Balkone und Gebäudeabschlusswände

Zulässigkeit und gesetzliche Vorgaben

Die Planung von Balkonen, die an Gebäudeabschlusswände (Brandwände) anschließen, erzeugt oft Unsicherheit hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit des Brandschutzes. Was ist zulässig? Können Balkone unmittelbar an Brandwände anschließen und ist mit einem Brandüberschlag zu rechnen? Sind Balkone Vorbauten im Sinne des § 6 Abs. 6 der Musterbauordnung (MBO)? Nachfolgend finden Sie unterschiedlichen komplexen Vorgaben zu diesem Thema, erläutert anhand der MBO und der Berliner bzw. Brandenburgischen Bauordnung.

Gallerie

Musterbauordnung (MBO)
Die in § 6 (6) der MBO genannten „vor die Außenwand vortretende Bauteile“ schließen Balkone mit ein. Die Vorbauten bleiben bei der Bemessung der Abstandsflächen außer Betracht, wenn sie insgesamt nicht mehr als ein Drittel der Breite der jeweiligen Außenwand in Anspruch nehmen, nicht mehr als 1,50 m vor diese Außenwand vortreten und mindestens 2,00 m von der gegenüberliegenden Nachbargrenze entfernt bleiben. Ebenso bleiben bei Gebäuden an der Grundstücksgrenze die Seitenwände von Vorbauten bei der Bemessung der Abstandsflächen unberücksichtigt. Seitliche Wände von Vorbauten benötigen nach § 30 (10) MBO keine Gebäudeabschlusswände (Brandwände), „wenn sie von dem Nachbargebäude oder der Nachbargrenze einen Abstand einhalten, der ihrer eigenen Ausladung entspricht, mindestens jedoch 1,00 m beträgt.“ Dagegen sind Balkone nach MBO auch direkt an der Grundstücksgrenze zum Nachbarn ohne Gebäudeabschlusswand möglich.

Bauordnung für Berlin (BauO Bln)
Gemäß der Entscheidungshilfen der Berliner Bauaufsicht sind Balkone Vorbauten, für die nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO Bln ein „Privileg“ definiert ist. Nimmt die Breite des Balkons nicht mehr als ein Drittel der Breite der Außenwand in Anspruch und tritt der Balkon nicht mehr als 1,50 m vor die Außenwand, bleibt die Abstandsfläche des Balkons unberücksichtigt. In diesem Fall kann der Balkon direkt an der seitlichen Grundstücksgrenze beginnen. Müssen für Balkone jedoch Abstandsflächen ermittelt werden, so gilt dies auch für deren Schmalseiten. Von der gegenüberliegenden Nachbargrenze müssen Vorbauten generell mindestens 3,00 m entfernt sein. § 30 Abs. 10 BauO Bln enthält analog zur MBO hinsichtlich der Brandschutzanforderungen an die seitlichen Wände dieser Vorbauten Regelungen, sodass diese nicht als Gebäudeabschlusswände ausgebildet werden müssen. Voraussetzung hierfür ist, dass die seitlichen Wände dieser Vorbauten zu Nachbargebäuden oder der Nachbargrenze einen Abstand einhalten, der ihrer eigenen Ausladung entspricht und mindestens 1,00 m beträgt. „Daraus folgt im Umkehrschluss, dass seitliche Wände von Vorbauten, die die Bedingungen des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO Bln und die des § 30 Abs. 10 BauO Bln nicht einhalten, als Brandwand bzw. Gebäudeabschlusswand herzustellen sind. Die Brandschutzanforderung des § 30 Abs. 10 BauO Bln gilt nicht für den Vorbau „Balkon“, da Balkone keine seitlichen Wände besitzen.“ (Entscheidungshilfen der Berliner Bauaufsicht: § 6  BauOBln – Abstandsflächen für Balkone (Nr. 287), § 30 Abs. 10 BauOBln – Brandschutzanforderungen an Vorbauten; Stand 04/2013)

Brandenburgische Bauordnung (BbgBO)
In der Brandenburgischen Bauordnung werden Balkone als „untergeordnete Vorbauten“ eingestuft. Gemäß § 6 (7) BbgBO werden die Abstandsflächen bei Balkonen, die nicht mehr als 5,00 m breit sind und nicht mehr als 2,00 m hervortreten, nicht berücksichtigt. Balkone innerhalb der zuvor genannten Abmessungen können folglich ohne Gebäudeabschlusswand und direkt an der Grenze zum Nachbarn errichtet werden.

Brandgefährdung durch Balkone
Die Brandgefährdung durch einen Balkon (z. B. durch Grillen, brennbare Möbel etc.) ist vergleichbar mit der einer Garten- oder Dachterrasse. Die Forderung nach einer Brandwand zum Nachbarn bei einer Gartenterrasse, selbst mit einer Tiefe von über 1,50 m, ist nicht notwendig, da die MBO für diesen Fall keine Anforderungen erhebt. Ähnliches gilt für eine Dachterrasse. Die maximale Anforderung ist hier, dass die Brandwand „0,30 m über die Bedachung zu führen“ (§ 30 Abs. 5 MBO) ist, also 0,30 m über die Oberkante der Terrasse. Auf die Lagerung von Brandlasten auf Balkonen wird kein Bezug genommen.

Fazit: Bei der Planung von Balkonen an Gebäudeabschlusswänden sind stets die entsprechende Landesbauordnung und ggf. die dazugehörigen Nebenbestimmungen zu beachten. Werden Balkone über Brandwände hinweggeführt, müssen sie grundsätzlich aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen (siehe auch Abb. 4).

Fachwissen zum Thema

Brandwand als Gebäudeabschlusswand in Verbindung mit der Brandwand zum Nachbarn

Brandwand als Gebäudeabschlusswand in Verbindung mit der Brandwand zum Nachbarn

Baustoffe/​Bauteile

Außenwandbekleidungen im Bereich der Brandwand

Nach Musterbauordnung (MBO) § 30 müssen Brandwände als raumabschließende Bauteile zum Abschluss von Gebäuden bzw. nach 40,00 m im...

Grundlagen

Bauordnungen für Standardbauten

Ausschlaggebend für die Brandschutzanforderungen an bauliche Anlagen wie Gebäude ist an oberster Stelle die Bauordnung des Bundeslandes, in dem sie errichtet werden.

Kalksandsteine entsprechen der Baustoffklasse A1.

Kalksandsteine entsprechen der Baustoffklasse A1.

Baustoffe/​Bauteile

Brandverhalten: Baustoffe nach deutscher Klassifizierung

Bauprodukte müssen entsprechend den Vorgaben der Bauordnungen zum vorbeugenden baulichen Brandschutz gewählt und verwendet werden.

Baustoffe/​Bauteile

Brandverhalten: Baustoffe nach europäischer Klassifizierung

Als Bewertungsmaßstab für das Brandverhalten von Baustoffen auf europäischer Ebene dient ein Klassifizierungssystem, das im Jahre...

Öffnungen in Dächern müssen so angeordnet sein, dass ein Brand nicht auf andere Gebäude oder Gebäudeteile übertragen werden kann

Öffnungen in Dächern müssen so angeordnet sein, dass ein Brand nicht auf andere Gebäude oder Gebäudeteile übertragen werden kann

Baustoffe/​Bauteile

Brandwände I

Wann und wo sind Brandwände erforderlich, welche zusätzlichen Anforderungen sind zur Verhinderung des Brandüberschlags zu beachten?

Kontakt Redaktion Baunetz Wissen: wissen@baunetz.de
Baunetz Wissen Brandschutz sponsored by:
Telenot Electronic GmbH, Aalen
www.telenot.com
Zum Seitenanfang

Brandverhalten: Baustoffe nach deutscher Klassifizierung

Kalksandsteine entsprechen der Baustoffklasse A1.

Kalksandsteine entsprechen der Baustoffklasse A1.

Bauprodukte müssen entsprechend den Vorgaben der Bauordnungen zum vorbeugenden baulichen Brandschutz gewählt und verwendet werden.

Brandverhalten: Baustoffe nach europäischer Klassifizierung

Als Bewertungsmaßstab für das Brandverhalten von Baustoffen auf europäischer Ebene dient ein Klassifizierungssystem, das im Jahre...

Bauteile: Gliederung

Brandschutztechnisch können Bauteile in tragende, aussteifende (nicht raumabschließende) und raumabschließende Bauteile unterschieden werden.

Brandschutztechnisch können Bauteile in tragende, aussteifende (nicht raumabschließende) und raumabschließende Bauteile unterschieden werden.

Brandschutztechnisch können Bauteile in tragende, aussteifende (nicht raumabschließende) und raumabschließende Bauteile unterschieden werden.

Anforderungen an Bauteile

Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brands und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird.

Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brands und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird.

Die Bauordnungen unterscheiden zwischen feuerbeständigen (fb), hochfeuerhemmenden (hfh) und feuerhemmenden (fh) Bauteilen.

Raumabschließende Bauteile

Raumabschließende Bauteile sind Wände, Decken, Dächer, Türen, Verglasungen, Abschottungen u.ä., hier im Berliner Quartier „Mittenmang“, Architektur: Sauerbruch Hutton

Raumabschließende Bauteile sind Wände, Decken, Dächer, Türen, Verglasungen, Abschottungen u.ä., hier im Berliner Quartier „Mittenmang“, Architektur: Sauerbruch Hutton

Welche Arten des Raumabschlusses gibt es, welche Anforderungen gelten für diese in Bezug auf die Brandbeanspruchung?

Balkone und Gebäudeabschlusswände

Baulückenschließung in Berlin-Kreuzberg: Die Balkone treten kaum vor die Außenwand vor

Baulückenschließung in Berlin-Kreuzberg: Die Balkone treten kaum vor die Außenwand vor

Die Planung von Balkonen, die an Gebäudeabschlusswände (Brandwände) anschließen, erzeugt oft Unsicherheit hinsichtlich der...

Tragende und aussteifende Bauteile

Tragende und aussteifende Wände und Stützen müssen im Brandfall ausreichend lange standsicher sein (im Bild: U-Bhf in München).

Tragende und aussteifende Wände und Stützen müssen im Brandfall ausreichend lange standsicher sein (im Bild: U-Bhf in München).

Welche Regelwerke sind zur Bemessung tragender Wände und Stützen für den Brandfall maßgeblich und welche Berechnungsverfahren gibt es?

Wärmedämmverbundsysteme

Wärmedämmverbundsysteme

Wärmedämmverbundsysteme (WDVS, WDV-Systeme) werden eingesetzt, um den Wärmeverlust an Gebäuden gemäß DIN 4108 Wärmeschutz und...

Brandwände I

Öffnungen in Dächern müssen so angeordnet sein, dass ein Brand nicht auf andere Gebäude oder Gebäudeteile übertragen werden kann

Öffnungen in Dächern müssen so angeordnet sein, dass ein Brand nicht auf andere Gebäude oder Gebäudeteile übertragen werden kann

Wann und wo sind Brandwände erforderlich, welche zusätzlichen Anforderungen sind zur Verhinderung des Brandüberschlags zu beachten?

Brandwände II

Siebengeschossiger Holzbau in Berlin Prenzlauer Berg

Siebengeschossiger Holzbau in Berlin Prenzlauer Berg

Was ist bei der Ausführung von Fassaden mit Wärmedämmverbundsystem und solchen mit Holzbekleidung zu beachten, wann und in welcher Form sind Öffnungen in Brandwänden zulässig?

Brandwände III

In verschiedenen Musterverordnungen werden beim Einbau von Löschanlagen größere Brandabschnitte ohne Brandwände gestattet (z.B. Flächen bis zu 10.000 m² in der Muster-Verkaufsstättenverordnung).

In verschiedenen Musterverordnungen werden beim Einbau von Löschanlagen größere Brandabschnitte ohne Brandwände gestattet (z.B. Flächen bis zu 10.000 m² in der Muster-Verkaufsstättenverordnung).

Manchmal gibt es Alternativen zu Brandwänden. Einige Musterverordnungen erlauben beim Einbau von Löschanlagen größere Flächen ohne Brandwände - zum Beispiel Verkaufsstätten.

Außenwandbekleidungen im Bereich der Brandwand

Brandwand als Gebäudeabschlusswand in Verbindung mit der Brandwand zum Nachbarn

Brandwand als Gebäudeabschlusswand in Verbindung mit der Brandwand zum Nachbarn

Nach Musterbauordnung (MBO) § 30 müssen Brandwände als raumabschließende Bauteile zum Abschluss von Gebäuden bzw. nach 40,00 m im...

Trennwände

Trennwände verhindern die Brandausbreitung zwischen verschiedenen Nutzungseinheiten.

Trennwände verhindern die Brandausbreitung zwischen verschiedenen Nutzungseinheiten.

Welche Anforderungen gegen die Brandausbreitung gelten für Trennwände, was ist bei Öffnungen zu beachten?

Decken

Betondecken, wie z.B. in der Zollverein School of Management and Design in Essen, sind horizontale, raumabschließende Bauteile, die im Brandfall ausreichend lange standsicher sein müssen.

Betondecken, wie z.B. in der Zollverein School of Management and Design in Essen, sind horizontale, raumabschließende Bauteile, die im Brandfall ausreichend lange standsicher sein müssen.

Welche Anforderungen gelten für Decken in Bezug auf die Feuerwiderstandsfähigkeit und in welchen Fällen sind Öffnungen zulässig?

Durchführungen von Leitungen in bestehenden Holzbalkendecken

In Gebäuden, die bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet wurden, befinden sich überwiegend Holzbalkendecken.

In Gebäuden, die bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet wurden, befinden sich überwiegend Holzbalkendecken.

Über lange Zeit war Holz der am meisten verbreitete Baustoff für tragende und raumabschließende Bauteile. In Gebäuden der Gründerzeit befinden sich daher überwiegend Holzbalkendecken.

Dächer

Dachlandschaft des Museums der Kulturen in Basel: harte Bedachung aus keramischen Fliesen

Dachlandschaft des Museums der Kulturen in Basel: harte Bedachung aus keramischen Fliesen

Für die Ausführung von Dächern gegen Brandbeanspruchung existieren nationale und europäische Regelungen. Welche Vorgaben gelten für Gründächer und Lichtbänder?

Aufstockung im Bestand

Durch die Aufstockung eines Gebäudes kann der Bestandsschutz erlöschen, wenn dies einer wesentlichen Änderung der baulichen Anlage entspricht

Durch die Aufstockung eines Gebäudes kann der Bestandsschutz erlöschen, wenn dies einer wesentlichen Änderung der baulichen Anlage entspricht

Solange ein genehmigtes Gebäude unverändert besteht, genießt es im Planungsrecht Bestandsschutz. In der Berliner Bauordnung (BauO...

Brandschutz im Dachgeschossausbau

Dachausbau eines Gewerbehofes in Berlin-Kreuzberg

Dachausbau eines Gewerbehofes in Berlin-Kreuzberg

Gerade in Großstädten wie Berlin ist der Dachgeschossausbau ein wiederkehrendes Thema. Welche Schwerpunkte es während der...

Der Planungsservice von TELENOT…

… unterstützt Sie von Beginn an und erstellt nach Ihren Vorgaben ein richtlinienkonformes Planungskonzept für die elektronische Sicherheitstechnik.

Partner-Anzeige