Akademie der Flugsicherung in Kaufbeuren
Zeitlos und modern
In Vers une architecture hatte Le Corbusier dem scharf
kritisierten Historismus nicht nur die Ästhetik des Dampfschiffs
und des Autos entgegengehalten. Er hatte auch das Vorbild des
Flugzeugs angeführt, um zu dekretieren, dass das Haus einer
Maschine zum Wohnen gleichkommen müsse. Indessen stellt sich die
Frage nach dem zeitgemäßen architektonischen Ausdruck nicht nur im
Wohnbau; vielmehr bringt eine jede neue Typologie das Problem der
angemessenen Form mit sich. Mit dem Entwurf für einen Akademiebau
der Deutschen Flugsicherung (DFS) im bayrischen Kaufbeuren
beauftragt, lieferte das Büro Henn Architekten eine originelle
Antwort. Das neue Schulungsgebäude bildet zusammen mit zwei
Unterkunftsbauten einen Campus, der nur wenige hundert Meter vom
militärisch genutzten Flugplatz entfernt liegt. Im Neubau werden
nun bis zu 80 angehende Fluglosten und -berater der DFS, die für
die Flugverkehrskontrolle in Deutschland zuständig ist,
ausgebildet.
Gallerie
Haus oder Flugobjekt?
Neben Schulungsräumen für die Fluglotsenausbildung befinden sich auch die Kantine und der Verwaltungsbereich in dem langgestreckten Gebäude, das von einem doppelten Satteldach bekrönt wird. Auf den ersten Blick wird somit deutlich, dass sich das Planungsteam an der traditionellen Architektur der Nachbarschaft orientiert hat. Indessen findet sich die bildhafte Gestaltung, die an ein archetypisches Wohnhaus denken lässt, nicht nur durch den zweifachen Giebel verfremdet, sondern auch durch die besondere Gebäudehülle: Dass die Akademie vom ersten Geschoss an in ein metallenes Kleid gewandet ist, hinter dem auch die Fenster verschwinden, lässt die Fassade wie ein Maschinengehäuse wirken. Zugleich erweckt die vollflächige Verglasung des Sockelbereichs den Eindruck, dass der Bau schwebe – womit denn doch ein Hinweis auf die besondere Nutzung gegeben ist.
Kantine oder Simulator?
In Abkehr von der strikten Symmetrie, die das Äußere des Neubaus
auszeichnet, weicht das Erdgeschoss im Südwesten zurück, sodass ein
überdachter Eingangsbereich entsteht. Neben der Mensa, die sich
gleich dahinter befindet, führt ein großzügiges Treppenhaus in die
darüberliegenden Unterrichtsräume. Dabei birgt das zweite
Obergeschoss mit dem Towersimulator, der den Flugbetrieb mittels
einer 360°-Projektion in Echtzeit darstellt, das wichtigste
Ausbildungsinstrument der Akademie. Durch die Metallschotten der
Fassade gegen die Radarstrahlung des nahen Militärflugplatzes
geschützt, um auf diese Weise Störreflexionen zu vermeiden, ist der
kreisrunde Simulatorbereich, der sich inmitten eines quadratischen
Raums befindet, von einem Laufgang umschlossen; wie im richtigen
Fluglotsenbetrieb, der höchste Ansprüche an die Konzentration
stellt, soll auch hier jedwede Störung oder Ablenkung
ausgeschlossen werden.
Knauf oder Klinke?
Die Kombination von archetypischer Gestalt und technischer
Eleganz, die das Schulungsgebäude in Kaufbeuren prägt, bestimmt
auch die Wahl der matt gebürsteten Edelstahltürbeschläge. Dabei
kommen die Schutzgarnituren, die gemäß den besonderen Anforderungen
eines Unterrichtsgebäudes der höchsten Gebrauchskategorie 4 (gemäß
EN 1906: Türdrücker und -knäufe) entsprechen und für
1.000.000 Bewegungszyklen zertifiziert sind, in zwei Ausführungen –
mit Knopf und Klinke – zum Einsatz. –ar
Bautafel
Architekten: Henn Architekten, München/Berlin/Peking
Projektbeteiligte: Sailer Stepan und Partner, München/Bamberg (Tragwerksplanung); Kohlars + Krückl, München (Statik); ifes – Institut für angewandte Energiesimulation, Köln (Bauphysik); PMI, Unterhaching (Bauphysik und Akustik); Hafi, Elchingen (Türbeschlag 510 PZ)
Bauherr: Deutsche Flugsicherung DFS, Langen
Fertigstellung: 2019
Standort: Apfeltranger Straße 28, 87600 Kaufbeuren
Bildnachweis: Michael Heinrich, München
Baunetz Architekt*innen
Fachwissen zum Thema
Baunetz Wissen Beschläge sponsored by:
ECO Schulte GmbH & Co. KG
Iserlohner Landstraße 89
58706 Menden
Telefon: +49 2373 9276-0
www.eco-schulte.com und www.randi.com