Olympisches Wassersportzentrum in Saint-Denis
Konkaver Holzrahmen
Die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 könnten eine Kehrtwende im Umgang mit olympischen Austragungsorte bringen: Paris geht mit gutem Beispiel voran und pflegt einen ressourcenschonenden Umgang mit der nötigen Infrastruktur. Die Spielstätten sind entweder in vorhandenen Bestandsbauten verortet, temporär errichtet oder auf eine langfristige Nutzung ausgelegt. Nur sehr wenige Neubauten entstanden explizit für den diesjährigen Höhepunkt der Olympiade.
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Dazu gehört das Centre Aquatique Olympique (CAO) im Norden der französischen Hauptstadt in der Gemeinde Saint-Denis. Im Wassersportzentrum werden die olympischen Wettkämpfe im Tauchen, im Wasserball und im Synchronschwimmen ausgetragen. Während der Paralympischen Spiele wird die Schwimmarena als Trainingsstätte genutzt. Langfristig soll das Bauwerk als öffentliche Schwimmhalle genutzt werden, in der auch weiterhin Wettkämpfe ausgetragen oder andere Sportarten integriert werden können.
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Sportives Umfeld für markante neue Architektur
Im Nachgang eines Architekturwettbewerbs wurde nach nur 32 Monaten Bauzeit nun der Entwurf der Büros VenhoevenCS aus Amsterdam und Ateliers 2/3/4/ aus Paris umgesetzt. Für das komplexe Tragwerk und die Gestaltung der Fassade zeichnet das Büro schlaich bergermann partner aus Stuttgart verantwortlich. Das Erscheinungsbild des 106 Meter langen und 20 Meter breiten Baukörper wird wesentlich vom expressiven konkaven Dachabschluss und der filigran bespannten Fassade aus Holz bestimmt. Verortet ist die Struktur auf dem Gelände eines ehemaligen Forschungszentrums. Der Ort wurde einerseits aufgrund seiner Nähe zum Stade de France sowie zum neu entstandenen Olympischen Dorf ausgewählt, andererseits aufgrund seiner guten Verkehrsanbindung.
Dem Thema Wasser entsprechend, wirkt die Architektursprache des Wassersportzentrums fließend und organisch. Großer Wert wurde auf die landschaftsplanerische Gestaltung und die Einbindung des Sportzentrums in die Umgebung gelegt. Dies zeigt sich unter anderem in der Gestaltung einer 18 Meter breiten Fußgängerbrücke, die eine direkte Verbindung zum benachbarten Fußballstadion herstellt und die Autobahn A1 überquert. Ferner fügen sich Vorplatz, Freiräume und Rampen ins Gesamtkonzept. Sie umfließen den Baukörper und lenken den Besucherstrom physisch und visuell zu ihm hin.
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Konkaves Dach aus geschwungenen Holzträgern
Am deutlichsten wird der formale Bezug anhand des Gebäudes selbst: Die Linienführung einer sich bewegenden Wasserwoge wurde in Form der geschwungenen Dachkonstruktion übersetzt. Dieses geschwungene Dach wird von einem konkaven Holzrahmen getragen, der über 89 Meter spannt und aus mehr als 2.700 Kubikmeter Holz besteht. Laut den Tragwerksplanern orientiert sich der Entwurf für die Dachkonstruktion an den Abmessungen und lichten Höhen, die über den Becken und Tribünen einzuhalten sind. Die gekrümmten Dachträger aus Brettschichtholz haben einen Querschnitt von 20 mal 50 Zentimeter. Die Holzträger tragen Lasten bis zu 800 Tonnen. Auf dem Dach mit einer Fläche von 20.000 Quadratmetern sind Photovoltaikelemente montiert.
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Filigrane Fassadengestaltung
Nach Ost und West schließt die Schwimmhalle mit einer
Pfosten-Riegel-Fassade ab, ansonsten umhüllt den luftigen Kern eine
Bekleidung aus Brettschichtholz. Dem vorgelagert ist eine filigrane
Stahlkonstruktion, die eine weitere Fassadenschicht aufnimmt.
Horizontal geschichtete Holzlamellen umfließen die Konstruktion und
greifen abermals die Dynamik des Entwurfs auf. Für die
Leichtbaukonstruktion kamen 1.300 Tonnen Stahl zum
Einsatz, dazu gehören sechs Stützen. Allein durch die konkave Form
des Daches konnte das Hallenvolumen reduziert werden. Daraus ergibt
sich im Betrieb der Halle eine Einsparung bei Energie und Heizung.
Eine Photovoltaikanlage versorgt die Sportstätte außerdem mit
fossilfreiem Strom.
Bautafel
Architektur: VenhoevenCS, Amsterdam und Ateliers 2/3/4/, Paris
Projektbeteiligte: Ateliers 2/3/4/, Paris (Landschaftsarchitektur); schlaich bergermann partner, Stuttgart (Tragwerksplanung, Fassade); INEX (Elektro- und HLS-Planung); CL Infra (Verkehrsplanung); Peutz (Akustikplanung); Indiggo (Nachhaltigkeitsberatung)
Bauherr*in: Métropole du Grand Paris
Standort: 361 avenue du Président Wilson, 93200 Saint-Denis
Fertigstellung: 2024
Bildnachweis: Simon Guesdon; Salem Mustefaoui; VenhoevenCS; Ateliers 2/3/4/