Forschungsstation Neckarinsel in Stuttgart
Containerbau mit Elektroinstallation
Vor allem im dicht besiedelten Stadtkern von Stuttgart fließt der Neckar meist unbemerkt zwischen Industrie und Bundesstraßen durch die Stadt. Geprägt durch seine Funktion als Bundeswasserstraße, ist der Fluss kaum zugänglich und damit wenig im Bewusstsein der Bürger*innen. Um dieses zu stärken und eine Auseinandersetzung mit dem Gewässer als Lebensraum zu fördern, hat der Verein Neckarinsel einen Bereich der Mittelmole Bad Cannstatt vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts (WSA) Neckar gepachtet und der Forschung und Bildung rund um das Thema Wasser gewidmet.
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Die künstliche Neckarinsel ist Teil einer Schleusenanlage und gehört damit zum Betriebsgelände des WSA, sodass sie bisher ausschließlich für den Schifffahrtsbetrieb genutzt wurde. In einer Kooperationsvereinbarung zwischen dem Verein Neckarinsel und dem WSA erhielt der Verein den Bildungsauftrag zur Vermittlung von Wissen rund ums Wasser. Damit ist die Mole von April bis Oktober jeden Sonntag ab 13 Uhr für die Öffentlichkeit zugänglich und bietet Besuchenden eine neue Perspektive auf den Fluss. Ziel des Vereins ist es, einen niedrigschwelligen Ort der Begegnung und Bildung zu schaffen, um langfristig das Potenzial des Neckars als Lebensraum und Ökosystem für die Stadt auszuschöpfen. Dafür werden verschiedene Beteiligungsformate, Aktionen und Veranstaltungen angeboten, um möglichst viele Alters- und Gesellschaftsgruppen in den Diskurs über urbane Gewässer einzubeziehen.
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Flexibler Raum für Forschung und Austausch
Für die unterschiedlichen Veranstaltungsformate sollte ein flexibler und temporärer Raum zur Verfügung stehen. Beauftragt wurde dafür Agency Apéro, die sich auf Strategien und Kommunikationsräume für urbane Transformationen spezialisiert hat. Die drei Büropartner*innen Beatrice Bucher, Christine von Raven und Yannik Plachtzik transformierten zwei aus- und umgebaute Überseecontainer zu robusten und flexibel nutzbaren Räumlichkeiten.
Ein Kranschiff brachte die beiden Seecontainer mit je 15 m² Fläche durch die Schleuse auf die Insel. Hier steht ein Container der Öffentlichkeit zur Verfügung, der andere dient als Lagerraum. Zur rund 100 m² großen Terrasse hin öffnet sich der bespielbare Containerbau vollständig, sodass in den warmen Monaten Veranstaltungen nach draußen verlagert oder erweitert werden können. Die weiße Innenrückwand des Containers bietet dabei eine geeignete Projektionsfläche für Präsentationen und Vorträge; ein umlaufender Vorhang sorgt bei Bedarf für die nötige Verschattung. Der Beamer ist flexibel in einem Technikrollwagen untergebracht.
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Energieautark mit PV-Anlage
Die Energieversorgung der Forschungsstation erfolgt über Photovoltaikmodule samt Batteriespeicher. Mit diesem Strom werden auch die Pumpen der eigenen Wasseraufbereitungsanlage betrieben: Die natürliche Pflanzenkläranlage auf dem Dach filtert und klärt das Neckarwasser in mehreren Stufen. Geplant ist außerdem die Erweiterung der Kläranlage um zusätzliche Filterstufen, etwa um einen Sandfilter und einen Photokatalysereaktor. Darüber hinaus wird es in Zukunft möglich sein, die Wasserqualität mithilfe von Messsensoren nach allen Reinigungsstufen zu Forschungszwecken zu messen und die Zustände miteinander zu vergleichen.
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Farblich abgestimmte Schalter und Steckdosen
Farblich haben die Beteiligten auf wenige Töne zurückgegriffen:
Weiß, Grau, Silber und Blau. Der graue Linoleumboden greift den
Farbton der Terrasse auf und wird durch silberfarbene Vorhänge
ergänzt. LED-Lichtbänder in den Raumkanten betonen das strahlende
Weiß der Innenwände. Damit kontrastieren die Schalter und
Steckdosen in Ultramarinblau aus der Le Corbusier-Farbpalette
(4320K bleu outremer 59), die sich farblich an den
Außenwänden der Container orientieren. Eine Besonderheit ist die
Anordnung der Steckdosen an der Decke, wodurch die weiße
Projektionswand ungestört bleibt und verschiedene parallele
Nutzungen möglich sind. Der komplette Ausbau einschließlich der
Elektroinstallation wurde ehrenamtlich durch die Mitglieder des
Vereins Neckarinsel realisiert. -si
Bautafel
Architektur: Agency Apéro, Stuttgart
Projektteam: Beatrice Bucher, Christine von Raven, Yannik Plachtzik
Projektbeteiligte: Region Stuttgart und IBA‘27 (Kooperationspartner); Verein Stadtlücken, Stuttgart (Projektinitiative); Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Neckar, Stuttgart (Pächter); Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Bonn und Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Berlin (Finanzierung); Verein Neckarinsel, Stuttgart (Bauausführung); Jung, Schalksmühle (Elektroinstallationen)
Bauherr*in: Verein Neckarinsel
Standort: Neckarinsel Stuttgart
Fertigstellung: 2022
Bildnachweis: Elia Schmid, Yannik Plachtzik (Fotos); Agency Apéro (Pläne)
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