Wohnhaus in Nordrach
Holz, Stroh und Lehm plus Sonnenenergie
Der Bau eines Wohnhauses im Schwarzwald bedeutet oft schon per se eine Entscheidung für einen Holzbau. Die Bauherrschaft eines Mehrfamilienhauses in Nordrach östlich von Offenburg legte zudem großen Wert auf Wohngesundheit und Nachhaltigkeit. Diesen Wünschen entsprechend hat das Büro Michael Welle Architektur ein polygonales Gebäude aus Holz, Stroh und Lehm entworfen, das sich gestalterisch an den typischen Merkmalen eines historischen Schwarzwaldhauses orientiert und mit Holz und Sonnenenergie beheizt wird.
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Der dreigeschossige Baukörper reagiert mit einem fünfeckigen Grundriss auf die Bedingungen des Grundstücks, das ungefähr zur Hälfte bebaut werden durfte. Die östliche Schmalseite folgt dem Straßenverlauf, während die nordöstliche Giebelseite an der Hangkante ausgerichtet ist und talaufwärts blickt. Die südwestliche Giebelseite knickt ab und bildet die fünfte Ecke des Grundrisses aus. Den Sockel bildet ein massives Kellergeschoss aus Beton. Dort ist eine Werkstatt untergebracht, in der viele Einbauten für das Haus gefertigt wurden.
Moderner Holzbau aus traditionellen Materialien
Über dem Sockel wurde das Haus komplett in Holzbauweise errichtet, wobei die Vorfertigung in einer lokalen Zimmerei die Bauzeit deutlich verkürzte. Das verwendete Holz stammt von regionalen Waldbauern und wurde in örtlichen Sägewerken geschnitten und getrocknet. Im Innenraum wurde auf unnatürliche Materialien gänzlich verzichtet, sodass das Holz entweder natürlich belassen, gelaugt oder geölt ist. Darüber hinaus ist die Konstruktion weitestgehend frei von Klebern oder Leimen, stattdessen sind alle Verbindungen geschraubt und damit bei einem späteren Um- oder gar Rückbau einfach wieder lösbar.
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Für die Dämmung des Hauses kamen Strohhäcksel und Holzweichfasern zum Einsatz. Durch seine relativ hohe Dichte bietet Stroh einen sehr guten Wärmeschutz, gleichzeitig ist seine graue Energie deutlich niedriger als bei anderen nachwachsenden Dämmstoffen. Außerdem kann Stroh ohne Zusatzstoffe eingesetzt und nach Gebrauch entweder wiederverwendet oder dem natürlichen Kreislauf zugeführt werden. Insgesamt sind zudem rund fünfzig Tonnen Lehm im Gebäude verbaut, was das Innenraumklima erheblich verbessert, denn Lehm besitzt sehr gute feuchtigkeitsregulierende Eigenschaften. Die verbauten Materialien seien aus der Historie in die Gegenwart transformiert, meint Michael Welle. Es handle sich zwar um die gleichen wie vor hunderten Jahren, jedoch nach heutigen, modernen Fertigungstechniken verarbeitet.
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Wärme aus Holz und Sonne
Für die drei Vollgeschosse und ein kleineres Dachgeschoss gibt es eine Stückholzheizung mit einer Leistung von 21 kW. Zusätzlich wurde das örtliche Wärmenetz ins Haus geführt und kann jederzeit angeschlossen werden. Unterstützt wird die Beheizung des Gebäudes durch Sonnenkollektoren. Sie sind auf der Südostfläche des Dachs angeordnet, die die Sonneneinstrahlung optimal nutzt, zusammen mit einer Indach-Photovoltaikanlage mit 14,5-kWp Leistung. Im Technikraum im Keller sind außerdem ein 1.000 Liter großer Pufferspeicher sowie eine Batterie mit einer Speicherkapazität von 9,5 kW untergebracht. Alle Elektroinstallationen und Leitungen für die Wandheizung sind in der Putzschicht verlegt. Etwaige Revisionsarbeiten sind bei Lehmputz verhältnismäßig einfach durchzuführen. Insgesamt erreicht das Gebäude in der Hülle einen um nur vier Prozent schlechteren Wert als KfW 40, bei der Primärenergie ist es sogar um 18 Prozent besser als KfW 40. -tg
Bautafel
Architektur: Michael Welle Architektur, Offenburg
Projektbeteiligte: Heimatbauten, Nordrach (Generalbauunternehmen); Bendler Holzbau (Hochbau und Zimmerei); Isenmann Ingenieur, Haslach (Statik und Energie)
Bauherr*in: privat
Fertigstellung: 2023
Standort: Michelbach 1a, 77787 Nordrach
Bildnachweis: Patrick Möhrle; Jürgen Pollak
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