Mole House in London
Instandsetzung einer untertunnelten Ruine
Lange stand das dreistöckige kubistische Gebäude leer, nachdem man den Vorbesitzer, den sogenannten Mole Man („Maulwurfsmann”), zwangsenteignet hatte. 40 Jahre lang hatte er das Haus im Londoner Stadtteil Hackney alleine bewohnt und ein weitverzweigtes Tunnelsystem darunter angelegt. Nicht nur die Statik des Mole House selbst, sondern auch die der umliegenden Gebäude war dadurch stark bedroht. Als vorbeugende Maßnahme ließen die lokalen Baubehörden alle Gänge mit Leichtbeton verfüllen. Die Künstlerin Sue Webster wurde auf das baufällige Haus aufmerksam und beauftragte David Adjaye und sein Büro Adjaye Associates mit dessen Instandsetzung. Sie sah in dem Objekt die Möglichkeit, ihre langgehegte Wunschvorstellung vom Wohnen und Arbeiten unter einem Dach zu realisieren.
Gallerie
Freilegung und Stärkung des Untergeschosses
Zu Beginn galt es, rund 2.000 Tonnen Leichtbeton, die die Stadt London zur Standsicherung in die Tunnel eingebracht hatte, und eine enorme Schuttmenge vom Grundstück zu entfernen. Das Untergeschoss wurde freigelegt, das Fundament verstärkt: Auf dieser Ebene befindet sich das Atelier der Künstlerin, mit teils doppelter Raumhöhe. Ein neuer Zugang durch faltbare Aluminium-Glaselemente erschließt eine bereits bestehende Terrasse, welche saniert wurde.
Noch vorhandener Außenputz blieb erhalten, ebenso die alte Gartenmauer, die lediglich eine Ausbesserung erfuhr. An der Südseite liegen die Mauerziegel komplett frei. Wo es notwendig war, wurden die löchrigen Außenwände mit teils vom Grundstück, teils von Abbruchhäusern stammenden Ziegeln gefüllt.
Neues aus Sichtbeton
Horizontal wird das Haus durch ein Betonband eingefasst. Fehlende Erkerfenster darunter wurden aus Beton nachempfunden und sind von patinierter Bronze gerahmt. Die Architekten entkernten das Mole House. Neue, kreuzförmig angeordnete Sichtbetonwände tragen die gleichfalls neuen Geschossdecken. Vormals hatte das Gebäude ein Satteldach, welches allerdings einem Brand zum Opfer fiel. Passend zur klaren Kubatur wurde der obere Abschluss daher mit einem Flachdach ausgeführt.
Das Erdgeschoss dient nur als Eingangsebene mit Treppe – der übrige Teil gehört als Luftraum zum Atelier. Im ersten Obergeschoss richtet sich ein großer Wohnraum mit Küche gen Osten. Im zweiten Obergeschoss befindet sich, dem Schlafzimmer vorgelagert ein Arbeitsplatz. Dieser erhält reichlich Tageslicht durch ein großes, motorisch betriebenes Dachfenster, welches sich zum Lüften öffnen lässt.
Flachdach mit Dachfenster und Kunststoffabdichtung
Das
Gebäude ließe sich jederzeit um ein Geschoss aufstocken. Der Aufbau
des Flachdachs ist folgendermaßen: Auf die 15 cm starke
Stahlbetondecke wurde auf Lattung eine Sperrholzplatte (18 mm)
aufgebracht. Darauf liegt eine 14 cm dicke Wärmedämmung aus
PIR mit
unterseitig aufkaschierter Dampfsperre. Oberseitig ist die
Wärmedämmung mittels 18 mm starker OSB-Platte von der Abdichtung
getrennt. Die Abdichtung besteht aus einer rückseitig
glasfaserverstärkten Kunststoffbahn.
Zu den Merkmalen von Kunststoffdachbahnen gehören eine hohe Zähigkeit und Steifigkeit, Zugfestigkeit und Bruchdehnung. Zudem sind sie beständig gegen eine Vielzahl aggressiver Stoffe. Im Vergleich zu Bitumenbahnen lassen sich Kunststoffbahnen wesentlich leichter verarbeiten; allerdings ist eine besondere Sorgfalt erforderlich. Erhältlich sind Kunststoffdachbahnen in Stärken von 1,2 - 3,0 mm; es gilt: Je dicker, desto länger die Lebensdauer. Sie sind allen möglichen Witterungseinflüssen ausgesetzt und müssen u.a. widerstandsfähig gegenüber Hitze und Kälte sein.
Die Attika, eine Mauerkrone aus Ziegel, wird eingefasst von einer Abdeckung aus Aluminiumblech. Das große, im Dach eingelassene Oberlicht ist dreifachverglast und von einem Aluminiumrahmen gefasst.
Bautafel
Architektur: Adjaye Associates, New York
Projektbeteiligte: Alcock Lees Partnership, Norwich (Tragwerksplanung); Parry Page, Faversham (Technische Gebäudeausrüstung); Energist, Cirencester (Bauphysik)
Bauherr/in: Sue Webster
Fertigstellung: 2021
Standort: 121 Mortimer Road, London, Stadtteil Hackney
Bildnachweis: Ed Reeve
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