Sanierung eines Hofhauses in Burghausen
Historische Patina trifft auf Fußbodenheizung
Das Städtchen Burghausen liegt direkt an der deutschen Grenze zu
Österreich, die hier durch die Salzach gebildet wird. Unweit des
Flusses hatte man Mitte des 18. Jahrhunderts einen Vierseithof
errichtet. Erhalten war davon zuletzt nur noch das zweigeschossige
Wohnhaus mit Gewölbedecken und hohem Krüppelwalmdach. Das stark
sanierungsbedürftige Gebäude wurde von Studio Lot gemeinsam mit der
Bauherrschaft Tanja und Heiner Hintermeier mit viel Leidenschaft
saniert und restauriert. In diesem Zuge erneuerte man auch die
gesamte Installation, was bei der alten Bausubstanz einige
Herausforderungen bot.
Gallerie
Für das Planungsteam bedeutete die Arbeit an dem unter
Denkmalschutz stehenden Bauwerk zunächst, die historischen
Schichten möglichst behutsam freizulegen. Allen Planungen voran
stand also eine sorgfältige Untersuchung des Bestands. So wurden
neuzeitliche Anstriche und Ergänzungen entfernt, um die
jahrhundertealten Bauteile in ihrem ursprünglichen Aussehen
wiedererlebbar zu machen. Restaurierungsproben an der Fassade etwa
brachten die ältesten Farbschichten zutage, woran die spätere
Fassadengestaltung orientiert werden konnte: helle
Gliederungselemente, großzügige Faschen um die Fenster, aufwändig
modellierte Giebelbereiche sowie eine grau abgetönte
Fassadenhauptfläche.
Die Patina bleibt
Auch in den Innenräumen wurden wo immer möglich Materialien und
Oberflächen wiederbelebt, wie etwa der grob gehauene
Natursteinboden in Rotmarmor, der den Flur im Erdgeschoss prägt,
oder die schlammgrünen Füllungstüren, die im Obergeschoss mit
aufwändigen, historisierenden Türzargen neu gesetzt wurden. In
beiden Sälen, dem einstigen Damen- und dem Herrenzimmer, konnten
sogar dekorative Wandmalereien freigelegt und konserviert werden.
Altersspuren wie Risse und Kratzer in Boden und Türen blieben
ebenfalls erhalten. Im gesamten Gebäude wurden Kastenfenster
verbaut, innen mit einer Isolierverglasung und außen mit gezogenem
Glas und Sprossenteilung. Die neuen Beschläge sind den historischen
nachempfunden und geschwärzt, die Fensterbleche bestehen aus Blei,
das mit der Zeit eine weißliche Patina erhält. Nach der Sanierung
werden die Räumlichkeiten nun von einer Tagespflege genutzt – umso
mutiger erscheinen die zahlreichen offen und roh belassenen
Oberflächen. Meist findet man in solchen Räumlichkeiten eine doch
eher sterile Atmosphäre vor.
Ein Pflegedienst zieht ein
Für die neue Nutzung erforderliche Ergänzungen haben die
Planenden nur sehr zurückhaltend vorgenommen: In den Fluren etwa
waren Brandschutztüren notwendig, die nun dezent mit Glasfüllungen
und einem kaum störenden, weißen Rahmen versehen sind. Ein Großteil
der Wand- und Deckenoberflächen ist in hellen Weiß- und
Grauabtönungen getüncht. Die Sanitärbereiche bilden dazu einen
gezielten Kontrast, indem die Toilettentrennwände als farbige Boxen
in warmen Rot- und Altrosatönen in die Räume eingestellt wurden.
Der Pflegedienst „Curamus Burghausen“ wurde in die Planung
einbezogen, um seine speziellen Anforderungen berücksichtigen zu
können. Bei der Inneneinrichtung haben die neuen Nutzer auch
historische Möbelstücke wie alte Bauernschränke und -truhen
integriert, die sich harmonisch in das neu belebte Denkmal
einfügen. Im Bau befindlich sind darüber hinaus zwei
Erweiterungsbauten südöstlich und südwestlich des Bestands, die
nach Fertigstellung einen gemeinsamen Hof fassen werden.
Warme Füße im Altbau
Wände und Decken eines so alten Gebäudes stehen in der Regel alles andere als im rechten Winkel zueinander – oder waren sogar nie im Lot. Entsprechende Ausgleichsmaßnahmen an Wand und Boden waren also immer wieder nötig. Da die alten Holzdielen im Obergeschoss nicht erhalten werden konnten, war es möglich, die Deckenkonstruktion hier komplett freizulegen. Eine Materialuntersuchung des Bodenbelags hatte eine hohe PCB-Konzentration ergeben – eine Chlorverbindung, die früher als Weichmacher unter anderem in Lacken verwendet wurde und die heute zu den zwölf als „dreckiges Duzend“ bekannten organischen Giftstoffen zählt. Dadurch konnte der Raum zwischen der Gewölbedecke und der Holzbalkendecke nun aber für die Installation neuer Heizungs- und Warmwasserleitungen genutzt werden. Als neuer Bodenbelag kamen geölte Eichendielen zur Ausführung.
Die Räume im Obergeschoss werden nach der Sanierung durch herkömmliche Gliederheizkörper erwärmt. Im Erdgeschoss wurde eine Fußbodenheizung verbaut. Darunterliegende Dämmplatten sorgen für den notwendigen Höhenausgleich. Versorgt wird die Flächenheizung durch eine Gas-Brennwerttherme im Kellerraum, dem einzigen Raum im Untergeschoss. Sie besitzt eine Leistung von ca. 35 kW und ist auch für die Warmwasserbereitung zuständig. Eine kleine Lüftungsanlage schließlich versorgt die WC-Räume mit Frischluft. -tg
Bautafel
Architektur: Studio Lot, München
Projektbeteiligte: Ing.-Büro für Baustatik und Konstruktion Gebhard Winterer, Taubenbach (Tragwerksplanung); Landschaftsarchitektur Wolfgang Wagenhäuser BDLA, Töging (Landschaftsarchitektur); Buderus, Wetzlar (Hersteller Brennwerttherme)
Bauherrschaft: Tanja und Heiner Hintermeier, Burghausen
Fertigstellung: 2020
Standort: Holzfelder Weg 2, 84489 Burghausen
Bildnachweis: Antje Hanebeck, München; Heiner Hintermeier, Burghausen; Harald Bader, Kriens; studio lot, München
Fachwissen zum Thema
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