Werkzeuge für die Fliesenbearbeitung und Anwendung
Schneiden, bohren, fräsen, schleifen, brechen: Bis vor einigen Jahren waren die vielfältigen Bearbeitungsformen bei Fliesen eine Frage der Technik und nicht der Ausstattung. Mit dem Aufkommen zunächst der besonders harten Feinsteinzeugfliesen, dann der großformatigen Porzellankeramik und schließlich des extrem dünnen – mittlerweile ebenfalls in gigantischen Formaten erhältlichen – Feinsteinzeugs aber ist ein fachmännisch perfektes Fliesenwerkzeug unentbehrlich, um ein untadeliges Ergebnis beim Fliesen in der gewünschten wirtschaftlich vertretbaren Zeit zu erreichen. Die Verwendung von ungeeignetem oder mangelhaftem Werkzeug dagegen endet oft mit unschönen Ergebnissen im Fliesenbelag (Ausplatzungen, Schnitte, wo keine erforderlich gewesen wären, Überzähne und/oder Mäusezähne usw.). Dabei gibt es für jedes Fliesenmaterial und jede Bausituation das richtige Werkzeug.
Gallerie
Schneiden
Eine hochwertige Fliesenschneidemaschine etwa – mit möglichst
langer Schnittlänge und verstellbarem Anschlagwinkel – gehört heute
zum unabdingbaren Equipment jedes Fliesenlegers. Selbst für die
sich immer größerer Beliebtheit erfreuenden dünnen Fliesen bis zu
einer Kantenlänge von drei Metern (!) gibt es längst
Spezial-Fliesenschneider mit entsprechender Schnittlänge. Die
Werkzeuge sind der Glasbearbeitung entlehnt, bei der derartige
Härtegrade und Dimensionen alltäglich sind. Wer sich indes nicht
auf die Großformate spezialisieren möchte, für den kann es
günstiger sein, sich das erforderliche Schneidgerät zu leihen oder
die Großplatten bei einem Lohnschneidebetrieb exakt vorschneiden zu
lassen. Mehr noch gilt dies für die wesentlich teureren
Steintrennmaschinen bzw. elektrische Nassschneidemaschinen.
Bei größeren Bauprojekten allerdings rentiert sich ein eigener Fliesenschneider für den Trockenschnitt ebenso wie eine Nassschneide-Anlage. Bei ersterem handelt es sich eigentlich nicht um ein Schneiden, sondern um ein Brechen der Fliesen: Das Hartmetallrad des Fliesenschneiders wird entlang einer Führungsschiene mit Druck und Präzision über die Oberfläche der Fliese geführt und ritzt diese nur an; entlang dieser Sollbruchstelle wird die Fliese dann gebrochen. Dabei verwendet man – je nach Form, Größe, Stärke und Gewicht der Fliese – entweder die am Fliesenschneider vorhandene Brechvorrichtung, eine Brechzange oder man bricht die Fliese auf herkömmliche Art und Weise von Hand.
Bei überstarken Fliesen und solchen mit stark strukturierter Oberfläche hingegen bedarf es ebenso des maschinellen Schnitts wie bei komplizierten und Kurvenschnitten, bei Gehrungsschnitten oder auch bei größeren Bauvorhaben, bei denen allein die Anzahl der Schnitte eine Steintrennmaschine zweckmäßig erscheinen lässt. Diese Tischmaschinen entstanden Mitte des letzten Jahrhunderts, um die damals gerade erfundenen Diamanttrennscheiben wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen. Weil sich Diamant ab 720 Grad Celsius chemisch auflöst, wird der Schneidevorgang mit Wasser gekühlt. Für den Fliesenschnitt verwendet man in der Regel diamantbesetzte, geschlossene Hartmetallblätter ohne gepanzerten Kern. Mit gepanzertem Kern finden die Diamantscheiben ihren Einsatz im handbetriebenen Winkelschleifer (Flex), mit dem Fliesen freihändig geschnitten werden können. Dieses Verfahren wenden Fliesenleger an, um wenige Fliesen im Randbereich zu schneiden – die nicht ganz gerade geschnittenen Kanten blieben sonst sichtbar.
Ein neues, innovatives System zur Staubreduzierung, das an allen handelsüblichen Winkelschleifern angebracht werden kann, bietet das Aquaflex-System. Es verwandelt einen normalen Winkelschneider in einen professionellen Wasser-Schneider und hilft gleichzeitig, die Lebensdauer der Trennscheiben zu verlängern. Spezieller Vorteil: Dank des besonderen Zerstäubers verursacht es kein überschüssiges Wasser. Übrigens gibt es mittlerweile auch schon Trockenschneide-Geräte, die einen Kurvenschnitt ermöglichen – wie etwa den Slalom-Fliesenschneider.
Bohren
Da Boden- und Wandfliesen immer härter werden, entstehen auch beim
Bohren und Ausschneiden immer höhere Anforderungen an das richtige
Werkzeug. Diamantbesetztes Werkzeug (Diamantbohrkronen und
Diamantbohrer) zum Bohren von Fliesen sowie Diamantfräser zum
Formenfräsen und Diamant-Hülsen als Bohrmaschinen-Aufsatz zum
Nachbearbeiten von Schnitten und Kanten sind auch hierbei das
Mittel der Wahl.
Ein besonderes Vorgehen erfordern wieder die neuen dünnen Großformatfliesen: Um gleichmäßige und saubere Bohrungen vornehmen zu können, empfiehlt es sich, eine Ständerbohrmaschine einzusetzen oder die Handbohrmaschine in einen im Fachhandel erhältlichen Bohrständer einzuspannen. Nachdem die anzubohrende Fliese auf einem soliden und rutschfesten Träger (z.B. Holz oder Beton) positioniert ist, sollte die Bohrung mit dem Bohrkronenaufsatz in einem Winkel von 75° bis 85° begonnen und zunächst nur circa ein bis zwei Millimeter tief in die Platte ausgeführt werden. Anschließend kann die Bohrmaschine in einem Winkel von 90° gehalten und mit einem Winkel von etwa 5° bis 10° kreisförmige Bewegungen ausgeführt werden, wobei nicht zuviel Druck ausgeübt und nicht gerade nach unten gedrückt werden sollte. Außerdem ist wegen der hohen Temperaturen eine stetige Befeuchtung der Bohrkrone wünschenswert. Hierfür sind Wasserspühlköpfe sowie komplette wassergekühlte Kernbohrgeräte (auch Handkernbohrgeräte) bereits erhältlich.
Was das reine Bohren von kleineren Löchern angeht, ist dieses durchaus auch trocken möglich, wenn man die richtigen Bohrer – beispielsweise aus einem speziellen Wolfram-Karbid-Gemisch mit diamantgeschliffener Präzisionsspitze – verwendet. Wirklich innovativ jedoch sind diamantbeschichtete, selbstkühlende und selbstschärfende Trockenhohlbohrer, die mit Fixierplatte geliefert werden und die es nicht nur für Akku-Bohrer und Bohrmaschine, sondern auch als Aufsatz für den Winkelschleifer gibt. Die Vorgehensweise des Bohrens entspricht der oben geschilderten beim Einsatz einer Bohrkrone. Mit diesen Werkzeugen (Bohrer) mit Diamantkrone, für die übrigens auch Anbohrhilfen mit Wasser- und Bohrschlamm-Sammlern verfügbar sind, lassen sich etliche Löcher mit einem ausgezeichneten Maß an Genauigkeit und guter Bohrgeschwindigkeit in jede Art von Keramik oder Feinsteinzeug bohren.
Ausschneiden
Zur Herstellung von Ausschnitten sollte mit einem
Einhandwinkelschleifer und einer speziellen
Fliesen-Diamanttrennscheibe rückseitig ein Kreuzschnitt angesetzt
werden. Mit der Spitze eines Fliesenhammers wird von der Mitte
heraus der Scherben vorsichtig durchschlagen. Wenn das Loch groß
genug ist, empfiehlt es sich, den Rest mit einer
Fliesen-Papageienzange auszubrechen. Fliesenleger sprechen vom
„abknabbern“, wenn sie Stück für Stück eine Fliese mit einer
Papageienzange passgenau zurecht stutzen, um die gewünschte
Aussparung zu erhalten. Diese Technik erfordert sehr viel
Feingefühl und sparsam dosierte Kraft, um die Fliesen an den
richtigen Stellen zu schneiden.
Da die Nachbearbeitung keramischer Fliesen nicht der Norm
unterliegt, gehört es zu den Aufgaben der Fachbetriebe, sich von
den Eigenschaften der Fliese hinsichtlich Schneiden, Bohren etc.
vor der Bearbeitung zu überzeugen.