Studie zur Bewertung des sommerlichen Wärmeverhaltens
Sonnenschutz vor Klimaanlage
Lange Hitzeperioden und Temperaturrekorde machen es offensichtlich: Der Klimawandel erfordert konstruktive Maßnahmen im Neubau wie im Bestand, um der Überhitzung von Gebäuden entgegenzuwirken. Dafür sprechen die Ergebnisse der Studie zur integralen Bewertung des sommerlichen Wärmeverhaltens. Thermischer Komfort und energetische Performance. Das Ingenieurbüro Hauser (IBH) hat hunderttausende Raumsituationen simuliert und dabei untersucht, welcher Kühlbedarf bei steigenden Temperaturen entsteht und wie diesem Klimawandel begegnet werden kann.
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Durchgeführt wurde die Studie im Auftrag der Repräsentanz Transparente Gebäudehülle (RTG), die verschiedene Verbände und Unternehmen der Glas-, Fenster-, Fassaden-, Automations- und Sonnenschutz-Branche in Berlin vertritt. Im Fokus der Untersuchung stand die Frage, ob bzw. wie Gebäude in Deutschland bei fortschreitendem Klimawandel nutzbar bleiben. Weiterhin wurde untersucht, wie sich der Einsatz von Klimaanlagen mit ihrem großen Energieverbrauch begrenzen lässt. Im Fokus standen drei Aspekte, die die Raumtemperatur in Hitzephasen mitbestimmen: die Fenster- bzw. Glaseigenschaften, die Sonnenschutzeinrichtungen und die Nachtlüftung.
Im Ergebnis zeigt die Studie, dass es zahlreiche bauliche Lösungen für einen verbesserten sommerlichen Wärmeschutz gibt, die einzeln oder in Kombination angewendet werden können. Genannt werden Sonnenschutzglas sowie innen- und außenliegender Sonnenschutz an Fenstern und Glasflächen – mit oder ohne automatische Steuerung. Auch eine verstärkte Nachtlüftung, so das Resultat der ausgewerteten Daten, trägt zu einem angenehmeren Raumklima bei. Das Fazit lautet, dass durch diese Maßnahmen Klimaanlagen oft überflüssig sind. Nur in wenigen Fällen besteht Bedarf für eine ergänzende mechanische Kühlung trotz Sonnenschutz.
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Beispiel Potsdam
Als Referenzmodell für die Simulationen diente ein typisches kombiniertes Wohn- und Esszimmer mit 45 Quadratmetern Fläche in einem energieeffizienten Neubau (Eiffzienzhaus 55). Die nach Süden ausgerichtete Fensterfront macht 70 Prozent der Fassade aus. Als Standort wurde Potsdam angenommen, in der gemäßigten deutschen Klimaregion, wie sie in der DIN 4108-2: Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden - Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz definiert ist.
Bei Anwendung der aktuellen Klimadaten ergab die Simulation, dass dieser Raum mit dem bestmöglichen innenliegenden Sonnenschutz aktuell gerade noch bestehende normative Anforderungen erfüllt. Er bleibt insgesamt verträglich temperiert. Aktuell steigen die Temperaturen in Potsdam an mehr als 20 Tagen über 28° Celsius, die 30°-Marke wird nur selten überschritten. Weiter wurde Simulationsmodell mit Daten der Klimaprognose für 2045 des Deutschen Wetterdienstes gefüttert. Es zeigte sich, dass es in demselben Raum zukünftig zu einer starken und regelmäßigen Überhitzung während der der Sommermonate kommen wird.
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Sonnenschutz, Lüftung, Klimaanlage
Als Lösungsansatz wird aufgezeigt, dass ein außenliegender Sonnenschutz – etwa Rollläden oder Außenjalousien – die Überhitzung nahezu vollständig verhindern kann. Den Studienergebnissen zufolge ist ein automatisierter Sonnenschutz besonders effektiv, da er nicht auf die Anwesenheit von Menschen angewiesen ist. Als ergänzende Maßnahme wird eine konsequente Nacht-Lüftung empfohlen, die die Innentemperatur sehr effektiv senken kann. Die Kombination aus Lüftung und bestmöglichen innenliegendem Sonnenschutz sei bereits ausreichend, so die Schlussfolgerung der Verfasser*innen.
Das Temperaturbild verbesserte sich in der Simulation weiter bei der Kombination aus automatisiertem, außenliegendem Sonnenschutz und erhöhter Nachtlüftung. Dabei sind Rollladen, Jalousien und dunkle Außenmarkisen effektiver als helle Außenmarkisen. Ein solcher außenliegender Sonnenschutz ist laut Studie verglichen mit Klimaanlagen nicht nur deutlich ressourcenschonender, auch Energiebedarf und -kosten sinken deutlich. Werden Gebäude mit einem individuell abgestimmten Sonnenschutz ausgestattet bzw. nachgerüstet, lässt sich der Energiebedarf in den meisten Fällen mehr als halbieren.
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Empfehlungen an die Politik
Des Weiteren wird diagnostiziert, dass aktuell ein Großteil der Bestandsgebäude sowie der Neubauten nicht ausreichend auf die zunehmende Hitzeentwicklung vorbereitet ist. Als Grund werden fehlende bzw. veraltete bauliche Vorgaben angeführt, die nicht an den erwarteten Temperaturanstieg angepasst sind. Entsprechend endet die Auftragsstudie mit einigen Vorschläge für Politiker*innen: Gefordert wird eine zügige Überarbeitung der DIN 4108, da diese noch auf Klimadaten von 1988 bis 2007 beruht.
Des Weiteren wird angeraten, bei der nächsten Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) dem Sonnenschutz eine klare Priorität vor dem Einsatz von Klimaanlagen einzuräumen sowie in Fortschreibungen des Gesetzes energetische Anforderungsgrößen zu entwickeln, die die mithilfe von Sonnenschutzmaßnahmen eingesparte Kühlungsenergie berücksichtigen.
Die gesamte Studie sowie die darin enthaltenen Grafiken sind über die Webseite der Repräsentanz Transparente Gebäudehülle verfügbar (siehe Surftipps).
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