Forschungsgebäude NEST in Dübendorf

Plattformen im Baukastenprinzip für bautechnologische Experimente

Um neue Baustoffe und Systeme, aber auch zukünftige Wohn- und Arbeitsformen unter realen Bedingungen testen, weiterentwickeln und validieren zu können, hat sich die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) an ihrem Sitz in Dübendorf bei Zürich ein modular aufgebautes Forschungsgebäude errichten lassen. Sein Name lautet NEST und steht für Next Evolution in Sustainable Building Technologies, geplant wurde es vom Zürcher Architekturbüro Gramazio Kohler.

Gallerie

Der Neubau ist vier Geschosse hoch, hat weit auskragende Geschossdecken und eine heterogene Gebäudehülle. Im raumhoch verglasten Erdgeschoss sind neben dem Empfang und zwei Sitzungssälen auch Ausstellungsflächen und ein Loungebereich untergebracht. Herzstück des Hauses ist das großzügige, glasüberdachte Atrium; Wände, Treppen und Böden sind in Sichtbeton hergestellt. Um das Atrium sind die Erschließung sowie die Sanitär- und Technikräume angeordnet. Zusammen bilden sie den Kern des Gebäudes, das sogenannte Backbone, zu deutsch Rückgrat. Er ist als einziger unveränderbar, wohingegen die Obergeschosse nach dem Baukastenprinzip konzipiert und lediglich als Rohbau fertiggestellt sind. Sie umfassen eine Fläche von jeweils 500 bis 700 Quadratmeter und können nach Bedarf mit bis zu fünf verschiedenen Forschungsmodulen unterschiedlicher Nutzung bestückt werden. Da jedes neue Modul genehmigungspflichtig und nur für die Dauer der jeweiligen Untersuchungen im Einsatz ist, befindet sich das Gebäude im permanenten Bauzustand. Ist es vollständig gefüllt, zeigen sich die auskragenden Geschossdecken als durchlaufende, in die Fassade integrierte Betonbänder.

2016 wurden zwei Module in den Obergeschossen realisiert. Während sich Meet2Create mit den künftigen Arbeitswelten beschäftigt, ist bei Vision Wood nahezu jedes Bauteil aus heimischem Buchenholz gefertigt. Letzteres beherbergt mehrere Wohneinheiten, in denen derzeit Doktoranden oder Gäste übernachten. Für diese wie für künftige Forschungsmodule ist die Aufgabenstellung klar definiert: Wie lassen sich Komfort und Sicherheit bei gleichzeitiger Reduzierung des Energiebedarfs erhöhen?

Gebäudetechnik
Jedes Modul kann eigenständig und unabhängig von den anderen betrieben werden. Dazu können sowohl vertikal als auch horizontal Medienschächte nachgerüstet werden; über eine Schnittstelle werden sie an den Gebäudekern angedockt. Um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, legte man die Versorgungsschächte recht großzügig aus. Zur Spitzenlastabdeckung kann die Wärmeenergie zwischen den Nutzungseinheiten verteilt werden.

Die Technikzentrale ist im sogenannten Energy Hub im Untergeschoss untergebracht, den ein weiteres Forschungsgebäude auf dem Campus mit Energie versorgt. Hier will man künftig mit zwei Batterien, maximal sieben Photovoltaik-Modulen und sieben Superkondensatoren, drei thermischen Pufferspeichern mit bis zu sechs Wärmepumpen, einer Brennstoffzelle sowie einem Elektrolyseur an der Energieversorgung von morgen arbeiten. Ein Wasserstoffspeicher, Tankstellen, zwei Erdsonden und ein Eisspeicher vervollständigen das umfangreiche Technikkonzept. Ein Schwerpunkt liegt auf der intelligenten Vernetzung der dezentralen Systeme und ihrer Einzelkomponenten. Es wird untersucht, welche Systeme optimiert und wie effizient sie unter künftigen regulatorischen Vorgaben betrieben werden können. Die Forschungen hierzu wurden im November 2016 aufgenommen.

Die technische Infrastruktur ist flexibel dimensioniert, da sich die Anforderungen an die Gebäudeausrüstung nach dem jeweils eingesetzten Modul richtet. Außerdem muss die Technikzentrale auch bei vollständiger Auslastung effizient arbeiten. Das bedeutet, dass bis zu 15 Lüftungsanlagen, 15 Heiz-/Kühlsysteme und 15 Elektroinstallationen reibungslos funktionieren müssen. Die dafür benötigte Energie stammt überwiegend aus regenerativen Quellen, verschiedene Speicher sorgen dafür, dass immer ausreichend Wärme, Elektrizität, Wasserstoff oder synthetisches Erdgas zur Verfügung stehen. So werden unter anderem solare Gewinne genutzt, Wärmepumpen heizen und kühlen das Gebäude und erzeugen Brauchwarmwasser. Im Sommer wird überschüssige Wärme für den Winter im Eisspeicher eingelagert. Batterien und Superkondensatoren speichern die solar erzeugte Energie. Die saisonale Langzeitspeicherung erfolgt über Wasserstoff, der mittels Elektrolyse hergestellt und über eine Brennstoffzelle rückverstromt werden kann. Der Wasserstoff wird zudem für den Betrieb von Brennstoffzellenfahrzeugen eingesetzt. Über die Gebäudeautomation werden die einzelnen Abläufe genauestens dokumentiert, gesteuert und aneinander angepasst.

Bautafel

Architekten: Gramazio & Kohler, Zürich
Projektbeteiligte: Arge Nest, Zürich (Generalplaner); Schwartz Consulting, Zug (Tragwerksplanung); Raumanzug, Zürich (HLKS- und Bauphysikplanung); Mosimann & Partner, Zürich (Elektroplanung); Jobst Willers Engineering, Rheinfelden (Gebäudeautomation MSRL); Makial + Wiederkehr, Beinwil am See (Brandschutz)
Bauherr: Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA), Dübendorf
Fertigstellung: 2016
Standort: Überlandstraße 129 in 8600 Dübendorf
Bildnachweis: Roman Keller, Zürich

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