Verwaltungsgebäude RAG in Essen
Zwischen Kultur- und Naturlandschaft
Die Zeche Zollverein in Essen ist heutzutage ein bedeutendes architektonisches und industrielles Denkmal. Seit 2001 in die Welterbeliste der UNESCO eingeschrieben, ist es ein Beispiel dafür wie industrielle Großanlagen nach Beendigung der Produktion rehabilitiert werden können.
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In diesem vom Strukturwandel geprägten Standort im Ruhrgebiet wurde nach Plänen des Aachener Büros Kadawittfeldarchitektur ein neues Verwaltungsgebäude errichtet. Es dient als gemeinsamer Sitz der RAG-Stiftung und der RAG Aktiengesellschaft (ehemals Ruhrkohle AG), die für sogenannte Ewigkeitsaufgaben in Folge des Steinkohlebergbaus zuständig sind. Bei den Ewigkeitsaufgaben handelt es sich um Bergbaufolgen, die für alle Zeit landschaftliche und wasserwirtschaftliche Maßnahmen erfordern. Dazu gehören im Wesentlichen: Heben und Einleiten von Grubenwasser, Reinigen und Überwachen des Grundwassers im Bereich ehemaliger bergbaulicher Betriebe, Management des Oberflächenwassers in bergbaubedingten Senkungsgebieten (Poldern). Entsprechend einem Masterplan von 2007 orientiert sich die Gestaltung des Neubaus am Bestand.
Der Verwaltungsbau mit zwei Stockwerken befindet sich am südwestlichen Ende des weitläufigen Grundstücks und gegenüber der langgestreckten ehemaligen Kokerei. Der L-förmige Grundriss vermittelt zwischen den baulichen Anlagen des Areals und einem angrenzenden Waldstück im Südwesten. Beide Schenkel des über Eck geführten Baukörpers verfügen über einen Patio. Nähert man sich von Osten oder Norden auf der Straße, leitet ein Vorplatz auf das flache Gebäude zu. Großzügige lange Fensterbänder nach beiden Seiten des Bauwerks inszenieren die Lage zwischen Kultur- und Naturlandschaft. Die Räume der Stiftung befinden sich im kürzeren westlichen Flügel des Gebäudes, die der Aktiengesellschaft im östlichen Flügel. Die Büroräume sind jeweils um die begrünten Innenhöfe angeordnet. Gläserne Wände trennen die Einzelbüros voneinander sowie vom Flurbereich.
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Gesunde, wiederverwertbare Materialien
Die Auswahl der Materialien und Bauteile erfolgte sowohl nach
gesundheitlichen und ökologischen Aspekten als auch nach ihrer
Kreislauffähigkeit. Das Verwaltungsgebäude ist eines der ersten
Bauwerke mit umfangreichen „Cradle to Cradle“-inspirierten
Maßnahmen in Deutschland. Materialien und Bauteile wurden nach
ihrer Kreislauffähigkeit ausgewählt, sodass das Bauwerk nach seiner
Lebensdauer seine Rohstoffqualitäten bewahrt und als
Ressourcendepot zur Verfügung steht. Die erdberührten Bauteile sind
größtenteils als wasserundurchlässiger Beton ohne zusätzliche
Abdichtung ausgeführt. Die Außenwände sind mit
Aluminiumblechen verkleidet, die Rahmenkonstruktion der Fenster
bestehen aus Aluminiumprofilen. Als Bodenbeläge wurden
feinstaubbindende, bitumenfreie und deshalb allergikerfreundliche
Teppichfliesen sowie im Erdgeschoss geräucherte Eichenparkett
verlegt, das sich durch seine Langlebigkeit auszeichnet.
Dachgarten als Naherholungsraum
Vom Vorplatz aus führt eine Treppenanlage zunächst auf eine gepflasterte Terrasse über einem Teilbereich des Erdgeschosses und darüber auf das intensiv begrünte Dach. Einem kleinen Park ähnlich, ist der Dachgarten mit Wegen durchzogen. Sogar die beiden Innenhöfe sind von einem Steg überspannt. Ansteigende Dachflächen an den Gebäudeecken erzeugen dort abgestufte Sitzbereiche und Ausblicke über das Areal.
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Das Gründach kompensiert die durch die Baumaßnahme versiegelte Grundfläche und bietet zugleich den Nutzer*innen hochwertige Freianlagen während der Pausen oder beim Arbeiten an der frischen Luft. Die variantenreiche Bepflanzung mit unter anderem Staudenpflanzen, kleinen Gehölzen und einem Kräuterbeet wirkt sich außerdem positiv auf Mikroklima und Biodiversität des Standortes aus. Der Einsatz von Geothermie, eine Photovoltaikpergola auf dem Dach und die Nutzung von Regenwasser für die Gründachbewässerung und WC-Spülung unterstreicht ebenso die ressourcenbewusste Planung. Und zu guter Letzt runden Fledermauskästen das gleichermaßen gesunde und nachhaltige Konzept des Neubaus ab.
Bautafel
Architektur: Kadawittfeldarchitektur, Aachen
Projektbeteiligte: Kölbl Kruse, Essen/ RAG Montan Immobilien, Essen (Projektentwicklung); Zechbau, Bremen / Essen (Generalübernehmer); DS Plan, Stuttgart (Generalfachplaner und Energiekonzept, DGNB- und C2C-Beratung); Greenbox, Köln (Landschaftsarchitekten); Kadawittfeldconsult, Aachen (Innenarchitektur); Ökotec Gruppe, Schwalmtal (Brandschutz); Combine Consulting, Essen / Halfmann Architekten, Köln (Projektsteuerung)
Bauherr*in: RAG-Stiftung, Essen
Standort: Im Welterbe 10, 45141 Essen
Fertigstellung: 2018
Bildnachweis: Jens Kirchner, Düsseldorf; Hans Blossey, Hamm; Nikolai Benner, Kassel; Andreas Horsky, Aachen
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