Entwicklung der Gebäudehülle im 20. und 21. Jahrhundert

Getrieben vom Wunsch eine neue, weniger massive Architektursprache zu finden, beschäftigte sich die klassische Moderne mit dem Gedanken maximaler Transparenz. Es entstanden – und entstehen bezogen auf die Gebäudehülle – großformatige Glasflächen, losgelöst vom Tragwerk des Gebäudes. Hierdurch manifestiert sich die mit der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts begonnene Trennung von Gebäudehülle und Gebäudetragwerk, die durch die Skelettkonstruktionen möglich wurde.

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Als Konsequenz entwickelte sich die Trennung der Gebäudehüllefunktionen hin zu differenzierten Strukturen: Funktionen wie Tragen, Massivität oder geschlossene Strukturen stehen im Wechsel mit offenen, öffenbaren oder transparenten Strukturen für Belichtung und Belüftung. In den folgenden Evolutionsschritten zum Ende des 20. und Beginn des 21. Jahrhunderts werden die einzelnen Funktionen in ihrer Effizienz verbessert, ein Zusammenführen erfolgt jedoch nicht mehr. Ein möglichst hoher Grad an Vorfertigung nimmt im Bauwesen eine immer wichtigere Rolle ein, Sandwichkonstruktionen oder Plattenbauweisen werden entwickelt.

Insbesondere der Einfluss der Verbrauchsenergie hat in den letzten Jahrzehnten, ausgelöst durch die Ölkrise 1973, wesentlich zur Veränderung der Herangehensweise an die Gebäudehülle geführt. Die dämmende Funktion der geschlossen Strukturen sowie die Möglichkeit der Energiegewinnung durch solare Strahlung im Bereich der offenen/transparenten Strukturen führten zur Weiterentwicklung von Wand- und Fassadensystemen. So wurden als eine erste Maßnahme in westlichen Ländern die Fensteranteile in der Architektur deutlich verringert und eine thermische Trennung in Fensterprofilen eingeführt, um den Anteil an Kältebrücken zu verringern. In einem zweiten, auch ästhetisch motivierten Schritt, entwickelte sich dann eine Generation von zur Sonne orientierten Gebäuden bis hin zu „Haus im Glashaus“-Konzepten, die bewusst Sonnenenergie einfangen und möglichst speichern. Diese Entwicklung ging einher mit der Problematik der Überhitzung und bedurfte einer konsequenten Planung von Be- und Entlüftung sowie Verschattung.

Als Folge der „Haus im Glashaus“-Lösungen wurden in den späten 1990er-Jahren Doppelfassaden entwickelt, die mit einer äußeren Glashülle die Sonnenenergie einfangen und zusätzlich als äußerer Witterungsschutz fungieren sollten, um die innere Fassade einfacher ausbilden zu können. Zu Beginn dieser Entwicklung wurde meist ein großer Scheibenzwischenraum ausgeführt, um möglichst große Steuerungsmöglichkeiten zu haben und auf die Erfahrungen der „Haus im Glashaus“-Lösungen zurückgreifen zu können. Nach und nach wurden diese Zwischenräume verkleinert und die Luftführung differenziert, sodass die gezielte Ab- und Zuluftführung eine Kontrolle von Luftqualität und Temperatur zulässt. Bei der Korridorfassade beträgt der Raum zwischen der äußeren Scheibe (für die Funktionen Abdichtung und Sonnendurchlass) und der inneren Fassade (für die Funktionen Winddichtigkeit und Raumabschluss) nahezu einen Meter (siehe Abb.4). Bei der Schacht-Kasten-Fassade ist der Scheibenzwischenraum minimiert und so ausgebildet, dass die Zuluft etagenweise über den Zwischenraum zuströmt, während die Abluft über einen Schacht in der Fassade über die Thermik nach oben abgeführt wird.

Dieser Entwicklung folgend übernimmt die Gebäudehülle außer ihren klassischen, oben beschriebenen Funktionen weitere Aufgaben: die Gebäudetechnik wird integriert. Hierzu gehört zum einen eine aktive Beeinflussung der Raumluft und Temperatur durch Heizung bzw. Kühlanlagen, die dezentral in die Fassade integriert werden können. Zum anderen kann die Funktion der Beleuchtung über die Fassade erfolgen, in dem neben einer gezielten Tageslichtsteuerung auch Kunstlicht mittels der Fassade in den Raum gebracht wird.

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