Dekarbonisierung

CO2-Emissionen verringern

Der Bausektor ist verantwortlich für rund 37 % aller globalen CO₂-Emissionen laut einem Bericht der UN aus dem Jahr 2022. Bei der Gewinnung und Produktion von Baumaterialien sowie bei dem Bau und Betrieb von Gebäuden gilt es mehr denn je, so wenig wie möglich Kohlenstoffdioxid freizusetzen. Der Begriff Dekarbonisierung bezeichnet diese Umstellung von Handlungen und Herstellungsprozessen mit dem Ziel, den CO₂-Ausstoß deutlich zu reduzieren. In der Bauindustrie lassen sich Kohlendioxid-Emissionen auf mehreren Ebenen und in unterschiedlichen Maßstäben senken. Die vier im Folgenden vorgestellten Maßnahmenbereiche sind dabei bloß eine Auswahl möglicher Strategien zur Dekarbonisierung der Baubranche:

Gallerie

Energiequellen

Eine naheliegende Strategie ist die Umstellung von fossilen Energiequellen wie Kohle, Erdgas oder Öl zu kohlenstoffarmen und erneuerbaren Energieträgern. Die Wahl der Energiequellen spielt in der Bauindustrie einerseits beim Betrieb von Gebäuden eine Rolle. Hier können verschiedene zeitgemäße Systeme zum Einsatz kommen, wie beispielsweise Solaranlagen, Erdreichsonden, Wärmepumpen oder Pelletheizungen. Andererseits ist die Art der Energiegewinnung auch zentral bei der Produktion von Baustoffen, da diese die bei der Herstellung entstehenden CO₂-Emissionen als graue Energie ins Gebäude einbringen.

Materialwahl

Während in den letzten Jahren die CO₂-Emissionen für das Beheizen von Gebäuden bereits deutlich gesenkt werden konnten, gibt es bei der Reduzierung der grauen Energie weniger Fortschritte zu verzeichnen. Die Wahl der Baustoffe spielt hierbei eine wichtige Rolle. Zement und Stahl gehören zu den Materialien, deren Herstellung und Weiterverarbeitung am schwierigsten dekarbonisiert werden können. Um den Ausstoß von Kohlendioxid zu verringern, ist es daher von Nutzen, CO₂-intensive Produkte wann immer möglich durch Materialien mit einer kleineren grauen Energie zu ersetzen. Manche Baustoffe ermöglichen eine längerfristige Speicherung von Kohlenstoff im Gebäude und tragen so dazu bei, klimapositive Bauten zu erstellen. Hierfür eignen sich besonders schnell wachsende Pflanzen wie Hanf und Stroh, die als Dämmmaterialien eingesetzt werden können. Auch die Entwicklung neuer Materialien kann zur Dekarbonisierung beitragen; so arbeiten Forscher*innen beispielsweise an der Entwicklung von Geopolymerbeton, der aus natürlich vorkommenden Zuschlagstoffen und alternativem Bindemittel besteht. Außerdem trägt die Nutzung lokal verfügbarer Baustoffe dazu bei, die durch den Transport entstehenden CO₂-Emissionen zu minimieren.

Gallerie

Kreislaufwirtschaft

Das Schließen von Materialkreisläufen ist eine weitere Strategie, um Energie und CO₂-Emissionen einzusparen. Im Bereich der Bauindustrie bedeutet dies vorauszudenken, wie Bauelemente nach dem Lebensende eines Gebäudes weiterverwendet werden können. Je weniger die Bauteile für die Wiederverwendung weiterverarbeitet werden müssen, desto höher ist das Dekarbonisierungspotenzial. Bauteilbörsen bieten hier die Möglichkeit, dass intakte Elemente in einem neuen Gebäude ein zweites Leben finden. Werden Abbruchmaterialien wiederum in der Zementproduktion eingesetzt, können auch bei Beton CO₂-Emissionen eingespart werden.

Gallerie


Entwurf und Städtebau

Bereits der Entwurf nimmt auf vielen Maßstäben Einfluss auf die letztendlichen Kohlendioxid-Emissionen eines Bauwerks. Mit passiven Designstrategien wie der Gebäudeorientierung, der Nutzbarmachung natürlicher Ventilation, das kontrollierte Einbringen von Sonneneinstrahlung mit integrierten Verschattungsmöglichkeiten sowie eine gute Gebäudeisolierung kann den Energieverbrauch maßgeblich verringern. Flexible Grundrisse ermöglichen die potenzielle Umnutzung eines Gebäudes, sodass diesem bei einer Nutzungsänderung nicht direkt der Abriss droht. Aber auch auf städtebaulicher Ebene haben Entwurfsentscheidungen einen Einfluss auf die Dekarbonisierung: Kurze Wege zu den wichtigsten Dienstleistungen und ein guter Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr können beispielsweise die CO₂-Emissionen von privaten Autofahrten vermindern. Architekt*innen können im besten Fall auch Menschen überzeugen, ihren Lebensstil anzupassen: Attraktive Entwürfe haben z. B. das Potenzial aufzeigen, dass kleinere Grundrisse, die in jeder Hinsicht Ressourcen und Emissionen einsparen, nicht mit einer Minderung an Wohnqualität einhergehen müssen. -sh

Fachwissen zum Thema

Das C2C-Prinzip bezeichnet einen idealisierten, geschlossenen Rohstoffkreislauf nach dem Vorbild der Natur, bei dem alle Rohstoffe eines Produkts nach dem Nutzungszeitraum zu 100% im Kreislauf bleiben und wiederverwendet werden können.

Das C2C-Prinzip bezeichnet einen idealisierten, geschlossenen Rohstoffkreislauf nach dem Vorbild der Natur, bei dem alle Rohstoffe eines Produkts nach dem Nutzungszeitraum zu 100% im Kreislauf bleiben und wiederverwendet werden können.

Baustoffe/​-teile

Cradle-to-Cradle-Prinzip

Das Prinzip bezeichnet einen idealisierten, geschlossenen Rohstoffkreislauf nach dem Vorbild der Natur.

Ost- bzw. Westfenster empfangen 60%, Nordfenster 40% der nutzbaren Solareinstrahlung eines nach Süden gerichteten Fensters (Bild: Wohnen am Woerthboeschel in Baden-Baden)

Ost- bzw. Westfenster empfangen 60%, Nordfenster 40% der nutzbaren Solareinstrahlung eines nach Süden gerichteten Fensters (Bild: Wohnen am Woerthboeschel in Baden-Baden)

Planungsgrundlagen

Gebäudeorientierung und Zonierung

Die Orientierung eines Gebäudes und die Ausrichtung der Fenster bestimmen maßgeblich den Wärmegewinn während der Heizperiode. Ost-...

Bauwerke zum Thema

Das IBBTE Stuttgart erforscht, ob sich Reet als Baumaterial in alpinen Lagen eignet.

Das IBBTE Stuttgart erforscht, ob sich Reet als Baumaterial in alpinen Lagen eignet.

Sonderbauten

Umbau Pumpenhäuschen im Rätikon

Ein Team der Universität Stuttgart forscht zur Anwendung von Reet in den Alpen und überzeugt mit der Klimabilanz des Schilfrohrs.

Der Architekt Daniel Giezendanner platziert das Wohnhaus quer zum Hang, wie „ein Schiff, das nur temporär in Birgisch anzulegen scheint".

Der Architekt Daniel Giezendanner platziert das Wohnhaus quer zum Hang, wie „ein Schiff, das nur temporär in Birgisch anzulegen scheint".

Wohnen

Wohnhaus in Birgisch

Beim feinen, kleinen Lowtech-Haus im sonnenreichen Wallis werden Speichermasse und Solarenergie raffiniert genutzt.

Tipps zum Thema

Bücher

Beyond Concrete

Wie kann Bauen ressourcenschonend und nachhaltig werden? Chancen der Wieder- und Weiterverwertung von Baumaterialien und Bauteilen in der Architektur sind Themen dieses Buches.

Bücher

Klima bauen

Handliches Lexikon mit 80 Tipps zum klimagerechten Planen und Bauen.

Kontakt Redaktion Baunetz Wissen: wissen@baunetz.de
Baunetz Wissen Mauerwerk sponsored by:
Wienerberger | Kontakt 0511 / 610 70-0 | www.wienerberger.de
Zum Seitenanfang

Dekarbonisierung

Die Verwendung von erneuerbaren statt fossilen Energieträgern trägt zu einer Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen bei.

Die Verwendung von erneuerbaren statt fossilen Energieträgern trägt zu einer Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen bei.

In der Baubranche lassen sich auf verschiedenen Wegen CO₂-Emissionen reduzieren. Dabei spielt auch der architektonische Entwurf eine entscheidende Rolle.

Fossile Energie und die 2.000 Watt-Gesellschaft

Fossile Energie und die 2.000 Watt-Gesellschaft

Entwickelt an der ETH Zürich in den 1980er-Jahren, wurden Strategien zur Senkung des Energieverbrauchs politisch übernommen und zeigen seit einigen Jahren Wirkung.

Klimawandel und Emissionen

Klimawandel und Emissionen

Der Klimawandel ist eingetreten. Um schwerwiegende sozioökonomische Folgen zu begrenzen, muss der Verbrauch fossiler Brennstoffe deutlich zurückgehen.

Konsum und Energieproblematik

Primärenergieverbrauch weltweit

Primärenergieverbrauch weltweit

Um die Energieprobleme dieses Jahrhunderts zu lösen, müssen wir jetzt die Weichen richtig stellen.

Nationale Klimaschutzinitiative

Vorhandene Potenziale zur Minderung von Emissionen sollen erschlossen, innovative Modellprojekte für den Klimaschutz vorangebracht werden: Einige Förderprogramme sind speziell auf Kommunen, soziale und kulturelle Einrichtungen abgestimmt.

Vorhandene Potenziale zur Minderung von Emissionen sollen erschlossen, innovative Modellprojekte für den Klimaschutz vorangebracht werden: Einige Förderprogramme sind speziell auf Kommunen, soziale und kulturelle Einrichtungen abgestimmt.

Welche Modellprojekte tragen zur Senkung von Treibhausgasemissionen bei, was können Kommunen konkret tun, um den Klimaschutz voranzubringen?

Ökostrom und Nutzung erneuerbarer Energien

Die wichtigste regenerative Energiequelle zur Stromerzeugung ist die Windenergie.

Die wichtigste regenerative Energiequelle zur Stromerzeugung ist die Windenergie.

Welche Arten der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gibt es und wie hoch ist deren Anteil in Deutschland?

Schwammstadt

Durch die Entsiegelung städtischer Oberflächen kann Regenwasser lokal gespeichert werden und kühlt durch Verdunstung zusätzlich das Stadtklima, wie hier in Barcelona.

Durch die Entsiegelung städtischer Oberflächen kann Regenwasser lokal gespeichert werden und kühlt durch Verdunstung zusätzlich das Stadtklima, wie hier in Barcelona.

Nach diesem stadtplanerischen Konzept wird Regenwasser lokal gespeichert und nicht kanalisiert und abgeführt. 

Solarthermische Kraftwerke

Solarfeld eines Parabolrinnenkraftwerks in der Mojave-Wüste

Solarfeld eines Parabolrinnenkraftwerks in der Mojave-Wüste

Besonders für sonnenreiche Regionen ist die Stromerzeugung mit Sonnenwärme eine wirtschaftliche Option. Der Fachartikel stellt die gängigsten Systeme vor.

Wandaufbauten vergleichen

Das Berechnungs-Tool von Wienerberger ermöglicht den schnellen Vergleich verschiedener Wandaufbauten im Hinblick auf ihre CO2-Emissionen.

Partner-Anzeige