Wohnheim für Jugendliche in Anières

Zu Stein geworden

Unweit des Genfersees befindet sich auf dem Gemeindegebiet von Anières bereits seit 1957 das Centre de Chevrens – ein Wohnheim für Jugendliche von 14 bis 18 Jahren, die aus bestimmten Gründen nicht bei ihren Eltern wohnen können oder wollen. Nun wurde das Wohnheim nach Entwürfen von Lacroix Chessex Architectes aus Genf mit dem sogenannten Foyer de Chevrens erweitert.

Gallerie

Das neue Ensemble setzt sich aus zwei Bauten zusammen und wurde auf einem Nachbargrundstück des Bestandes errichtet. Es orientiert sich an der städtebaulichen Struktur und der Erscheinung der Häuser in dem Weiler Chevrens. Die Gebäude – verputzte Ziegelbauten – sind dort in der Regel mit der Traufseite zur Straße hin ausgerichtet. Dabei stehen dicht aneinandergebaute Einheiten direkt an der Straße im Kontrast mit zurückversetzten Bauten und kleinen hofartigen Öffnungen. An den Ortsrändern von Chevrens und anderen Ortschaften der Umgebung finden sich zudem viele landwirtschaftliche Nutzgebäude aus Holz.

Wohnen und Lernen

Eines der beiden Volumen wirkt, als seien zwei dreigeschossige Häuser an einer Ecke miteinander verschmolzen. Die Fassade gliedert sich in einen glatten Sockel und einen fein strukturierten oberen Bereich. Ebenso wie die unterschiedlichen Fensterformate in Erdgeschoss und Obergeschossen spiegelt diese Teilung die Nutzung wider: Unten sind die Personalräume, oben die Wohngemeinschaften für die Jugendlichen untergebracht. Das zweite, eingeschossige Gebäude gleicht mit seinem breiten Satteldach einer Halle oder niedrigen Scheune und beherbergt ein Ausbildungs- und Trainingszentrum. Die beiden Baukörper sind so angeordnet, dass sie zusammen einen kleinen Platz an drei Seiten rahmen.

Schalung: Holzstruktur, in Beton gebahnt

Während das Schulungs- und Trainingszentrum durchgehend eine homogene Sichtbetonfassade zeigt, ist das Doppelhaus in den Obergeschossen von einer strukturierten Hülle umgeben, die auf den ersten Blick an das Material Holz denken lässt. Tatsächlich handelt es sich ebenfalls um Sichtbeton – in einem hellbeigen Farbton. Die Qualität der Oberfläche entspricht dabei der Schweizerischen Sichtbetonklasse SBK 3 (Schalungstyp 4.4 nach SIA 118/262).

Traditionelle Bretterschalungen hinterlassen zwar die Textur von Holz auf dem Sichtbeton, bilden aber ansonsten kaum ein Relief aus. In Chevrens ließ das Planungsteam Nadelholzbretter regelmäßig auf eine Schaltafel aus dem gleichen Holz aufbringen. Diese Gussform, die mit einem Bio-Schalöl behandelt wurde, lässt eine ebenso gleichmäßige wie lebendige Struktur entstehen. An den Schmalseiten der Häuser sind die Fassaden durch gesimsartige Elemente in drei, an den Längsseiten in fünf horizontale  Streifen gegliedert. Die Höhen orientieren sich jeweils an den Brüstungen und Stürzen der in einer Reihe angeordneten, gleich großen Öffnungen. Die unterschiedlichen Brettbreiten, die nach oben hin zunehmen, sorgen dabei für verschiedene Rhythmen.

Schatulle und Fossil

Die Fenster der Individualräume sind mit Läden versehen, mit denen sich der Baukörper verschließen lässt – durch die ähnliche Farbgebung der Holzelemente und der Sichtbetonfassade kann dadurch aus manchen Blickwinkeln der Eindruck einer Schatulle entstehen, die wirkt, als könnten Einflüsse von außen komplett abgewehrt werden. Für die Jugendlichen in oft nicht ganz einfachen Situationen könnte das ein willkommenes Element der Selbstbestimmung sein. 

Während die Wohnhäuser aus der Ferne an traditionelle Gebäude auf dem Land mit Steinsockel und Holzaufbau erinnern, zeigen sie sich aus der Nähe als raffinierte Sichtbetonbauten. Sie verbinden damit die heutige urbane Lebenswelt mit dem ruhigen und oft noch traditionell geprägten Leben im ländlichen Raum. Lacroix Chessex Architectes vergleichen die Erscheinung des Hauses zudem mit dem eines Fossils – und tatsächlich ist die Prozedur des Schalens und Gießens ja in gewisser Weise dem gleichen Prinzip verpflichtet wie das der Versteinerung. -chi

Bautafel

Architektur: Lacroix Chessex Architectes, Genf
Projektbeteiligte: Thomas Jundt Ingénieurs Civils (Tragwerksplanung); SRG Engineering (Elektroplanung); Weinmann Energies (Gebäudetechnik); Schumacher Ingénierie (Sanitärplanung); Effin’Art (Bauphysik);  AcouConsult sàrl (Akustik); Ecoservices (Sicherheit); JC Wasser (Vermessung)
Bauherr/in: Fondation Astural
Standort: 100 route de Chevrens, 1247 Anières, Schweiz
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: Lacroix Chessex Architectes, Genf / Olivier di Giambattista

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