Mehrfamilienhaus in Berlin-Köpenick
Eisspeicher in Kombination mit Solarkollektoren dient Wärmepumpe als Energiequelle
Wenn Bauherrschaft, Planung und Verwaltung eines Neubaus in
einer Hand liegen, eröffnet das viele Möglichkeiten – sowohl
gestalterisch als auch technisch. Die Architekten Heike und Detlef
Sommer entwarfen in dieser Konstellation für ein Grundstück im
Berliner Bezirk Köpenick ein Mehrfamilienhaus mit hochwertigen und
energieeffizienten Mietwohnungen. Gemeinsam mit engagierten
Fachplanern entwickelten sie ein unkonventionelles,
nachhaltiges Energiekonzept. Damit gewannen sie den zweiten Platz
beim KfW Award Bauen 2019 in der Kategorie Neubau.
Gallerie
Beton trifft Grün
Der fünfgeschossige Neubau, der mit einem Staffelgeschoss
abschließt, steht nahe der Spree an einer stark befahrenen Straße
zwischen Mehrfamilienhäusern und einer denkmalgeschützten Schule.
Im hinteren Bereich grenzt das Grundstück an einen kleinen Park,
dessen alter Baumbestand bis an das Gebäude reicht. Die
südwestliche Schmalseite des kompakten Neubaus auf trapezförmigen
Grundriss ist parallel zur Straße ausgerichtet. Hier befinden sich
zwei kleine Lokale. Nach hinten verbreitert sich der Grundriss
gleichmäßig in leichten Stufen. In der Fassade wechseln sich
rundherum große Fenstertüren mit geschlossenen Sichtbetonelementen
ab. In die Schalung der Betonteile wurden Blätter eingelegt, deren
Abdrücke an den Fassaden sichtbar sind. Wie ein Band ziehen sich
auf allen Etagen Balkone um das Gebäude, die gestalterisch eher an
Laubengänge erinnern, allerdings nicht der Erschließung dienen.
Ihre Metallbrüstungen sind in demselben Grünton gehalten wie die
Holzrahmen der Fenster.
Erschlossen werden die 53 Mietwohnungen über zwei Treppenhäuser
an der Nordwestseite, die auch als Fluchtweg dienen. Die Grundrisse
der Ein -, Zwei- und Dreizimmerwohnungen sind individuell und offen
gestaltet. Zu jeder Wohnung gehört ein Balkon. Parkettböden aus
Eiche und die raumhohen Fenstertüren sorgen für eine helle,
wohnliche Atmosphäre. Dass die Sichtbetondecken erhalten bleiben,
ist in den Mietverträgen festgeschrieben. Während die tragende
Betonkonstruktion vor Ort erstellt wurde, bestehen die
Fassadenelemente sowie die Balkone aus Fertigteilen. Mit kompletter
Ausstattung vorgefertigt wurden auch die 53 baugleichen Badezimmer
der Wohnungen.
Nur für jede vierte Wohnung gibt es einen Pkw-Parkplatz im
Untergeschoss, stattdessen sind ausreichend Fahrradstellplätze
vorhanden.
Wärme aus dem Eis
Eine Sole-Wasser-Wärmepumpe liefert die Wärme für die
Fußbodenheizung und das Warmwasser – vertraglich sind den Mietern
42 Grad an der ersten Zapfstelle garantiert. Als Wärmequelle
nutzt die Wärmepumpe in erster Linie das gezielte
Wechselspiel aus Wärmeentzug und Regeneration in einem 250
Kubikmeter großen, unterirdischen Beton-Wasserspeicher. Ein
Wärmetauscher entzieht dort dem Wasser Wärme bis es gefriert. Dann
nutzt er den hohen sensiblen und latenten Wärmeanteil des Wassers,
also die Energie, die beim Phasenübergang von Wasser zu Eis
freigesetzt wird. Ein zweiter, hydraulisch getrennter Wärmetauscher
speist gleichzeitig Wärme aus Solar-Luft‐Kollektoren ein und hält
den Speicher ständig auf einer Temperatur um die für die
Latentwärmenutzung optimalen null Grad Celsius. Da die unverglasten
Kollektoren auf dem Dach des Gebäudes nicht nur die Wärme aus
direkter Sonneneinstrahlung nutzen können, sondern auch aus
diffuser Einstrahlung sowie aus Luft und Regen – und das auch
nachts, können sie den Eisspeicher kontinuierlich mit Energie
versorgen. Außerdem kann die Wärmepumpe auch direkt aus den
Solar-Luftabsorbern gespeist werden. Im Sommer können die
Kollektoren die niedrigeren, nächtlichen Außentemperaturen nutzen,
um das Wasser im Speicher oder das Gebäude direkt
abzukühlen.
Die Regelung des Systems entscheidet automatisch, welche Wärmequelle das jeweils bestmögliche Betriebsergebnis liefert. Je nach Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit wird Wärme zwischengespeichert oder im Gebäude genutzt. Als Basis hierfür dienen Daten von im Speicher und am Kollektoraustritt platzierten Temperaturfühlern. Das Eis steht am Ende der Heizperiode zur natürlichen Gebäudekühlung zur Verfügung. Dafür ist die Anlagentechnik ab der Wärmepumpe mit einem 4-Leiter-System konzipiert, mit jeweils getrenntem Vor- und Rücklauf für Heizung und Warmwasser. Die Wärmeübergabe erfolgt in einzelnen Wohnungsstationen wiederum über einen Wärmetauscher. Dieses Konzept mit Frischwasserstationen für die Trinkwassererwärmung hat den Vorteil, dass aufgrund der geringen Warmwasservolumina innerhalb der einzelnen Wohnungen keine hohen Wassertemperaturen zum Legionellenschutz erforderlich sind.
Bautafel
Architekten: Sommer+Sommer Architekten, Berlin
Projektbeteiligte: ZBP Zimmermann & Becker, Leipzig (Technische Gebäudeausrüstung); BZE Ökoplan / Büro für zeitgemäße Energieanwendung, Hamburg (Energieberatung); Rosa Sommer, Berlin (Landschaftsarchitektur)
Bauherr: Heike und Detlev Sommer
Fertigstellung: 2018
Standort: Berlin-Köpenick
Bildnachweis: Werner Huthmacher, Berlin; Sommer+Sommer Architekten, Berlin
Fachwissen zum Thema
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