Wie könnte künftiges modulares Bauen aussehen? Mit dieser Frage
beschäftigt sich das Unternehmen KOMA Modular aus dem
ost-tschechischen Vizovice. Seit kurzem vervollständigt ein kleines
Forschungszentrum den Firmencampus, das zugleich Modulbau-Prototyp
und Treffpunkt für die Belegschaft sein soll. Der
metallisch-schillernde Pavillon entstand in Zusammenarbeit mit dem
Architekturbüro Chybik + Kristof.
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Seit 1992 plant und fertigt das Unternehmen in der Kleinstadt
unweit von Zlín Modulhäuser und hat seitdem eine breite Kundschaft
bedient: Von Autowerkstätten über Supermärkte, Kindergärten und
Schulen bis hin zur Wäscherei eines finnischen Textilreinigers – es
gibt vermutlich wenige Anfragen, die die Mitarbeitenden noch nicht
erhalten haben.
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Zwei Oberlichter, die sich aus einem Gründach wachsend über das
Niveau der Landstraße erheben, nehmen Vorbeifahrende vermutlich
zuerst wahr. Der Neubau wurde unmittelbar am Kopf des
Firmengeländes platziert, auf einem Grundstück, dass durch Abgraben
der Böschung geschaffen wurde. Hier begrenzt das längliche Gebilde
einen dreieckigen Platz, zusammen mit zwei weiteren Modulbauten:
einer Cafeteria und einem heute als Hauptverwaltung genutzten,
ehemaligen Expo-Pavillon, der die Tschechische Republik 2015 in
Mailand repräsentierte. Auch diese beiden Projekte sind Ergebnis
der Kooperation zwischen dem Unternehmen und Chybik + Kristof.
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Arbeiten im Prototypen
Der Flachbau beherbergt nicht nur die firmeneigene
Forschungsabteilung. Er ist zugleich eine Art begehbares
Ausstellungsstück, das vorführen soll, was in den Fabrikhallen von
Vizovice möglich ist. Die raumgreifende Komposition bricht mit
vielen Standards des modularen Bauens: Rechte Winkel werden
künftige Kundinnen und Kunden vergeblich suchen, und so
lichtdurchflutet stellen sich die meisten wohl kaum ein
Containerbüro vor. Tatsächlich bilden die auf dem Grundstück
verstreut platzierten, unterschiedlich gedrehten Raumeinheiten
zahlreiche Ecken und Nischen. Anders als in üblichen Großraumbüros
ist hier das Arbeiten in einem Raum möglich, ohne das Gefühl, unter
ständiger Beobachtung zu stehen. Dass hier dauerhaft Schreibtische
stehen, ist noch nicht ausgemacht: Architekturbüro und Hersteller
betonen die Anpassungsfähigkeit der Struktur, in der die Büromöbel
jederzeit umgestellt werden oder verschwinden können.
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Verdrehte Boxen, vielfältige Zwischenräume
Um gewöhnliche Seecontainer handelt es sich bei den Modulen
nicht: Stattdessen haben die Boxen eine trapezförmige Grundfläche –
entweder mit ca. 15 Quadratmetern oder halbiert, mit ca. 7,5
Quadratmetern. Die mit gedämmten Wandpaneelen gefüllten
Stahlrahmenkonstruktionen stehen auf mehreren Füßen. Diese kurzen
Rundstützen helfen, die Raumeinheiten und ihre Eisschollen-förmigen
Bodenelemente auf der Fundamentplatte zu nivellieren und zu
verankern.
In den blickdichten, innen mattschwarzen Raumeinheiten befinden
sich Sanitärräume, eine Umkleide, eine Teeküche sowie Lager- und
Präsentationsräume. Zugleich dienen die Modulkanten als Auflager
für die ebenfalls trapezoiden Stahlskelette der Dachkonstruktion.
Diese überspannen einerseits den Raum zwischen den Containern,
andererseits formen sie gegeneinander gestützt die beiden konischen
Oberlichter. Sowohl innen – als perforiertes Blech – als auch außen
– als glatte Haut – kommt Aluminium zur Verkleidung von Raummodulen
und Decken zum Einsatz.
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Glas und Textil: flexible Durchlässigkeit
Raumhohe Glasflächen füllen die übrigen Fassadenabschnitte.
Neben festverglasten Segmenten gibt es großformatige Schiebetüren. In geöffnetem Zustand erweitern sie
die Bürowelt zum Platz zwischen den drei Firmengebäuden, dessen
kleine Tribüne während der Mittagspausen und bei Veranstaltungen
belebt ist. Der eigentliche Haupteingang befindet sich am Westende
des kleinen Forschungszentrums. Vom Geländetor kommend, erreichen
Mitarbeitende durch das halboffene Erdgeschoss der Cafeteria die
einflügelige Drehflügeltür.
So ausgiebig verglast, fällt viel Licht in den offen
konzipierten Innenraum. Die zwölf Arbeitsplätze sind entlang der
Fassade angeordnet, während ein zentraler Weg die Gäste durch das
Gebäude führt. Weiße Vorhänge an Fenstern und gekurvten
Deckenschienen schützen einerseits vor zu starker
Sonneneinstrahlung. Andererseits helfen sie, Schreibtisch- und
Sitzgruppen gelegentlich abzuschirmen, um Kundschaft und
Mitarbeitenden etwas mehr Privatsphäre zu bieten.
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Nahtlose Übergänge und minimale Beschläge
Die Rahmenprofile der Glasflächen sind schlank. Bei den außen
sitzenden Festverglasungen verschwinden sie im Spalt zwischen
Bodenaufbau und Sockel beziehungsweise zwischen der
Deckenverkleidung und der Blechverkleidung der Attika. Auf diese
Weise wirkt der Übergang vom Innen- zum Außenraum geradezu nahtlos.
Die auf der Innenseite positionierten Schiebetürflügel sind ca.
2,50 Meter breit und ca. 2,80 Meter hoch. Aufgrund der enormen Maße
wurden sie als Hebeschiebetüren ausgeführt, die jeweils in den
unteren Schienen geführt werden. Vollständig geöffnet, erleichtert
die Nullbarriere-Schwelle den Ein- und Austritt. Damit der Zutritt
zum Gebäude dennoch kontrolliert werden kann, gibt es keine
Türschlösser und auch die Drückergarnituren sind
nur auf der Innenseite angebracht. Passend zu der leichten Anmutung
des Gebäudes wurden schlanke Drücker mit länglichen, zylindrischen
Griffen gewählt. -ml
Bautafel
Architektur: Chybik + Kristof, Brno; KOMA Modular, Vizovice Projektbeteiligte: KOMA Facade, Vizovice/Brno (Fassade, Fenster und Türen); Zdeněk Sendler, Brno (Innenraumgestaltung) Bauherr/in: KOMA Modular, Vizovice Fertigstellung: 2021 Standort: Říčanská 1191, 763 12 Vizovice Bildnachweis: Alex Shoots Buildings, Jesús Granada, Pavel Barták (Fotos); Chybik + Kristof (Pläne); Alexey Klyuykov (Grafiken)
Fachwissen zum Thema
Normen im Detail
DIN EN 13126 Teil 16: Baubeschläge für Fenster und Fenstertüren
Die Funktionsweise von Beschlägen für Hebeschiebe-Fenster und -Fenstertüren, die Anforderungen und Prüfverfahren in Bezug auf Festigkeit, Dauerfunktionstüchtigkeit und Schutzwirkung ist in der Norm festgelegt.
Türbeschläge
Schiebetürbeschläge
Der große Vorteil von Schiebetüren und Faltschiebeelementen liegt im Platzsparen. Sie eignen sich als Raumteiler.