_Gebäudetechnik
Regenwasserversickerung
Um die öffentlichen Abwasserkanäle und -anlagen bei Regenfällen zu entlasten und bei Starkregen Über- und Rückstauerscheinungen zu vermeiden, ist die dezentrale Regenwasserbewirtschaftung notwendig. Dazu gehören das Speichern des Niederschlagswassers, das Versickern, Ableiten in Vorfluter oder die Nutzung, z. B. zur Gartenbewässerung oder für die WC-Spülung. In der DIN 1986-100: Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke - Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056 ist u. a. die dezentrale Regenwasserbewirtschaftung festgelegt. Auch aus ökologischen Gründen sollte das Regenwasser von Dach- und Hofflächen entweder genutzt oder auf Freiflächen bzw. in Rigolen versickern und so direkt der Grundwasserneubildung zugeführt werden. Die Planung und Bemessung von Versickerungsanlagen sind im Arbeitsblatt DWA-A 138: Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) geregelt.
Gallerie
Folgende Arten und Systeme der Regenwasserversickerung sind danach möglich:
Mulden-Versickerung
Bei den Mulden handelt es sich um begrünte, flache Vertiefungen in
der Erde. Das anfallende Niederschlagswasser wird darin
zwischengespeichert und verzögert über eine circa dreißig
Zentimeter starke Bodenzone in den Untergrund abgeleitet. Die Größe
der Mulde beträgt in der Regel zehn bis zwanzig Prozent der
angeschlossenen befestigten Fläche (abhängig von der
Bodendurchlässigkeit). Um eine Verschlickung und Verdichtung der
Oberfläche zu vermeiden, dürfen Mulden nicht länger als einen Tag
mit einer maximalen Einstauhöhe von dreißig Zentimetern eingestaut
werden.
Mulden-Rigolen-Versickerung
Das Regenwasser wird in Geländemulden (s. o.) aufgefangen und von
dort über den Mutterboden in eine mit Kies gefüllte Rigole
geleitet. Von diesem Zwischenspeicher versickert es in das Erdreich
und wird dem Grundwasser zugeführt. Die bewachsene obere Bodenzone
ist als Filter sehr wirksam. Aufgrund ihrer biologischen Aktivität
können bestimmte Problemstoffe im Regenwasser weitgehend abgebaut
werden. Durch die Vegetation wird außerdem eine dauerhafte
Durchlässigkeit der oberen Schicht sichergestellt. Um ein
ausreichendes Einstauvolumen zu erhalten, genügt bei einer
günstigen Bodenbeschaffenheit (Sand oder Kies im Untergrund) eine
Vertiefung von zwanzig bis dreißig Zentimetern auf nur zehn Prozent
der zu entwässernden Dachfläche. Diese Faustregel gilt für die
Entwässerung von Satteldächern. Bei einem Flachdach ist aufgrund
der größeren Wasserrückhaltung der Abfluss verzögert, so dass hier
bereits eine Muldentiefe von zehn bis 15 Zentimetern ausreicht.
Damit keine Fremdstoffe in die Rigole gelangen ist ein Filtervlies
oder Geotextil vorzusehen. Hier werden in der Fachliteratur
unterschiedliche Angaben gemacht: Zu beachten ist, dass nach neuren
Erkenntnissen die Rigole nur noch von oben durch ein Vlies vom
umgebenden Boden abgegrenzt werden soll. (Quelle:
Wasserwirtschaftsamt Hof) andere befürworten eine Ummantelung mit
Geotextil oder Filtervlies (Wolfram Pistohl: Handbuch der
Gebäudetechnik/Band 1, Werner Verlag, 2007), auch um der
Durchwurzelung vorzubeugen.
Rohr-Rigolen-Versickerung
Für die Versickerung mittels Rohre und Rigolen ist keine gesonderte
Fläche erforderlich. Die unter Terrain verlegten perforierte
Rohrstränge liegen in überdeckten Rohrgräben und leiten das
Niederschlagswasser direkt in den Untergrund. Dieses System ist
besonders für den Überlauf aus Regenspeichern geeignet. Aufgrund
seiner flächigen Einleitung kann das Reinigungspotenzial der oberen
Bodenschichten besser genutzt werden als bei der
Schachtversickerung. Unterirdische Rohrrigolen oder Rigolenquader
können auch unter gepflasterten Wegen und befahrenen Bahnen verbaut
werden.
Nach der DWA-A 138 wird eine Rohrnennweite von mindestens 300 mm gefordert. Die Sickerrohre müssen filterstabil eingestaut werden, d.h. mit einer Ummantelung von mindestens 15 cm Kies 0/32, Sieblinie B auszuführen. Bei einer Vergrößerung der Kiespackung (Rigole) erhöht sich der Speicheranteil. Da in der Dimensionierung die Speicherung berücksichtigt wird, kann durch eine größere Rigole die Rohrlänge kürzer ausgeführt werden. Der höchste natürliche Grundwasserabstand muss zur Rigolensohle einen Mindestabstand von einem Meter haben. Die Rigole sollte frostfrei liegen und bei Verkehrslasten mindestens einen halben Meter Überdeckung über dem Rohrschacht vorweisen. Die beste Wasserverteilung wird bei gefällelos verlegten Rohren erreicht. Wenn mehrere Stränge nebeneinander liegen, gilt die Länge plus Breite der Rigole als Mindestabstand. Für die halbjährliche Kontrolle sind an den Strangenden bzw. bei großen Rohrlängen alle fünfzig Meter Kontrollschächte empfehlenswert. Bei Grabenaushub muss darauf geachtet werden, dass die natürliche Durchlässigkeit von Wand und Sohle erhalten bleibt.
Kunststoff-Hohlkörper
Eine weitere Möglichkeit bieten unterirdische Kunststoffbehälter
(auch Kunststoff-Hohlkörpersysteme genannt), in denen das
Regenwasser über Rohrleitungen eingebracht, gesammelt und
anschließend an das Erdreich abgegeben wird. Aufgrund ihrer tunnel-
und/oder wabenartigen Struktur bieten sie ein großes
Speichervolumen. Sie sind platzsparender als Kiesrigolen und bieten
sich daher z. B. bei kleinen oder beengten Grundstücksverhältnissen
an. Auch bei diesen Systemen ist ein Zugang für Wartungs- und
Inspektionsarbeiten notwendig.
Sickergruben/Sickerschächte (Schachtversickerung)
Die Entwässerung über Sickerschächte bzw. Sickergruben wird in der
Regel nur noch als Übergangslösung genehmigt, wenn das Regenwasser
weder im Untergrund verrieseln noch in ein Gewässer eingeleitet
werden kann. Vor allem das Einleiten von Hausabwässern, wofür
Sickergruben früher oftmals genutzt wurden, ist heute meist nicht
mehr gestattet, da hierfür die Kanalisation dient. Sickergruben
sind in der DIN 4261-1: Kleinkläranlagen - Teil 1: Anlagen zur
Schmutzwasservorbehandlung geregelt.
Die Sickergruben/-schächte enthalten im Bereich der sickerfähigen Schicht durchlässige Wände. Die aus hydraulischer Sicht erforderliche Sickerfläche, ermittelt sich aus der Aufnahmefähigkeit des Bodens (Bodenart, Durchlässigkeit) und dem Druck, der durch die Wassersäule im Sickerschacht ausgeübt wird. Die Sickerfläche wird in der Regel aufgrund der örtlichen Gegebenheiten und Erfahrungen ermittelt. Für den Fall, dass die örtlichen Erfahrungen fehlen, ist als Speichervolumen die Wassermenge eines 15 Minuten langen Regenereignisses mit r = 0,03 l/s m²) anzusetzen. Die oberste Schicht muss aus Sand bestehen und mindestens 0,5 Meter hoch sein sowie gegen Ausspülen, z.B. mittels Prallplatte gesichert sein. Im unteren Teil ist der Schacht/die Grube mit Feinkies aufzufüllen. Der den Schacht umgebende Raum im Bereich der gelochten Wände wird ebenfalls mit Feinkies aufgefüllt. Der Abstand zwischen der Oberkante der Filterschicht und dem höchsten Grundwasserstand soll mindestens 1,50 Metern betragen. Die Grundwasser schützenden Bodendeckschichten dürfen nicht durchstoßen werden. Zur Verhinderung eines evtl. Rückstaus soll der Absturz zwischen Zulauf und Filterschicht einen Sicherheitsabstand von mindestens 0,20 Meter aufweisen. Die Sickerschächte sind nach DIN 4261 regelmäßig, jedoch mindestens zweimal jährlich, auf ihre Betriebsfähigkeit zu überprüfen. Bei einer nachlassenden Sickerfähigkeit ist die Durchlässigkeit durch Austausch eines Teils oder der gesamten Filterschicht wieder herzustellen.
Flächenversickerung
Bei der Flächenversickerung wird das anfallende Regenwasser von
befestigten Flächen in benachbarte Grünflächen abgeleitet, wo es
ohne wesentlichen Aufstau flächenhaft versickert. Wichtig dabei
ist, die Wasserdurchlässigkeit des Untergrundes und der eventuellen
Flächenbefestigung zu gewährleisten, was bereits bei der Planung
berücksichtigt werden sollte. Dies gilt besonders für Spielflächen,
Terrassen, Geh- und Radwege, Hofflächen oder Park- und
Abstellplätzen. Auch Oberflächenaufbauten mit abschließendem
Steinbelag sind möglich, wenn das Wasser dennoch hindurchfließen
kann, etwa durch Fugen zwischen den Steinen oder bei
Rasengittersteinen.
Beckenversickerung
Bei der Beckenversickerung oder Teichversickerung wird das
Regenwasser einem Becken oder Teich zugeführt, der im tiefen
Bereich gegen den Untergrund abgedichtet ist. Als
Versickerungsfläche dienen die flachen, aus einer bewachsenen
Kies-Sand-Schicht bestehenden Böschungen. Becken oder Teiche haben
eine sehr gute Retentionswirkung (Regenwasserrückhaltung), weshalb
sie sich vor allem dort anbieten, wo entsprechende Flächen zur
Verfügung stehen, also etwa an Autobahnabfahrten, in Gewebegebieten
oder in öffentlichen Parks. In Wohngebieten können solche Becken
sogar als naturnahe Biotope gestaltet werden, wodurch sie die
Landschaft aufwerten und zudem das Mikroklima verbessern.
Allgemeines
Alle Arten der Versickerung können je nach Einzelfall auch
kombiniert werden. Unabhängig von der Wahl der Versickerungsart
muss stets drauf geachtet werden, dass Niederschlagswasser
üblicherweise diskontinuierlich anfällt und die
Versickerungsvorkehrungen entsprechend bemessen werden bzw. im
Zweifelsfall für weitere Speichereinrichtungen gesorgt wird. Als
ungefähres Maß kann, je nach Bodendurchlässigkeit, ein
Flächenbedarf von acht bis zwanzig Prozent der angeschlossenen
Fläche gerechnet werden.
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