Spolien
Phänomene der Wiederverwendung in der Architektur
Jovis Verlag, Berlin 2020
240 Seiten, 150 Abbildungen
Hardcover 19,5 x 24 cm und E-Book
Preis: 42 EUR (Print oder E-Book)
ISBN 978-3-86859-651-9 (Print); 978-3-86859-944-2 (E-Book)
Spätestens mit Beginn der Klimastreiks sind Umbau und Wiederverwendung wieder attraktiv geworden – um Ressourcen zu schonen, aber auch, um vom eigenen Nachhaltigkeitsanspruch zu künden. Mit Vorhandenem zu bauen und das zur Schau zu stellen, ist natürlich keine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Das weiß auch Hans-Rudolf Meier, der sich dem Phänomen im Buch Spolien widmet. Der Architekturhistoriker war Mitglied einer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschungsgruppe zum Thema Medien und Mimesis. In deren Teilprojekt Praktiken der Ähnlichkeitserzeugung in der neueren Architektur untersuchte Meier die Praxis der Spolienverwendung. Auf den so gewonnenen Erkenntnissen basiert das vorliegende Buch.
Bei Spolien, so der Autor, geht es nicht nur um das wiederverwendete Bauteil an sich, sondern auch um die mit ihm verbundenen besonderen Gestaltungs- und Bedeutungsabsichten. Meiers Untersuchungsgebiet konzentriert sich auf das Rom der Spätantike bzw. auf Europa, mit vereinzelt globalen, transkulturellen Bezügen. Dabei arbeitet er sich nicht chronologisch durch die Epochen, sondern geht themenbezogen vor: Seine Darstellungen sind nicht nach zeitlicher Abfolge geordnet: Nacheinander behandelt er Zuschreibungen, als Spolien bevorzugte Bauteile, Ortsverbindungen sowie Bau- und Entwurfspraktiken. Zu jedem Thema zeigen Aufnahmen gebauter Beispiele (meist in Deutschland und Italien) die gestalterischen Optionen, während Meier die programmatischen Intentionen der Spolienverwendung erläutert. Besonders zugänglich sind seine Texte dort, wo er die Antike verlässt, um Brücken in spätere Epochen und in die Gegenwart zu schlagen.
Beim Lesen wird deutlich, dass Spolien bis heute zugleich Ausdruck von Wertschätzung, Machtgefälle und gewaltvoller Aneignung sind. Beim aktuell immer systematischer und umfangreicher werdenden Sammeln und Wiederverwenden von Abbruchmaterialien aller Art stehen verstärkt Baustoffqualitäten im Vordergrund. Nichtsdestotrotz lassen sich etwa gebrauchte Fenster als gut sichtbare Symbole einer nachhaltigeren Baupraxis verstehen. So etwa beim EU-Ratsgebäude, das 2019 von Greenpeace-Aktivist*innen erklommen wurde, um die Diskrepanz zwischen Außendarstellung und politischem Programm anzuklagen. Mit diesem Ereignis beginnt Meier seinen Prolog und macht damit deutlich, dass Spolien mehr sind als schöne Souvenirs.
Fachwissen zum Thema
Surftipps
Baunetz Wissen Fassade sponsored by:
MHZ Hachtel GmbH & Co. KG
Kontakt 0711 / 9751-0 | info@mhz.de