Restaurant Okyu in Stuttgart

Schalten ohne Schalter

Atmosphäre und Stimmung in Restaurants hängen maßgeblich von der Beleuchtung ab. Sie kann – stilistisch abgestimmt – das Konzept unterstreichen, Akzente setzen und Besucher*innen lenken. Ein gelungenes Beispiel findet sich in der Stuttgarter Calwer-Passage: Im Gastraum des Ōkyū verschmelzen farbenfrohes Interior-Design, eine ausgeklügelte Lichtplanung und japan-typische Speisen zu einem stimmungsvollen Gesamterlebnis.

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Tee-Zeremonie oder Restaurantbesuch?

Ōkyū ist japanisch und bedeutet übersetzt königlicher Palast; der Restaurantname war bereits vor Planungsbeginn gesetzt. Darauf bauten die Innenarchitekt*innen von Studio Komo auf und ließen sich beim Entwurf von traditioneller japanischer Tempelarchitektur und Kultur inspirieren. Der Einfluss lässt sich an verschiedenen Stellen im teilweise fünf Meter hohen Gastraum finden: Die freiliegende Deckenkonstruktion aus Beton erzeugt samt sichtbarer Installationen und schwarzer Verkleidung ein vielschichtiges Bild, das an komplexe japanische Holzdachkonstruktionen erinnert. Thekenbereich und Waschraum der Toiletten inszenieren traditionelle japanische Leinenvorhänge, sogenannte Noren.

Der zentrale Raum des Lokals bietet mit aufgereihten Tischen Platz für rund vierzig Personen. Eingestellte Trennwände bilden zusätzlich verschiedene, geschützte Sitzecken aus. So können Gäste im hinteren Bereich in einer kleinen, um drei Stufen erhöhten Nische ihr Essen Japan-typisch auf dem Boden sitzend genießen. Die Deckenbeleuchtung der Nische erzeugt gedimmtes, rötliches Licht und birgt im Lampenschirm eines von vielen versteckten Haikus – japanische Kurzgedichte mit maximal 17 Silben. Die abgerundeten Sitzecken in den Erkern der Passagenfassade schaffen mehr Privatsphäre beim Essen und bewahren gleichzeitig das offene Raumgefühl.

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Kontrastreiche Innengestaltung

Auch bei der Materialkomposition ließen sich die Planungsbeteiligten vom fernöstlichen Land inspirieren: Dunkelgrüner Terrazzo und grün glasierte Keramikfliesen kontrastieren mit schwarzen Einbauten, Decken und Bodenbelägen, dem hellgrünen Bouclé-Stoff einiger Polstermöbel und – Blickfang des Restaurants – den Formsteinwänden in kräftigem Rot. Eigens für diese Bauaufgabe wurden Hohlblocksteine glasiert und vor rot-verspiegelte Wände montiert. Dadurch ergeben sich spannende Spiegelungen und ein Infinity-Effekt, der den Raum größer wirken lässt. Ein wiederkehrendes Motiv ist außerdem der Kreis: Er taucht in Form von Öffnungen, etwa im Durchgang zu den Sanitärräumen, als rote Markierung auf den Tischen, als Kissen in der Sitznische sowie in Form der drei Spiegel im Waschraum der Toilette auf. Eine kreisrunde, rote Wandleuchte setzt am Ende des Raums einen markanten Akzent und betont den axialen Aufbau des Grundrisses. 

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Schalten ohne Schalter

Das Beleuchtungskonzept von Schatz+Lichtdesign setzt die Innenausstattung geschickt in Szene. Neben den Lichtschienen, die die Tische in der Mitte des Raums erhellen, sorgt die indirekte Beleuchtung – etwa in der Umrandung der Sitznischen, vertikal entlang der Sichtbetonstützen oder zwischen den hängenden Noren – für eine behagliche und geruhsame Atmosphäre. Die Formsteinwände werden durch warmes Licht akzentuiert, der Bereich um den Eingang herum durch Textilleuchten in unterschiedlichen Höhen und Größen.

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Lichtschalter sucht man dabei im Gastraum des Ōkyū vergebens; stattdessen können dank des KNX-Systems per App je nach Tageszeit verschiedene vorprogrammierte Lichtszenen ausgewählt werden. Die Anbindung der Beleuchtung in das KNX-System erfolgt über ein DALI-Gateway, die Steuerung über ein Touchdisplay im Thekenbereich. Darüber hinaus können einzelne Elemente der Gebäudetechnik wie Lüftung oder Klimaanlage bedient werden. Präsenzmelder erfassen in einigen Bereichen die Anwesenheit von Personen und schalten das Licht bedarfsorientiert. -si

Bautafel

Innenarchitektur: Studio Komo, Stuttgart
Projektbeteiligte: Schatz+Lichtdesign, Stuttgart (Lichtplanung); ElektroService Kunst, Neckarsulm (Elektoinstallation); Jung, Schalksmühle (KNX-System)
Bauherr*in: Okyu, Stuttgart
Fertigstellung: 2022
Bildnachweis: Philip Kottlorz Fotografie

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