C/O Berlin im Amerika Haus
Sanierung und Rückführung eines 1950er Jahre Baus in den Ursprungszustand
In den 1950er Jahren entstanden in Deutschland zahlreiche Amerika-Häuser als kulturelle Begegnungsstätten: Einerseits mit dem Ziel die Demokratisierung hierzulande anhand der USA als Vorbild voranzubringen, und in diesem Zusammenhang die amerikanische Kultur, Politik und Gesellschaft aufzuzeigen, andererseits um Schüler und Studenten mit Interesse an einem USA-Aufenthalt zu beraten. Das Amerika Haus in Berlin wurde für die Internationale Bauausstellung nach einem ersten Entwurf von Skidmore, Owings und Merrill (SOM) von dem Berliner Senatsarchitekten Bruno Grimmek weitergeplant und 1957 fertiggestellt.
Gallerie
Ursprünglich als Kulturzentrum mit Kinosaal, Bibliothek und Ausstellungsflächen für alle konzipiert, entwickelte sich das Amerika Haus in Berlin im Zuge der antiamerikanischen Proteste Ende der 1960er/Anfang der 1970er-Jahre und nach den Anschlägen vom 11. September 2001 Schritt für Schritt zu einer Festung. Außerdem verlor es nach der Eröffnung der neuen Amerikanischen Botschaft am Brandenburger Tor an Bedeutung und wurde im Jahr 2006 an das Land Berlin übereignet. Nach diversen Zwischennutzungen erfuhr es zwischen 2012 und 2014 eine umfassende Sanierung und beherbergt nun die Fotogalerie C/O Berlin und die Berliner Landeszentrale für politische Bildung. Das Sanierungskonzept entwickelte Holger Sack, das Raumkonzept und die Ausstellungsplanung übernahmen Meyer Voggenreiter Projekte mit Wolfgang Zeh, Petra und Paul Kahlfeldt Architekten waren für die Ausführungsplanung und Koordination der Ausbaugewerke zuständig.
Vor dem Umbau 2012 war von dem ehemals lichtdurchfluteten 50er-Jahre-Bau nicht mehr viel übrig geblieben, diverse Umnutzungen und die Aufrüstung mit Sicherheitsschleusen, Rollgitter, hohe Zäune und verbaute Räume prägten sein Erscheinungsbild. Und noch 2009 wurde ein Parkhaus unmittelbar an eine seitliche Außenwand des Amerika Hauses gesetzt, ohne Rücksicht auf den Denkmalschutz. Das Sanierungskonzept sah vor, soviel wie möglich vom bauzeitlichen Raumgefüge und der Innenausstattung wiederherzustellen. Glücklicherweise kamen während der Sanierung viele ursprüngliche Elemente und Materialien wieder zum Vorschein. So wurden der Fußboden im Erdgeschoss aus Solnhofer Platten, typische Mosaike und Fliesen sowie verbaute Türportale wieder freigelegt.
Das insgesamt 3.200 Quadratmeter große Haus setzt sich aus mehreren Teilen zusammen: Von außen erscheint es als zweigeschossiger Riegel, dessen großzügig verglaste Längsfassade sich zur Hardenbergstraße orientiert. Im ersten Obergeschoss unterbricht ein leicht herausgeschobener, mit Mosaiksteinchen bekleideter Quader die Fassade (der Oberlichtsaal) und verweist auf den darunterliegenden Eingang zu C/O Berlin. Von hier aus geht es über das Foyer mit Buchladen und Kasse zu den Ausstellungsräumen (im EG und OG), den Garderoben (im UG), in den in einem hinteren, weiteren Gebäudeteil liegenden ehemaligen Kinosaal oder in das lange, schmale und direkt hinter der Fassade angeordnete Café im rechten Teil des Riegels. Rund 2.200 Quadratmeter werden von der C/O-Galerie genutzt, die restlichen 1.000 Quadratmeter von der Berliner Landeszentrale für politische Bildung, deren Zugang sich an der rechten Seite des Gebäudes befindet.
Das räumliche Konzept musste inhaltlich für die neue Nutzung als Galerie- und Ausstellungsort überarbeitet werden: Im rechten Teil des Erdgeschosses trennt nun eine parallel zur Straßenfront angeordnete Wand die Ausstellungsfläche vom Café ab. Die Notwendigkeit eines zweiten Rettungswegs vom ersten Ober- in das Erdgeschoss und von dort direkt ins Freie, hat zu einer neuen Treppe geführt, die an der Nahtstelle zwischen Hauptriegel und dahinterliegenden Kinosaal eingefügt wurde. Dadurch ergab sich ein Ausstellungsparcours, der so vorher nicht bestand. Das Obergeschoss hingegen wurde kaum verändert. Die hier untergebrachten Ausstellungsräume – zwei kleine und der große Oberlichtsaal – sind räumlich so geblieben, wie sie waren. Einzig das Foyer, das auch Ausstellungszwecken dient, wurde zulasten des angrenzenden Bürobereichs deutlich vergrößert.
Bauphysik/Gebäudetechnik
Obwohl es sich um ein Gebäude aus den 1950er Jahren handelt, wurden
im Zuge der Sanierung und Rückführung in seinen ursprünglichen
Zustand nur wenige Bauteile energetisch ertüchtigt. Zu den
Wärmeschutz-Maßnahmen gehörten die nachträgliche Dämmung der
Dachflächen mit Mineralwolle und die des ehemaligen Kinosaals mit
Schaumglas. Dafür wurden die Schaumglasplatten
mit Kaltbitumen an die Innenwände verklebt, mineralisch verputzt
und anschließend mit schwarzer Dispersionsfarbe beschichtet. Davor
sind die raumhohen, grau gestrichenen Ausstellungswände platziert.
Moderne Klimatechnik sorgt dafür, dass hier Fotografien gezeigt
werden können.
Die Räume im vorderen Gebäudeteil wurden ohne besondere Anforderungen als Ausstellungsräume hergerichtet. Hier dienen lediglich die in die Brüstungsbereiche integrierten Heizungs- und Kühlelemente für das entsprechende Klima. So konnten die Wandverkleidungen aus gelben Spaltklinkern erhalten bleiben; hier wurde auf eine zusätzliche Wärmedämmung verzichtet. Auch die alten Kastenfenster konnten erhalten bleiben und wurden nicht neu verglast.
Um einen modernen Ausstellungsbetrieb zu ermöglichen, wurde eine
hochwertige Elektrik und Klimatechnik installiert. Die Rippendecken
– als Ausdruck des Material sparenden Bauens der 1950er Jahre –
sind wieder zu einem großen Teil sichtbar. Im Buchladen sind zum
Beispiel in die grau gestrichenen Deckenfelder Leuchten integriert.
Etwa die Hälfte der Decken im Erdgeschoss ist allerdings abgehängt.
Dahinter verbirgt sich neben die Installationstechnik und
Entrauchungsanlage. Zusätzlich ist das Gebäude nun mit einer
flächendeckenden Brandmeldeanlage ausgerüstet und verfügt über eine
Sprachalarmierungsanlage, Sicherheitsbeleuchtung und eine
Einbruchmeldeanlage. Beheizt wird es über eine bestehende
Fernwärmeanlage.
Bautafel
Architekten/Projektbeteiligte: Bruno Grimmek, Berlin (Entwurf 1957); Meyer Voggenreiter Projekte mit Wolfgang Zeh, Köln (Raumkonzept, Ausstellungsplanung, Innenarchitektur) in Zusammenarbeit mit Petra und Paul Kahlfeldt Architekten Studio, Berlin (Ausführungsplanung und Koordination für C/O Berlin Foundation) und B19 Planung & Projektleitung Holger Sack, Berlin (Sanierungsplanung für BIM Berliner Immobilienmanagement); Ingenieurbüro Rüdiger Jockwer, Berlin (Tragwerksplanung); Ingenieurgesellschaft Ridder und Meyn, Berlin (Technische Gebäudeplanung); Frank Jastram, Berlin (Brandschutz); Olaf Adam, Berlin (Lichtplanung); Neumann Gusenburger, Berlin (Planung Außenanlagen); Autzen & Reimers, Berlin (Beratung Denkmalpflege); Foamglas, Hilden (Wärmedämmung)
Bauherr: C/O Berlin Foundation im Amerika Haus, SILB c/o BIM Berliner Immobilienmanagement
Fertigstellung: 2014
Standort: Hardenbergstraße 22-24, 10623 Berlin
Bildnachweis: David von Becker, Berlin; Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons