Raster, Module und Maßordnung

Nicht erst seit der Industrialisierung des Bauens gehören geometrische Prinzipien und Modularisierung zu den Grundbausteinen des Fassadenentwurfs. Architekt*innen sind seit jeher gefragt, sich Gedanken über die Regelmäßigkeiten von Gebäudehüllen zu machen, wenn sie ihre Gestaltung in Einklang bringen wollen mit den Maßen des menschlichen Körpers, statischen und bauphysikalischen Erfordernissen, Baustandards und Abläufen auf der Baustelle. Genauso spielen Aspekte wie Instandhaltung, Demontierbarkeit und potenzielle Veränderungen im Innenraum eine Rolle für die Ausbildung von Rastern und Modulen.

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Vom strengen zum freien Raster

Wer durch die Stadt läuft, kann leicht eine Handvoll von typischen Fassadenrastern ausfindig machen:

  • bei Linienrastern ist ein Netzwerk aus sich kreuzenden Haupt- und Nebenachsen zu sehen
  • bei Bandrastern bilden „Doppellinien“ die Achsen der Gebäudeansicht
  • bei versetzten Rastern sind die Abstände zwischen den Achslinien unterschiedlich oder sie verspringenden, etwa bei unterschiedlich alten Gebäudeteilen
  • bei freier Rasterwahl werden die Rasterlinien aus der Gesamtgeometrie des Gebäudes entwickelt, das heißt sie folgen zum Beispiel als Kurve einem organisch wirkenden Baukörper

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Von innen nach außen

Die an Fassaden erkennbaren Linien und Fluchten spiegeln in vielen Fällen die tragwerks- und grundrissbezogenen Achsen des Gebäudes wider. Manchmal lässt sich sofort erkennen, wo sich etwa Schotten und tragende Stützen befinden müssten. Im Skelettbau wird das Tragwerk von einer nicht- oder selbsttragenden Fassade umhüllt, die über eigene geometrische Prinzipien verfügt. Markante Linien im Fassadenbild resultieren etwa aus der Fassadenkonstruktion (Pfosten und Riegel) oder aus dem Fugenbild zwischen Brettern, Paneelen, Tafeln oder Blechen. Aufgrund der bauphysikalisch problematischen Durchdringungen (Wärmebrücken) befindet sich bei zeitgenössischen Bauwerken die Tragstruktur eher selten vor der Gebäudehülle. Die Herleitung der Gebäudestruktur aus der Hülle ist bei massiven Konstruktionen ungleich schwieriger, etwa bei tragenden Außenwänden aus Stahlbeton oder Mauerwerk.

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Modul und Maßordnung

Normativ etablierte Standards spielen eine große Rolle für die heutigen, stark industrialisierten Bauprozesse. Einige dieser Standards sind schon relativ alt, etwa die Maße von Mauerwerkssteinen. Jedoch variieren diese selbst innerhalb Europas von Land zu Land und teilweise sogar von Region zu Region. In Deutschland wurde in den frühen 1860er-Jahren das sogenannte Reichsformat (25 x 12 x 6,5 cm) eingeführt, das den preußischen Fuß als Modul zur Grundlage hatte. In diesem Kontext bezeichnet der Begriff Modul die Basis eines Maßsystems. Ernst Neufert, der in den 1930er-Jahren in die Errichtung von Baracken und Fabriken involviert war und unter Generalbauinspektor Speer an Baunormen arbeitete, entwickelte ein oktametrisches System. 1950 wurde Neuferts Oktameter Teil der heute noch gültigen DIN 4172 Maßordnung im Hochbau. Er basiert auf einem Modul von 12,5 cm, bestehend aus dem 11,5 cm breiten Stein (Normalformat 24 x 11,5 x 71 cm) plus eine 1 cm breite Fuge.

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Literatur: Ngo, Nehmer, Oswalt, Bovelet, Enders u.a.: Arch+ 233 Norm-Architektur; Putz, Rug (Hrsg.): Hochhaus Bestand; Herzog, Krippner, Lang: Fassaden Atlas

Fachwissen zum Thema

Tragwerksraster, Ausbauraster und Fassadenraster können anhand der Außenwände erkennbar sein und so einen Eindruck vom Inneren des Gebäudes vermitteln.

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Fassadenarten

Außenwände

Die Bauteile können Teil einer schützenden und repräsentativen Fassade sein oder zum Tragwerk des Gebäudes gehören. Entsprechend vielfältig sind Anforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten.

Elementfassade mit integriertem Sonnenschutz am Hegau Tower in Singen, Architekten: Murphy/Jahn

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Fassadenarten

Elementfassaden

Die Fassaden bestehen aus vorgefertigten, mindestens geschosshohen Einzelelementen, in die alle erforderlichen Bestandteile, etwa Brüstungen, Deckenkopfbekleidungen oder Lüftungsflügel integriert sind.

Pfosten-Riegel-Konstruktion aus Stahl und Glas an der Akademie der Künste in Berlin, geplant von Behnisch Architekten

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Fassadenarten

Pfosten-Riegel-Fassade

Das Fassadensystem mit tragenden Profilen kommt üblicherweise dort zum Einsatz, wo große Höhen oder weite Feldbreiten erreicht werden sollen.

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Anforderungen an Fassaden

Gestalterische, bauphysikalische und mechanische Anforderungen bestimmen die Konzeption der Fassade

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Gestaltung, Bauphysik, Technik, Montage – die vielschichtige Haut von Gebäuden muss unterschiedlichen Ansprüchen gerecht werden.

Arten von Fassadenkonstruktionen: Einführung

Massive Wandkonstruktionen auf hölzernen Pfählen in Venedig

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Nach zwei Arten können Fassaden grob unterschieden werden: massive Wandkonstruktionen und leichte, skelettartige Außenhäute. Eine Einführung und weiterführende Links.

Energieoptimierte Gebäude und intelligente Fassaden

Der Rocket-Tower (ehemals: GSW-Hochhaus) in Berlin galt zur Zeit seiner Erbauung als das „erste ökologische Hochhaus Deutschlands“. Architektur: Sauerbruch Hutton, Berlin 1999

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Sparsamkeit im Energieverbrauch und hoher Nutzungskomfort, das sind die zwei Komponenten, die durch intelligente Lösungen im Fassadenbau umgesetzt werden sollen.

Entwicklung der Gebäudehülle im 20. und 21. Jahrhundert

Neue Nationalgalerie in Berlin, Architektur: Mies van der Rohe, 1968

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Die Forderung nach hoher Transparenz, natürlicher Belichtung und repräsentativer Gestaltung haben im Laufe des 20. Jahrhunderts zu einer zunehmenden Verbreitung von Glasfassaden geführt.

Farbe in der Architektur

Polychromes, ornamentiertes Renaissance-Fachwerk

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Von Renaissance und Barock, über Jugendstil und Klassischer Moderne bis zu Brutalismus und Postmoderne – Epochen sind immer auch farblich geprägt. Ein Überblick.

Fassadenelemente als abschließende Bauteile

Alleskönnerin Fassade? Anforderungen an die Gebäudehülle ergeben sich hinsichtlich Akustik, Wärme, Feuchte, Belüftung, Schutz gegen UV-Strahlung, Belichtung, Dichtigkeit gegen Regenwasser, Druck- und Sogkräfte aus Windbelastung, Ein- und Ausblick, Schutz vor Wärme und Kälte sowie statische Belastungen von innen und aus den Eigenlasten. Im Bild der Rocket-Tower (ehemals: GSW-Hochhaus) in Berlin. Architektur: Sauerbruch Hutton, Berlin 1999

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Die Entwicklung von der massiven Wand hin zur filigranen Gebäudehülle unserer Tage bringt große Herausforderungen mit, denn neben Transparenz haben Fassaden unzählige weitere Aufgaben zu erfüllen.

Instandhaltung und Wartung

Zur Erhaltung der Gebrauchstauglichkeit ist eine regelmäßige Reinigung der Fassadenelemente notwendig

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Fassadenelemente sind hochwertige Produkte, für deren nachhaltige Sicherung der Gebrauchstauglichkeit und Werthaltigkeit sowie zur Vermeidung von Personen- und Sachschäden eine fachgerechte Wartung und Pflege erforderlich ist.

Lastannahmen und Lastverteilung

Die Pfosten-Riegel-Fassade der Neuen Nationalgalerie in Berlin besteht aus thermisch nicht getrennten Stahlprofilen (Zustand vor der Sanierung). Ludwig Mies van der Rohe

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Nicht nur als Hülle fungieren Fassaden, sondern mitunter auch als konstruktiv wirksames Bauteil, welches physische Kräfte, sowohl von außen, als auch durch das Eigengewicht des Bauwerks, aufnimmt und verteilt.

Raster, Module und Maßordnung

Die wichtigen Linien der Fassadengestaltung basieren unter anderem auf den Maßen des menschlicher Körper, statischen Erfordernissen und Baustandards.

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