Haus Fügener bei Leipzig

Die Ästhetik des Stahlgerüstes

Die sichtbare Tragstruktur aus Stahl für ein privates Wohnhaus südlich von Leipzig ähnelt einem Gerüst. Temporär ist die Konstruktion jedoch nicht – das filigrane, pavillonartige Gebäude, mit dem der Architekt Peter Grundmann das Seeufer bebaute, scheint beinahe über dem Wasser zu schweben. Der Ort ist außergewöhnlich, auch aufgrund seiner Entstehungsgeschichte. 27 Abbaugebiete aus der Zeit des Braunkohlebergbaus gab es allein in Sachsen; davon sind noch drei aktiv. Die übrigen hinterließen enorme Brachflächen, nachdem zuvor rund 260 Ortschaften dem Bergbau zum Opfer gefallen waren. Die ungenutzten Abbauhohlformen (so werden die ehemaligen Gruben genannt) füllten sich größtenteils mit Grundwasser und wurden zusätzlich mit Regen- oder Flusswasser geflutet. Auf diese Weise entstanden Seenlandschaften, die noch einen langwierigen Renaturierungsprozess vor sich haben.

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Zweigeteilte Struktur auf langem, schmalen Baugrund

Ein Beispiel inmitten des sogenannten Neuseenlands bildet der Hainer See, mit seinen 600 Hektar einer der größeren Seen und Industrierelikte. Dass eine Uferbebauung mit Wohn- und Ferienhäusern überhaupt möglich ist, ist außergewöhnlich. Die Parzellen setzen sich einheitlich aus 18 Meter tiefen Uferstreifen sowie der gleichen Länge über Wasser zusammen. Somit sind 36 Meter tiefe Parzellen ausgewiesen, die in der Breite variieren können. Eines der kleinsten Baufelder im Ort Kahnsdorf ist zehn Meter breit und bildet das Grundstück für Haus Fügener. Das private Wohnhaus mit insgesamt 130 Quadratmetern Fläche hat Architekt Peter Grundmann in zwei Gebäudeteile gesplittet. Um möglichst wenig Fläche zu besetzen, ist das Vorderhaus so nah wie möglich an die Straße gerückt, während das Hinterhaus so tief wie möglich in den See gebaut wurde. Die freie Fläche dazwischen überspannt eine elf Meter lange Gebäudebrücke.

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Zur Straße nimmt das Gebäude die gesamte Breite ein und schließt an die Nachbarbebauung an. Auf dieser Seite wirkt der Bau verschlossen, während er sich zum See hin offen präsentiert. Dort stapeln sich insgesamt drei Geschosse – aufgrund des abfallenden Geländes zwei Geschosse mehr als vorne – auf einer Plattform, die an einen Bootssteg denken lässt. Das Seehaus ist an drei Seiten verglast und mit umlaufenden Terrassen oder Balkonen versehen. Dieser nur fünf Meter breite, hintere Gebäudeteil ist flankiert durch die Uferbepflanzung. Eine Wohnküche, ein Schlafraum mit Bad und WC sowie ein Atelier verteilen sich auf die drei Ebenen. Im nur fünf Meter tiefen Vorderhaus wiederum sind ein Gäste- oder Arbeitszimmer, eine Werkstatt, die Technikzentrale samt Luftwärmepumpe sowie ein Duschbad mit WC untergebracht. Die Werkstatt lässt sich durch eine Falttür komplett zur Straße hin öffnen. Auf dem Flachdach befindet sich eine PV-Anlage, die den Energiebedarf des Hauses deckt beziehungsweise einen Batteriespeicher speist.

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Stahlkonstruktion gemäß Statik unterschiedlich profiliert

Konstruktion und Fassade gehen bei dem Bauwerk eine symbiotische Einheit ein. Die Stahlstützen und -streben entsprechen exakt den statischen Belastungen, sodass sich die Konstruktion aus diversen Profilgrößen zusammensetzt. Die Brücke beispielsweise weist 22 verschiedene Rohrdurchmesser auf. Der Charme des Gebäudes entsteht aus ebendieser scheinbar chaotischen Anordnung sowie der sichtbaren Funktion der Tragelemente. Nicht nur die Konstruktion liegt offen, auch die Anschlüsse, Übergänge und Materialfügungen sowie die Haustechnik sind zur Schau gestellt.

Materialmix als funktionale Komposition

Die Stahlkonstruktion ist vor Ort geschweißt worden. Die Brücke wurde in zwei Teilen vorgefertigt angeliefert, auf der Straße vor dem Haus zusammengeschweißt und anschließend per Kran zwischen den Gebäudeteilen positioniert. Ein bunter Materialmix gesellt sich dazu: Betonfertigteile für die seitlichen Brandwände des Vorderhauses sowie die nördliche Außenwand des Hinterhauses. Dessen Dach- und Geschossdecken sind offene Holzbalkenkonstruktionen, während die Glasfassaden aus dreifach verglasten VSG-Scheiben mit einem U-Wert von 0,5 W/(m2K) zusammengesetzt sind. Die Inszenierung der Stahlkonstruktion erfolgt speziell im Fall der Gebäudebrücke durch eine Bekleidung mit transluzenten Polycarbonatplatten.

Bautafel

Architektur: Peter Grundmann Architekten, Berlin
Projektbeteiligte: Gerald Senckpiel, Wismar (Tragwerksplanung)
Bauherr*in: privat
Standort: 04575 Kahnsdorf
Fertigstellung: 2022
Bildnachweis: Peter Grundmann

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Materialien

Kunststoffe

Für Fassadenbekleidungen und -ausfachungen werden Kunststoffe wie Acrylglas, Polycarbonat (PC), Polyvinylchlorid (PVC), Polyethylenterephthalat (PET-A), und Ethylen-Tetrafluorethylen (ETFE) eingesetzt.

Sichtbetonoberflächen lassen sich im Herstellungsprozess oder auch nach dem Ausschalen gestalten.

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Oberflächen

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Materialien

Stahl, Edelstahl, Cortenstahl

Weil Stahl über ein hohes Elastizitätsmodul verfügt, ermöglicht seine Verwendung weit gespannte Fassadenkonstruktionen mit schlanken Profilen.

vgwort
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