennzahlen (aus der Zulassung BauStroh GmbH für Strohballen als
Dämmstoff, ETA-17/0247 (DIBt):
Nennwert Wärmeleitfähigkeit λD (23/50)
0,048 W/(mK) (senkrecht zur Halmrichtung)
Generell wird im Strohballenbau zwischen zwei verschiedenen
konstruktiven Systemen unterschieden: der lasttragenden und der
nicht lasttragenden Bauweise.
Lasttragender Strohballenbau
Bei der lasttragenden Bauweise nehmen die Strohwände die Lasten
aus Decke bzw. Geschossdecke und Dach auf und leiten sie in die
Fundamente ab, ohne dass hierfür weitere Stützen benötigt werden.
Die Strohballen werden als gebundene Strohbüschel mit ausreichender
Festigkeit zum lastabtragenden Wandbauteil, das sowohl horizontale
als auch vertikale Lasten aufnehmen kann. Den Wandabschluss bildet
ein Ringbalken, der die Lasten möglichst flächig in die Wand
einleitet. Wichtig beim lasttragenden Strohballenbau sind die
starke Verdichtung der Strohballen sowie eine Vorspannung der Wand,
z.B. durch mit dem Fundament verbundene Zugelemente. Fenster- und
Türöffnungen erhalten für die stabile Konstruktion des Anschlags
einen Holzrahmen.
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Mit dieser Bauweise können Zeit und Baukosten eingespart und ein
Großteil in Eigenleistung gebaut werden. Doch es gibt auch
Nachteile: Die Gebäudegröße bleibt aufgrund der Trageigenschaften
der Strohballen beschränkt. Zudem ist die Errichtung stark
witterungsabhängig und Baugenehmigungsverfahren in Deutschland
aufwendig (siehe Surftipps: Aktuelle Strohbaurichtlinie auf
der FASBA-Website).
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Nicht tragender Strohballenbau
Bei nicht tragenden Strohballenwänden übernimmt ein zusätzliches
Tragwerk den Lastabtrag, das Stroh dient als Wärmedämmung. Das
Tragsystem ist in diesem Fall meist eine Holzkonstruktion in
Rahmen- oder Skelettbauweise. Die Strohballen werden in die Gefache
der Holzkonstruktion gefüllt oder als Scheibe vor oder hinter dem
Ständerwerk angebracht. In beiden Varianten gilt es, das Stroh
konstruktiv mit dem Tragwerk zu verbinden. Zwar müssen die
Strohballen auch bei dieser Bauweise eine ausreichende Festigkeit
aufweisen, allerdings nicht in der Intensität, in der dies beim
tragenden Strohballenbau notwendig ist. Außerdem besteht die
Möglichkeit der Vorfertigung einzelner Wandelemente. Auch das
Baugenehmigungsverfahren in Deutschland ist wesentlich einfacher,
die meisten nicht tragenden Strohballenbauten sind
baugenehmigungsfähig.
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Literatur: Gernot Minke, Benjamin Krick:
Handbuch Strohballenbau. Grundlagen-Konstruktionen-Beispiele,
Rastede 2023
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