Bambuspavillon für Austernzucht in Ang Sila
Tradition im Dienste des Umweltbewusstseins
Ang Sila ist ein ehemals florierender, historischer Fischerort an der Küste der Provinz Chon Buri, in der Ostregion Zentralthailands gelegen. Dass dem traditionellen Fischereihandwerk dort seit einigen Jahrzehnten die Grundlage genommen wird, hat vielschichtige Gründe. So münden ungefilterte Abwässer aus nahegelegenen Fabriken oder neu entstandenen Vororten über Kanäle und Flüsse in die Felsbucht, was sich negativ auf die Wasserqualität und den Fischbestand ausgewirkt hat. Die Fischzucht war nicht mehr rentabel und die jüngere Generation wanderte in die urbanen Zentren, etwa in die nördlich gelegene Hauptstadt Bangkok ab.
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Ein Projekt des Büros Chat Architects aus Bangkok, das gemeinsam mit den örtlichen Fischereibetrieben sowie dem Design- und Architekturprogramm INDA an der Universität Bagkok entstanden ist, will dem Ort eine neue Perspektive bieten. Mit vernakulären Konstruktionsmethoden als Vorbild, entstand vor der Küste der Angsila Oyster Scaffolding Pavilion. Damit soll für die angeschlagenen Betriebe im Ort eine neue Infrastruktur geschaffen werden, durch die sie die Austernzucht wieder aufnehmen können. Die Meerestiere filtern wiederum das Wasser und verbessern seine Qualität, wodurch die Fischerei insgesamt wieder angekurbelt wird. Ganz nebenbei dient das Projekt als Prototyp für eine neue Form des Ökotourismus. Besucher*innen sollen angelockt werden, ihre Austern selbst zu ernten und gleich vor Ort essen zu können sowie ein Bewusstsein für die fragilen Zusammenhänge heutiger Lebensweisen und den Umweltschutz zu entwickeln.
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Ein Pavillon auf dem Wasser
Baulichen Ausdruck findet das Projekt in Form eines Pavillons,
den die Beteiligten wenige hundert Meter vor der Küste errichteten.
Die Konstruktion nimmt Bezug auf die in der Region weit verbreitete
Tradition der Bambusgerüste, die für die Austernzucht verwendet
werden, und verfremdet diese im Sinn der erweiterten Nutzung. So
ist die längliche, mit Plattformen belegte und teils sogar
zweistöckige Konstruktion betretbar. Besucher*innen können direkt
am und über Wasser ihr Picknick genießen, während sie auf die
umliegende Austernfarm blicken. Wenn die Plattformen nicht durch
Touristen besetzt sind, dient der Pavillon als Angelsteg für die
örtlichen Fischer.
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Der Entwurf für den Pavillon ist denkbar einfach, basiert auf alltäglichen, kostengünstigen Materialien und integriert sich auch ästhetisch in das Küstenbild ein. Mithilfe lokal üblicher Arbeits- und Bautechniken wurde das Gerüst von den Fischern aus Ang Sila selbst errichtet. Ohne Zuhilfenahme von Elektrowerkzeugen trieben die Fischer dabei die Bambusstäbe von Hand in den seichten Untergrund und verankerten so die Konstruktion. Der Pavillon setzt sich vollständig aus Bambus zusammen. Das Naturmaterial dient sowohl als vertikale Struktur als auch als Untergrund für die betretbaren Plattformen. Die Verbindungen der einzelnen Elemente sind mit ausrangierten Sicherheitsgurten aus einer nahegelegenen Autoproduktion umgesetzt. Die Gurte konnten aufgrund von Verfärbung günstig erworben werden und landeten somit nicht direkt im Müll. Als markante, charakterbildende Bestandteile dienen rote Planen, die die Plattformen dachartig überspannen. Diese wiederum stammen aus nahegelegenen Gärtnereien. Während sie einerseits winddurchlässig sind und dadurch keine Beeinträchtigung auf die Statik haben, filtern sie das Licht und dienen den Besuchenden und Fischern als Sonnenschutz.
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Bautafel
Architektur: Chat Architects, Bangkok
Projektbeteiligte: Angsila Fishermen Community, INDA Chulalongkorn University, Bankok
Auftraggeber: INDA Chulalongkorn University, Thailand Office of Contemporary Art and Culture
Standort: Ang Sila, Provinz Chon Buri, Thailand
Fertigstellung: 2023
Bildnachweis: W Workspace