_Fliesen und Platten
Messenachbericht Cevisama 2020
Trends und Neuheiten der spanischen Fliesenwelt
Sommerliche Temperaturen von 25 Grad im Schatten erwarteten die 92.435 Fachbesucher der diesjährigen Fliesenmesse Cevisama in Valencia – gleich zwei Rekorde wurden damit aufgestellt. Das Wetter mag für Februar besorgniserregend sein (auch wenn es das vom trüben Grau gepeinigte norddeutsche Gemüt beschwingt), der Anstieg der Besucherzahlen um 1,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr ist allerdings erfreulich. Der Anteil ausländischer Besucher hat sogar um 5,68 Prozent zugenommen. Von diesen Zahlen abgesehen, bot die 38. Ausgabe der Messe allerdings wenig Aufsehenerregendes und zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass sie den Wendepunkt einiger Keramiktrends der letzten Jahre zu markieren scheint. Ein paar sehr schöne neue Fliesenkollektionen haben wir während unseres dreitägigen Besuchs entdecken können.
Gallerie
Neuer Trend: Zurückhaltung
Während im letzten Jahr die Gigantomanie der Hersteller ungebrochen
schien und man an zahlreichen Messeständen Platten mit bis zu drei
Meter Kantenlänge sah, schien es diesmal fast so, als hätte es
diesen Trend nie gegeben. An nahezu allen besuchten Ständen hatte
man sich auf das relativ moderate Format von maximal 1 x 1 m
eingependelt, am beliebtesten bei den Kunden seien laut der
Hersteller aber sogar Fliesen
in der Größe 0,75 x 0,75 cm. Überhaupt schien man sich von allem
(zu) Großen, Grellen, Lauten, Übertriebenen verabschiedet zu haben.
So fehlten auch die üppig mit Gold und Silber verzierten
Keramikoberflächen. Und obwohl sie für das Geschmacksempfinden von
einigen gewöhnungsbedürftig waren, vermissten wir sie jetzt doch
ein wenig. Auch die Edelsteinimitate zeigten sich vielerorts wieder
sehr natürlich, wo man zuvor versucht hatte, mit immer gewagteren
Farben und Mustern die Natur zu übertrumpfen.
Sehr beliebt schienen 2020 vor allem Zementimitationen in sanft-matten Anmutungen, wie beispielsweise die Kollektion Solid der Marke Casainfinita, Underground von Keraben sowie Evo von Fanal oder Maine von Azulev. Fast jeder Hersteller verwies zudem auf das Thema Rutschhemmung. Dabei weisen die meisten Produkte die Klassifizierung R10 bzw. R11 auf – weshalb die Akzentuierung des Themas ein wenig überrascht, da es sich dabei ohnehin um die gängigen Haftreibewerte für öffentliche Bereiche handelt.
Die großen, grellen Ausnahmen
Ein paar Ausnahmen vom diesjährigen Understatement gab es aber
doch. Hervorzuheben ist hier die großformatige, glänzende Wand- und
Bodenfliese Marble Nouveau von Roca – ein himmelblaues
Marmorimitat. Ein großer Teil des Messestandes war mit den 120 x
120 cm großen Fliesen bekleidet – ergänzt um den Schriftzug
„Discover the color of the year 2020!“ Ein Verweis darauf, dass das
Pantone-Institut „Classic Blue“ zur Farbe des Jahres 2020 erklärt
hat.
Großformatig und farbgewaltig ging es auch am Stand von Apavisa zu. Dessen Erzeugnisse scheinen so exotisch und schützenswert, dass der Zutritt durch eine Sicherheitsschleuse mit Zahlencode beschränkt war. Beeindruckt hat uns dort unter anderem die Kollektion Fluid, die auf einer Maximalgröße von 120 x 260 cm ein wildes Gemisch von Farbstrudeln abbildet. Sehr dekorativ und auch zum Beispiel im Hotelbereich vorstellbar sind die bunten Metallimitate, die verschiedene Stadien der Oxidation und Korrosion imitieren und in dementsprechend bunten Tönen wie Türkisgrün (Zinc green natural) oder Smaragdgrün (Aquarela green natural) aufwarten.
Glatt und Glänzend
Ein Trend, der in den vergangenen Jahren hier und da schon zu
beobachten war und sich nun endgültig Bahn gebrochen zu haben
scheint, ist die Kombination von glasierten und unglasierten
Flächen auf einer Fliese. Dies wäre noch vor ein paar Jahren
maschinell gar nicht herstellbar gewesen – doch der immer weiter
verbesserte Digitaldruck macht es möglich. Ob der Trend anhält und
auch nachgefragt wird, bleibt abzuwarten. Zumal die Ergebnisse
dieses technischen Experiments sehr unterschiedlich ausfielen.
Während einige entsprechende keramische Erzeugnisse beliebig
wirkten, haben andere Hersteller großartige Effekte kreiert. In die
letztgenannte Kategorie fällt unbedingt die Serie Luxury aus
dem Hause Keraben. Die Fliese zeigt ein abstrahiertes
Blättermuster, bei dem die Blattadern und die Zwischenräume erhaben
und unglasiert sind, die Blattflächen hingegen vertieft und
glänzend glasiert. Erhältlich ist sie in den Maßen 30 x 90 cm und
90 x 90 cm.
Mit glänzenden Adern innerhalb eines matten Marmorimitats wartet die Serie Tiziano von Halcón Cerámicas auf. Vergleichbares, aber weniger raffiniert ausgeführt, hat Azulindus y Martí im Programm. Dessen Natursteinimitate sind vollständig matt-glänzend gesprenkelt, wie unter anderem Marina Azul. Wunderschön ist das sechseckige Marmorimitatmosaik von Onix – auch hier sind die Adern der pudrig-matten Fliese glänzend ausgebildet. Ohnehin hat uns der Stand des Herstellers sehr begeistert. Onix produziert ausschließlich Mosaikfliesen, die gänzlich aus recyceltem Glas bestehen. Das Material verfügt über den Vorteil, dass es eine Wasseraufnahmefähigkeit von null Prozent aufweist und dadurch absolut frostresistent ist. Das Repertoire des spanischen Herstellers reicht von unifarben, über Vintagemuster bis hin zu intensiv-bunten Farbstrudeln wie bei Apavisas Großformaten.
Klein und bunt
Wer sich für kleine, bunte Fliesen erwärmen kann, sollte stets auch
einen Besuch am Stand von Cevica einplanen. Neben ihren
Metrofliesen in allen Farben der RAL- und Pantonepalette, die einen
alljährlich vor die unlösbare, imaginäre Aufgabe stellen, sich für
eine entscheiden zu müssen, bringt der Hersteller jedes Jahr rund
drei neue, in der Regel sehr charmante, Kollektionen heraus. Dieses
Jahr heißen sie unter anderem Boom und Diavolo. Boom
ist eine 14 x 16 cm große, hexagonförmige Fliese mit poppigen
Retromustern; Diavolo hat die Form einer Doppelaxt, ist
hochglänzend, auch dreidimensional erhältlich und erinnert
ebenfalls an Wandgestaltungen der 1970er-Jahre.
Feines im Kleinformat fand man auch am Stand von Roca, kreativ inszeniert als Moodboards. Nicht unerwähnt bleiben sollte in dieser Kategorie auch die Serie Pop Tile von Vives. Das rektifizierte Feinsteinzeug im Format 15 x 15 cm ist eine Reminiszenz an die 1960er-Jahre, wobei einige der Muster auch an Art déco erinnern. Die Serie umfasst nur ein Format, aber unzählige Muster, die wohl jedes Retro-Herz höherschlagen lassen.
Messestände
Für die Präsentation seiner umfangreichen, neuen Serie wurde Vives
mit dem Preis für den besten Messestand ausgezeichnet. Gut gefallen
hat uns persönlich auch der Stand der Keraben-Gruppe. Dort stand
alles unter dem Motto „Musik“. Ebenso wie diese könne Keramik
Stimmungen erzeugen, meint der Hersteller. Jede Marke wurde einer
Musikrichtung zugeordnet: Keraben dem Jazz, Metropol dem Rock und
Casainfinita der Chill-out-Musik. Schallplattenhüllen, Instrumente
und Verstärker sowie Kostüme, die denen der Beatles vom Sergeant
Pepper’s Album nachempfunden wurden, dekorierten dementsprechend
die ausgestellten Fliesen. Die anderen Messestände zeigten sich
gemäß ihren Exponaten meist recht schlicht – auch hier hatte man im
vergangenen Jahr mehr gewagt. -sas