Abwasserleitungen: Arten und Bezeichnungen

Üblicherweise ist eine getrennte Abführung des im Gebäude anfallenden Abwassers sowie des Regenwassers vorgeschrieben. Gefälle und Durchmesser der Rohre sowie die Anordnung aller Leitungen müssen genau aufeinander abgestimmt werden. Vorschriften und Normen regeln, wie eine Anlage geplant und gebaut werden darf. Es gibt viel zu beachten, weswegen Planung und Ausführung immer einem Fachbetrieb überlassen werden sollte.

Gallerie

Zur einheitlichen Definition der Leitungen und Leitungsteile für die Entwässerung von Gebäuden und Grundstücken sind entsprechend der Normung folgende Begriffe festgelegt (Anordnung der Leitungen vom Objekt des Abflusses bis zum öffentlichen Bereich):

  • Verbindungsleitung (VL)
    Entwässerungsleitung zwischen einer Ablaufstelle (wie z.B. Waschbecken, Dusche, Spüle) und dem Geruchsverschluss (Siphon).

  • Einzelanschlussleitung (EAL)
    Entwässerungsleitung vom Geruchsverschluss eines Entwässerungsgegenstandes (Siphon) bis zur weiterführenden Leitung oder Abwasserhebeanlage. Anschlussleitungen dürfen nicht länger als vier Meter sein, außerdem dürfen nicht mehr als drei 90-Grad-Bögen eingebaut werden.

  • Sammelanschlussleitung (SAL)
    Entwässerungsleitung zur Aufnahme des Abwassers mehrerer Einzelanschlussleitungen. Anschlussleitungen werden üblicherweise über ein T-Stück im 45°-Winkel an eine Sammelleitung angeschlossen.

  • Fallleitung (FL) oder Fallrohr
    Lotrechte Leitung, die das (Ab-)Wasser senkrecht (oder bis zu einer Neigung von 45°) durch alle Stockwerke in einem Gebäude zu einer Sammel- oder Grundleitung führt. Fallleitungen können Schmutz- oder Regenwasser aufnehmen

  • Schmutzwasserfallleitung (SWL)
    Senkrechte Entwässerungsleitung, die das Abwasser durch ein Geschoss oder mehrere Geschosse in einem Gebäude zu einer Sammel- oder Grundleitung führt. Schmutzwasserfallleitungen sollten möglichst ohne Verschwenkungen verlegt werden. Eine Belüftung über Dach ist in den allermeisten Fällen ebenfalls notwendig, in Ausnahmefällen ist eine geruchsdichte Belüftung im Innenraum möglich (siehe Lüftungsleitung).

  • Regenfallleitung (RFL auch Regenrohr RR genannt)
    Innen- oder außen liegende senkrechte Leitung, zum Ableiten des Regenwassers von Dachflächen, Balkonen oder Loggien.

  • Lüftungsleitung (LL)
    Rohrleitung, die die Entwässerungsanlage be- bzw. entlüftet, selbst aber kein Abwasser aufnimmt. Während des Abflussvorganges strömt nicht nur Abwasser, sondern auch mitgerissene und nachströmende Luft durch die Rohrleitungen. Das Luftvolumen kann in Fallleitungen das bis zum 35-fachen des Abwasservolumens betragen. Damit genügend Luft nachströmen kann, werden Lüftungssysteme eingebaut. So wird hinter dem Abwasser ein Unterdruck und vor dem Wasser ein Überdruck in den Leitungen vermieden, durch den z.B. die Geruchsverschlüsse in den Siphons verloren gehen können. Bei den Lüftungssystemen wird unterschieden nach: Hauptlüftung, direkte Nebenlüftung, indirekte Nebenlüftung, Umlüftung und Sekundärlüftung.

  • Sammelleitung (SL)
    Liegende Rohrleitung zur Aufnahme des Abwassers von den Fall- und Anschlussleitungen, die nicht im Erdreich oder in der Grundplatte verlegt ist. Damit in horizontal liegenden Leitungen keine Ablagerungen entstehen, darf die Leitung nur mit einer Teilfüllung bemessen sein. Höhere Füllungsgrade behindern die Luftzirkulation, geringere die Selbstreinigung und Ausschwemmung. Die Entwässerungsleitungen müssen mit einem Mindestgefälle von 1:200 oder 0,5 cm/m verlegt werden.

  • Grundleitung (GL)
    Unzugänglich im Erdreich oder in der Grundplatte verlegte Entwässerungsleitung, die das Abwasser in den Anschlusskanal führt. Das Gefälle von Grund- und Sammelleitungen darf nicht größer als fünf Prozent sein, da das Wasser sonst zu schnell abfließt und Feststoffe nicht weggeschwemmt werden. Grundleitungen sollten in einer frostfreien Tiefe von mind. 80 cm verlegt werden.

  • Umgehungsleitung
    Entwässerungsleitung zur Aufnahme von Schlussleitungen im Staubereich einer Fallleitungsverziehung bzw. im Bereich des Übergangs einer Fallleitung in eine Sammel- oder Grundleitung.

  • Anschlusskanal (AK)
    Kanal zwischen dem öffentlichen Abwasserkanal und der Grundstücksgrenze bzw. der ersten Reinigungsöffnung, beispielsweise dem Übergabeschacht auf dem Grundstück. Die Sollweite wird von der zuständigen Behörde festgelegt.

  • Schmutzwasserkanal
    Kanal, der Schmutz- und Regenwasser in sich aufnimmt und weiterführt (siehe Mischsystem im Beitrag Abwasserarten und Entwässerungssysteme).

  • Regenwasserkanal
    Kanal zur Regenwassernutzungsanlage oder zum Vorfluter.

Für all diese Leitungsarten gibt es Vorschriften und Normen, etwa zu den Abständen und Einmündungswinkeln, zum Querschnitt oder zum Gefälle. Generell zu beachten ist die strikte Trennung von Regen- und Schmutzwasser im Gebäude. Auch außerhalb darf beides nur zusammengeführt werden, wenn es unter Straße einen gemeinsamen Kanal für beides gibt. Ob ein Trenn- oder Mischsystem vorhanden ist, kann in den zuständigen Behörden erfragt werden. Für die Arbeiten im Haus ist dies jedoch irrelevant, da dort ohnehin beides voneinander getrennt werden muss.

Normen

Für Entwässerungsleitungen sind die DIN 1986-100: Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 (Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden, öffentlicher Bereich) und DIN EN 12056 (Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden) sowie die DIN 1986-4: Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 4: Verwendungsbereiche von Abwasserrohren und -formstücken verschiedener Werkstoffe maßgeblich. Baurechtlich bildet in Deutschland die Grundstücksgrenze die Grenze zwischen der Bauordnung und dem öffentlichen Bereich.

Farbenlehre der Rohre

Die Farbe von Rohren gibt Auskunft über ihre Eigenschaften.

  • HT-Rohre sind grau. Sie sind hitzebeständig und vor allem für Leitungen im Innenraum gedacht, wo heiße Flüssigkeiten anfallen können, etwa in der Küche. Die schallgedämmte Variante der HT-Rohre ist blau.
  • KG-Rohre sind orangefarben. Sie sind für die Verlegung im Außenbereich gedacht und sind nicht hitzebeständig, da die Abwässer bis in den Außenbereich üblicherweise deutlich abgekühlt sind. Eine belastbarere Variante der KG-Rohre, die freiliegend verlegt werden kann, erkennt man an ihrer grünen Farbe.
  • PE-Rohre sind schwarz. Sie bestehen ebenfalls aus Kunststoff, sind jedoch dickwandiger als HT- oder KG-Rohre. Meist werden sie als Grundleitungen eingebaut, etwa wenn es um den Transport von Regenwasser geht.
  • Es gibt einige andere Rohrarten, die heute entweder meist nicht mehr verwendet werden (etwa die deutlich teuereren Steinzeug-Rohre) oder für Spezialanwendungen gedacht sind (etwa GFK-Rohre aus Glasfaser und Kunststoff für chemikalienhaltiges Abwasser). Aus optischen Gründen werden oftmals Edelstahlrohre verwendet. Betonrohre sind eine günstige Alternative für Grundleitungen.
Dimensionierung
Der richtige Durchmesser ist wichtig, damit das Abwasser vollständig abfließen kann. In einem zu kleinen Querschnitt staut sich das Abwasser, auch die Entlüftung funktioniert nicht. Ist der Querschnitt zu groß, können Feststoffe wegen des zu flachen Wasserstroms nicht weggespült werden. Die Dimensionierung hängt auch von der Zahl der Bewohner bzw. der Zahl der angeschlossenen Objekte ab. (Siehe auch Fachwissen-Beitrag „Dimensionierung und Nennweiten“)

Dichtigkeitsprüfung

Seit 2016 müssen laut DIN 1986-30: Instandhaltung Grundstückseigentümer für die Dichtigkeit ihrer Abwasserleitungen sorgen und spätestens alle zwanzig Jahre einen Nachweis darüber erbringen. Die Kosten dafür trägt der Grundbesitzer. Die Prüfung der Dichtigkeit muss durch eine zertifizierte Fachfirma erfolgen.

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