Shrewsbury Flaxmill Maltings
Industriedenkmal wiederbelebt
Mit einem Tragwerk aus gusseisernen Rahmen ist das Baudenkmal Shrewsbury Flaxmill Maltings das erste seiner Art. Errichtet 1797, diente der fünfgeschossige Industriebau im englischen Shrewsbury beinahe hundert Jahre als Flachsmühle und später als Mälzerei. Während des Zweiten Weltkriegs nutzte man das Industriegebäude als provisorische Militärkaserne. Als der Mälzereibetrieb im Jahr 1987 eingestellt wurde, war die Zukunft des eindrucksvollen, historisch bedeutsamen Bauwerks unsicher. Historic England als Verwalter des kulturellen Erbes im Vereinigten Königreich erwarb die Anlage im Jahr 2005, um dem Verfall Einhalt zu gebieten. Das Architekturbüro Feilden Clegg Bradley Studios wurde schließlich beauftragt, sich den technischen Herausforderungen des über 200 Jahre alten Bauwerks zu stellen und eine Nutzung zu entwickeln, die langfristig eine Perspektive bietet.
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Neues Leben für ein Industriedenkmal
Die einst mit modernster Technik dampfbetriebene Mühle und Mälzerei soll als Vorzeigeprojekt für eine respektvolle und nachhaltige Revitalisierung über die Region hinaus Menschen anziehen. In diesem Sinne wurden Anwohnerinnen und Anwohner sowie verschiedene Interessensgruppen eingebunden, um dem Industriebauwerk neues Leben einzuhauchen. Über Praktika und Fallstudien waren dank Stipendien der Andrew Lloyd Webber Foundation diverse Fachleute und Studierende an den Bauarbeiten beteiligt. Mit einem Budget von 28 Millionen Pfund ist schließlich ein Arbeits-, Freizeit- und Bildungsort entstanden, dessen flexibel bespielbare Büroflächen auf mehreren Etagen, Ausstellungsbereich, Café, Schulungs- und Veranstaltungsräume sich vielfältig nutzen lassen.
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Ergänzung des historischen Tragwerkes
Die gusseiserne Rahmenkonstruktion sollte unbedingt erhalten bleiben. Aufgrund von Setzungen wies sie allerdings Risse auf und war statisch nicht mehr ausreichend. Um das historische Tragwerk an Ort und Stelle belassen zu können, wurde in das umgebende Mauerwerk ein verdecktes Stahlgitter eingebracht. Dieses wirkt zusätzlich lastabtragend. Zudem wurden sechs Stahlstützen eingebaut. Der Bestand wurde sorgfältig restauriert, notwendige technische Neuerungen und zusätzliche Einrichtungen sind als Kernbauten eingefügt. Bei allen Eingriffen sollte der Charakter des Industriebaus unbedingt gewahrt bleiben.
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Foyer in der ehemaligen Malzdarre
Angesichts von Anordnung und Proportionen der Volumina des mehrgliedrigen Ensembles lag es nahe, das ursprünglich für die Trocknung des Malzes verwendete Bauwerk – die Malzdarre – als Haupteingang und Verteiler zu nutzen. Der mächtige, kompakte Bau mit hohem Pyramidendach hat im Grundriss die Funktion eines Gelenkes zwischen drei Gebäudeteilen: der Hauptmühle in südwestliche Richtung, der Kreuzmühle nach Nordwesten und dem nördlich angegliederten Warenhaus. Die Hauptmühle ist an den Schmalseiten flankiert von einem nördlichen und einem südlichen Maschinenhaus. Zur historischen Anlage gehören außerdem ein Heizhaus, ein Färbehaus und Ställe im Hinterhof sowie ein Ausbildungshaus, das parallel zum Warenhaus an der Nordseite positioniert ist.
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Neue Fenster für historische Öffnungen
Das Haupthaus der historischen Mühle erhielt eine natürliche Belichtung und Belüftung durch die Wiederherstellung ursprünglicher Fensteröffnungen: Insgesamt wurden 110 Metallfenster mit einer leistungsstarken Sonnenschutzverglasung eingebaut. Gläserne Trennwände unterstützen den offenen Eindruck der Räumlichkeiten, akustisch abgedämpfte Ventilatoren die Luftzirkulation.
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Dämmung, Kühlung, Heizung
Durch Praxisversuche vor Ort und hygrothermische Simulationen wurden verschiedene Möglichkeiten getestet, um das massive Bestandsmauerwerk thermisch aufzuwerten. Im Ergebnis erwies sich eine Holzfaserdämmung als sinnvoll. Das imposante Foyer in der ehemaligen Malzdarre bleibt unbeheizt, während in den viel genutzten Räumen der Hauptmühle Teile des Sichtmauerwerks zur Kühlung genutzt werden. Mit wenig Aufwand ließ sich so ein großer Effekt erzielen. Sämtliche Eingriffe und Überlagerungen der historischen Konstruktion erfolgten im Einklang mit dem industriellen Charakter und mithilfe traditioneller Handwerksmethoden, Materialien und Fertigkeiten.
Mit seinem zickzackförmigen Dach und den rauchenden Schornsteinen wurde das Gebäude einst „Drache auf dem Hügel” genannt. Heute verfügt es über eine 140-kW-Erdwärmepumpenanlage mit zehn 180 Meter tiefen Bohrlöchern. Diese versorgt das Gebäude fast das ganze Jahr über mit Wärme und wird nur im Winter durch einen Gaskessel ergänzt.
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Schieferdächer
Die Dachkonstruktion der Hauptmühle ist unterteilt in viele kleine, parallel angeordnete Spitzgiebeldächer (im Englischen als „sawtooth roof” / Sägezahn-Dach bezeichnet) wie bei einem Faltwerk. Zwischen den Schieferdächern waren die 17 originalen, gusseisernen Kehlrinnen aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert erstaunlicherweise noch erhalten. Hier galt es lediglich, einige Abschnitte zu ergänzen, die in einer Gießerei extra angefertigt wurden. Die Dachkonstruktion wurde teilweise repariert und verstärkt.
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Die Holzkonstruktion des Pyramidendachs über dem Eingangsbau wurde erneuert und durch verzinkte Stahlbänder verstärkt, sodass sie auch seitlichen Belastungen standhält.
Im Zuge der Restaurierung wurde auch die Schieferdeckung erneuert. Dafür kamen rund 15.000 Dachschiefer aus einem walisischen Steinbruch im Nationalpark Snowdonia zum Einsatz. Der feinkörnige Schiefer entstand über einen Zeitraum von mehreren hundert Millionen Jahren. Die Schieferplatten zeigen Farbnuancen in Grau, Blau und Violett; sie sind als Rechteckdeckung verlegt. Die sorgfältige Restaurierung des Daches mit authentischem walisischen Schiefer und der Erhalt der ursprünglichen Gusseisenkomponenten waren entscheidend für die Wahrung des Denkmalwertes von Shrewsbury Flaxmill Maltings. -us
Bautafel
Architektur: Feilden Clegg Bradley Studios, Bath/London/Manchester
Projektbeteiligte: Historic England, Manchester (Projektmanagement); E3 Consulting Engineers, Bristol (Beratung); LT Studio, Bath (Landschaftsarchitektur), Croft Building and Conservation, Cannock (Bauunternehmen); Ion Acoustics, Bristol (Akustikplanung); Welsh Slate, Bangor (Dachschiefer); Schüco International, Bielefeld (Fenster)
Bauherr: Historic England, Manchester
Fertigstellung: 2022
Standort: Spring Gardens, Shrewsbury SY1 2SZ, Vereinigtes Königreich
Bildnachweis: Daniel Hopkinson; Historic England; Feilden Clegg Bradley Studios
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