Alte Nationalgalerie in Berlin
Ablesbare Lebensschichten
Gallerie
Die bauliche Ausformulierung der Alten Nationalgalerie in Berlin
geht auf die städtebauliche Idee/Wirkung eines „Tempels“ als
Mittelpunkt und Allerheiligstes auf der Museumsinsel zurück. Die
Nutzung des Gebäudes als Museum entwickelte sich erst mit der
Stiftung der Sammlung Wagener 1861.
Um die schlechten Lichtverhältnisse und die zu geringen Flächen für
die Bilder zu erhöhen wurden, in der Zeit von 1911 bis 1914, auf
der ersten Ausstellungsebene die Säulen der Skulpturenhalle mit
Wänden aus Holz und Gips mit Ornamentmalerei und Stoffbespannung
verkleidet, so dass kleinere Räume entstanden. Mit einer
abgehängten Lichtdecke und einer helleren, nüchteren Farbigkeit in
den Mittelsälen der zweiten Ausstellungsebene zog die Moderne
Sachlichkeit in die Räume des Museums zur Olympiade 1936. Die
teilweise gravierenden Schäden des Zweiten Weltkriegs wurden in den
1950er Jahren provisorisch und mit knappen Baumitteln
repariert.
Das Museum besteht inzwischen aus drei vollen
Ausstellungsgeschossen (auf der obersten Ausstellungsebene wurden
Mittelsäle neu eingefügt) und einem neuen Kellergeschoss für die
erforderliche Technikzentrale.
Sanierung/Modernisierung
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands sollten auch die
Sammlungsbestände wieder an einem Ort zusammengeführt werden. Der
immer bedenklicher werdende Zustand der Bausubstanz, das Fehlen
ausreichenden Brandschutzes und Klimatisierungen machte eine
Grundinstandsetzung des Museum notwendig. Die zahlreichen
Anpassungen der Räumlichkeiten der Alten Nationalgalerie an die
unterschiedlichen Bedürfnisse führten zu einem Gebäude, dass aus
mehreren Schichten besteht. So entwickelten die Architekten ein
Konzept des „respektvollen Nebeneinanders der Epochen“, das die
Sanierung der Bausubstanz und das Einfügen neuer Bauteile
bestimmte. Die vier wesentlichen Schichten zeigen sich nun in
unterschiedlichen Bereichen des Museums:
- Der Originalbau von 1876 ist in den Erschließungselementen vor
den Ausstellungsflächen sichtbar. Die vordere Querhalle
(Skulpturenhalle) der ersten Ausstellungsebene sowie der Kuppelsaal
ein Geschoss höher, sind weitestgehend im Originalzustand
wiederhergestellt, trotz der großen Beschädigungen des Kuppelsaals
während des Krieges.
- Die Umbauten von 1911-14, die hauptsächlich die Räume hinter
der Skulpturenhalle betreffen, wurden erhalten aber von Zugaben
späterer Zeit wieder befreit. Die künstliche Beleuchtung
verschwindet nun in einem Voutenansatz der Decken.
- Die Mittelsäle bewahren die Raumformen und das Konzept des
Oberlichtsaals der 1930er Jahre.
- Das Haupttreppenhaus hat die Gliederungselemente und die
wesentliche Teile des Wiederaufbaus der 1950er Jahre behalten, neue
hochwertige Wandoberflächen (Stuckmarmor statt graue
Dispersionsfarbe) geben dem Treppenhaus den ursprünglichen Glanz
zurück.
- Zusätzlich wurde das Museum durch den Einbau neuer Mittelsäle im 3. OG um eine weitere volle Ausstellungsebene vergrößert und aufgewertet.
Nach sorgfältiger Restaurierung und Neubespannung zahlreicher Wandflächen ist nun jeder Raum der Alten Nationalgalerie wieder einzigartig in seiner Farb- und Oberflächengestaltung. -ja
Bautafel
Architekten: Friedrich August Stüler, Berlin (Entwurf); Heinrich Strack, Berlin (Ausführung); Prof. HG Merz, Berlin/Stuttgart (Restaurierung)
Projektbeteiligte: PMS Project-Consult-Engineering GmbH, Berlin (Bauleitung); Büro Stumpf Architekten, Berlin (Ausführung); Ingenieurbüro Bauen IGB, Berlin (Tragwerksplanung); Ingenieurbüro H. Preiß, Berlin (Brandschutzplanung)
Bauherr: Stiftung Preußischer Kulturbesitz/Staatliche Museen zu Berlin und Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
Fertigstellung: 1876; Restaurierung: Dezember 2001
Standort: Museumsinsel, Berlin-Mitte
Bildnachweis: Johannes Stumpf