Al Abu Stait Moschee in Basuna
Traditionelle Bauweise für einen ruhigen, geschützten Ort
Der Neubau der Al Abu Stait Moschee im oberägyptischen Basuna nach Plänen des Architekten Waleed Arafa, Inhaber des Büros Dar Arafa in Kairo, ist bereits das dritte Gebäude seiner Art an gleicher Stelle. Vor 300 Jahren stand hier die Hauptmoschee des Dorfes, welche aufgrund von Überschwemmungsschäden und einem Absinken des Baugrunds abgerissen werden musste. Die zweite Moschee wurde vor knapp 70 Jahren errichtet. Mit einem einzigen Gebetsraum, der ausschließlich Männern vorbehalten war, war sie nicht mehr zeitgemäß. Die soziokulturellen Bedingungen der sich wandelnden Gesellschaft gewähren auch Frauen zunehmend Rechte und Teilhabe am öffentlichen wie religiösen Leben. Für den Neubau gab es eine große Spendenaktion, initiiert und gefördert durch den aus Basuna stammenden Gelehrten Usama al-Azhari.
Gallerie
Der gegenüber dem Vorgänger vergrößerte, nun 170 Quadratmeter umfassende Gebetsraum soll als Mehrzweckraum nicht nur religiösen Zwecken dienen, sondern auch zur Nachmittagsbetreuung von Schülern, zur Erwachsenenbildung und als medizinische Einrichtung. Zusätzlich gibt es einen Gebetsraum für Frauen mit knapp 42 Quadratmetern. Ziel der Planung war es, den Sakralbau wieder zu einem kulturellen und gesellschaftlichen Mittelpunkt des dörflichen Lebens zu machen, für Muslime und Nicht-Muslime.
Extreme Temperaturschwankungen und dichte Bebauung
Basuna ist ein kleines Dorf mit knapp 9.000 Einwohnern, geprägt durch Wüstenklima mit extremen Temperaturschwankungen von über 40° Celsius tagsüber im Sommer und bis zu 6° Celsius nachts im Winter. Heiß, trocken, staubig und dicht bebaut, grenzen direkt an das Grundstück mehrstöckige Wohnhäuser, ein Friedhof sowie ein Wochenmarkt, zu welchem das Vieh die staubigen Straßen an der Moschee vorbei getrieben wird. Um hier einen Ort der Ruhe, für Besinnung und Gebet zu schaffen, zeigt sich der Neubau als geschlossener Baukörper – nur ein Fenster durchbricht die Fassade und orientiert sich zum Friedhof. Schlicht und klar ist das Erscheinungsbild des im Grundriss quadratischen Haupthauses mit den Gebetsräumen und auffälliger Kuppel, dem „verdrillten“ Minarett und den passend dazu entwickelten Einfriedungen.
Männer betreten die Moschee durch ein markantes Eingangsportal im Norden, das symmetrisch und vertieft in der Fassade platziert ist. Der Zugang für Frauen liegt seitlich davon, betont und geschützt durch eine zickzackförmig verlaufende Wand. Durch eine analog geformte dunkle Tür gelangen sie weiter zu einer Treppe und durch einen kleineren östlichen Zugang in den für sie reservierten Gebetsraum auf einer Zwischenetage über dem Haupteingang. Neben dem Gebetsraum der Männer und dem Zwischengeschoss für Frauen gibt es ein Untergeschoss, welches vom Innenhof aus erreichbar ist – hier befinden sich hauptsächlich Wasch- und Sanitärräume.
Das nördliche dunkle Holzportal ist mit Arabesken geschmückt. Durch seine Höhe bis zum Zwischengeschoss des Frauengebetsraums vereint es symbolisch männliche und weibliche Gläubige. Das einzige Fenster im Hauptsaal ist ein hoher, schmaler Ausschnitt Richtung Osten zum Friedhof. Er soll die Gläubigen an die „Reise des Lebens” erinnern, bevor ihre Aufmerksamkeit der Mihrab (Gebetsnische) entsprechend der Qibla (Gebetsrichtung) gilt. Die bestimmenden architektonischen Elemente des quadratischen Innenraums folgen islamischer Symbolik. Vier gewundene Betonsäulen symbolisieren den Aufstieg des Menschen zu Gott und sein Streben nach Unendlichkeit. Sie stützen die Hauptkuppel, die nach traditionellen ägyptischen Techniken gebaut wurde: Aus versetzt angeordneten Blöcken, die eine Halbkugel bilden. Die kleinen Blöcke gelten als Sinnbild der Betenden.
Bauphysik: Schalldämmung und Brandsicherheit durch traditionelle Ziegelsteine
Um die Moschee nach außen von störenden Einflüssen wie Lärm, Staub, Hitze und Kälte abzuschirmen, sind die Fassaden vollständig geschlossen ausgeführt – lediglich das Fenster mit Sichtbezug zum Friedhof sorgt für direkten Lichteinfall. Für die Außenhülle, die hohen bauphysikalischen Anforderungen (beispielsweise in Bezug auf den Wärme- und Schallschutz) gerecht werden muss, besann sich Architekt Arafa traditioneller, lokaler Baumaterialien: Ziegelsteine aus Kalk, Sand und Luftporen.
Die Steine ließ er vor Ort von einem lokalen Hersteller nachproduzieren. Das Ergebnis mag überzeugen: Mit einer Rohdichte von 0,5 kg/dm³ erreichen sie eine Wärmeleitfähigkeit von 0,136 bis 0,132 W/m²K. Zudem halten sie einem potenziellen Brand bis zu sieben Stunden stand – dies bei einem Schallschutzwert von 37-48 dB (je nach verwendeter Stärke des Steins). Durch die geringe Rohdichte und ein dementsprechend geringes Gewicht war es auch möglich, zur Lastabtragung notwendige Stahlbetonbauteile in ihren Abmessungen zu reduzieren und insbesondere die Säulen im Innenraum relativ schlank auszuführen.
Um die Moschee trotz fehlender Fassadenöffnungen mit Tageslicht
zu versorgen und einen Außenbezug herzustellen, ist das Dach mit
insgesamt 108 Oberlichtern versehen. Teilweise öffenbar,
gewährleisten sie auch die natürliche Lüftung der Gebetsräume –
eine zusätzliche Lüftungsanlage war entbehrlich. Die Oberlichter
haben eine weitere Funktion: über deren kleine Kuppeln wird
Regenwasser abgeleitet, aufgefangen und zur Bewässerung von
Pflanzen gespeichert.
Bautafel
Architekten: Dar Arafa, Kairo
Projektbeteiligte: Waleed Arafa (Projektleiter), Nisreen Moustafa (Mitarbeiter); Hisham Negm / Ahmed al-Hadary Amr Haggag Waleed Samir / Bishoy Nagy, Kairo (Tragwerksplanung, Bauphysik); Ahmed Moustafa, London (gestalterische Beratung)
Bauherr: Usama al-Azhari, Kairo
Fertigstellung: 2019
Standort: Aqsas, Markaz Al Maraghah, Sohag, Ägypten
Bildnachweis: Essam Arafa, Kairo