Casa Bendico auf Sizilien
Handwerklicher Betonguss für ein Ferienhaus
Olivenhaine, Mandelbäume und Zitronenbäume so weit das Auge reicht. In der locker bewaldeten, hügeligen Landschaft im Südosten Siziliens liegt still die Casa Bendico, ein schlichtes Ferienhaus-Ensemble mit Meerblick. Doch das idyllische Bild trügt: Die seismisch aktive Region und die hohen Temperaturen im Sommer stellten die Planer*innen des Pariser Architekturbüros Gaëtan Le Penhuel vor Herausforderungen.
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Die historische Verwaltungseinheit Val di Noto ist eine landwirtschaftlich geprägte Region. Mittlerweile sind Temperaturen von über 40 Grad Celsius in den Sommermonaten keine Seltenheit mehr. Die Trockenheit führt zu einem erhöhten Brandrisiko, zusätzlich zur Erdbebengefahr. Zur Vorsicht gelten hier besondere Baubestimmungen: So müssen die Grundstücke in dieser Region mindestens einen Hektar groß sein und Gebäude dürfen nicht mehr als ein Geschoss aufweisen. Der sensible Umgang mit den ökologischen Gegebenheiten und eine sorgfältige Materialwahl, um für Sicherheit, Komfort und Kühlung zu sorgen, spielten eine entscheidende Rolle bei der Planung des Ferienhauses.
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Fließender Übergang zwischen Innen- und Außenraum
Zu der weitläufigen Anlage zählen ein eingeschossiges Haupthaus, ein kleinerer um 90 Grad gedrehter Nebenbau, überdachte Pkw-Stellplätze und ein weiter südlich in den Hügeln liegender Poolbereich. Gesäumt von vielen Bäumen erschließt eine sandige Zufahrt beide Gebäude. In das Haupthaus gelangt man über einen ummauerten Hof, in dem sich Schatten spendende Bäume und die Außenküche befinden. Ein großzügig geschnittener Raum bildet den Hauptaufenthaltsort des Ferienhauses: Hier liegen der offene Wohn- und Essbereich, daran angrenzend drei Schlafzimmer und Nebenräume.
Die nach Südosten ausgerichtete, sich längs der Fassade erstreckende Terrasse schützt die großen Tür- und Fensterformate in den Schlaf- und im Wohnzimmern. Durch ihre Tiefe und Breite wird sie zu einer natürlichen Erweiterung der Innenräume. Die zwei Bäder sind nach Westen ausgerichtet und von einem weiteren Außenbereich umschlossen. Hier findet eine Außendusche Platz. Ein Stück abseits des Hauptgebäudes befindet sich das Nebenhaus, das je nach Bedarf für Gäste oder zum Arbeiten genutzt werden kann. Auch hier erweitert eine Pergola den Innenraum.
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Regionale Materialien und lokale Handwerkskunst
Beim Entwerfen ließen sich die Architekt*innen von den ortstypischen, mit Zementputz verkleideten Bauernhöfen inspirieren. Die monolithische Gebäudekubatur wird durch zweischalige Betonwände und ein ebenfalls zweischalig hergestelltes Betondach erzeugt. Rote und braune Puzzolane des nahen Ätnas geben Beton und Estrich ihre Färbung, sodass sie scheinbar mit der Landschaft verschmelzen. Holzverkleidungen aus Eiche für die Einbauschränke und die Küche, doppelte Schiebelamellen vor den großformatigen Glasflächen, sowie massiver unbehandelter Travertin aus der Nähe von Rom für die Innen- und Außenmöbel ergänzen die Betonstruktur.
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Die horizontale Schichtung des Betons wurde durch die von lokalen Handwerker*innen gefertigte Schalung erzeugt. Dafür kamen zehn Zentimeter breite Schalbretter zum Einsatz – die Schichtung ist sowohl im Innen- als auch im Außenraum gestaltprägend. Während die Außenhaut dem rauen Klima ausgesetzt ist, kann im Inneren eine nahezu konstante Temperatur aufrechterhalten werden.
Ein thermisches System aus Belüftungshohlräumen und einem zwei Meter tiefen gusseisernen Rohr verteilt die Kälte aus dem Erdreich in den Räumen des Ferienhauses und sorgt für eine sanfte Belüftung. Deckenventilatoren in den Schlafzimmern bringen zusätzlichen Komfort. Diese Bauart sorgt so neben der seismischen Stabilität auch für ein ganzjährig angenehmes Raumklima. In kühleren Jahreszeiten geben ein Kamin und die Fußbodenheizung Wärme ab. Das Warmwasser wird durch Sonnenkollektoren und der Strom durch Photovoltaikanlagen erzeugt.
Bautafel
Architektur: Gaëtan Le Penhuel Architectes, Paris
Projektbeteiligte: Albert et Compagnie, Paris (Umwelt- und technische Studien); 18 Lab, Syrakus (Projektleiter Ausführung); Giorgio Linguanti, Modica (Tragwerksplanung)
Bauherr*in: privat
Standort: Via Gioi, 96017 Noto, Italien
Fertigstellung: 2024
Bildnachweis: Sergio Grazia (Fotos); Gaëtan Le Penhuel Architekten, Paris (Pläne)