L’Occitane Flagship-Store in Tokio
Verspielter Umgang mit Naturstein- und Keramikfliesen
Im Jahr 1978 eröffnete in Volx, einer kleinen Stadt in der Provence, die erste Filiale des Kosmetik-Herstellers L’Occitane, der sich einer traditionellen und ökologisch nachhaltigen Produktionsweise verschrieben hat. Heute, 44 Jahre später, unterhält die Marke 1.500 Filialen in 85 Ländern. Eine von ihnen befindet sich an einer der belebtesten Verkehrskreuzungen Japans, der Shibuya Crossing in Tokio. Der Flagshipstore besetzt drei Etagen eines bestehenden Eckgebäudes und beherbergt außer einem Verkaufsraum im Parterre noch ein Café im ersten und zweiten Obergeschoss. Die Neugestaltung erfolgte nach Plänen des ortsansässigen Büros AtMa. Neben Messing und Holz kamen verschiedenste Fliesen zum Einsatz.
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Weniger ist mehr
Leitidee des Entwurfs war das Thema „Bouquet”. Eine beleuchtete Vitrine ist dann auch das Herzstück der Gestaltung. Sie reicht über alle drei Geschosse des Stores und ist üppig mit gelben Blumen gefüllt. Das leuchtende Gelb strahlt bis auf die Straße und setzt einen sommerlich, sonnigen Akzent im heterogenen Umfeld, wo Geschäfte mit unzähligen Reklameschildern versuchen, auf sich aufmerksam zu machen. Doch nicht nur durch die Farbe unterscheidet sich die Fassade von den Nachbargebäuden, auch die Gestaltung der Außenfronten ist außergewöhnlich: AtMa ließ die Künstlerin Ayumi Koyama aus geometrischen Terrakotta- und Terrazzostücken eine abstrahierte Skyline von Tokio entwerfen, die jeweils in die Fenster der Obergeschosse gestellt wurde.
Von Gelb zu Braun und Beige
Von der Provence inspirierte warme, erdige Farben, gerundete Formen und kontrastierende Einbauelemente aus Messing bestimmen das Interieur des Shops. Im Eingangsbereich ist der Boden mit einer Art übergroßem Terrazzo aus unterschiedlich großen, geometrisch geschnittenen Terrakotta-, Marmor-, Travertin- und Keramikstücken in Beige-Brauntönen gestaltet. Hier befindet sich ein kleiner Cafétresen, dessen Terrazzoarbeitsplatte farblich mit dem Boden korrespondiert. Weiße, dreidimensionale Fliesen mit einem halbkreisförmigen Querschnitt (Maße: 6 x 17 cm, Tiefe 3 cm) bedecken die Front des Tresens. Als sichtbare Überleitung zur Verkaufsfläche wechselt hier der Bodenbelag von Stein zu Holz: ein Rautenparkett mit dreidimensionaler Wirkung sorgt für eine wohnliche Atmosphäre.
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Terrazzo von Mini bis Mega
Über eine gewendelte Treppe, deren Stufen mit rotbraunen Fliesen in mittelgroßer Terrazzo-Optik belegt sind, geht es in das angeschlossene Lokal im ersten Obergeschoss. Wer Glück hat und einen Fensterplatz ergattert, dem bietet sich bei Kuchen oder kleinen Speisen ein perfekter Ausblick auf das hektische Treiben der Shibuya Crossing. Im Inneren hingegen dominieren sanfte Rosé- und Gelbtöne. Stühle mit gelbem Velourstoff gruppieren sich um Tische mit marmorner Platte und Messingfuß und wirken, als wäre der Inhalt der Blumenvitrine versprengt worden. In den hellgrauen Estrichboden sind großformatige, unregelmäßig polygonale Terrazzofliesen eingelegt und ergeben ihrerseits wiederum ein vielfach größeres Terrazzomuster. Die wuchtigen Stützpfeiler sind bis auf Kopfhöhe ebenfalls mit Terrazzofliesen (38,5 x 39,9 cm), darüber mit etwas kleineren, quadratischen Terrakottafliesen (30 x 30 cm) bekleidet.
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Marmorwelle
Das Farb- und Materialschema setzt sich im zweiten Obergeschoss fort, wird aber erweitert um Wiener Geflecht in den Rückenlehnen der Stühle und als Raumtrenner. Statt Terrazzo findet sich hier weißer Marmor an verschiedenen Stellen. So ist der Tresen über einem hölzernen Sockel mit dem Naturstein bekleidet, den Boden bedeckt ein glänzender Marmor in Kombination mit einem fein geäderten, hellgrauen Naturstein mit matt-rauer Oberfläche. Die knapp 60 cm langen, schmalen Stücke wurden wellenförmig geschnitten und alternierend verlegt, sodass der Boden insgesamt in einem gewellten Streifenmuster erscheint.
Der verspielte, kreative Umgang mit den Naturstein- und Keramikfliesen lässt die Innenräume des Flagshipstores gestalterisch äußerst abwechslungsreich erscheinen, wobei die reduzierte Anzahl an Farben und Mustern als roter Faden wirkt und die verschiedenen Ebenen zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügt. -sas
Bautafel
Architektur: AtMa, Tokio
Projektbeteiligte: Garde, Tokio u.a. (Bauunternehmer)
Bauherr/in: L'Occitane Japon, Tokio
Fertigstellung: 2018
Standort: Japan, 〒150-0043 Tokyo, Shibuya City, Dogenzaka, 2 Chome−3−1, Shibuya Ekimae Bldg., 1階
Bildnachweis: Shigenori Ishikawa